Köln. Die Reporter um Günter Wallraff enthüllen in einem neuen RTL-Bericht: Die Hygiene-Mängel in Burger-King-Filialen der Yi-Ko-Holding sind geblieben. Das Unternehmen war der größte Franchise-Nehmer in Deutschland – vor wenigen Tagen hat Burger King der Gruppe fristlos gekündigt.

Das System einer Franchise ist so einfach wie genial. Große Ketten verkaufen Lizenzen an Subunternehmer, machen ihnen strenge Vorgaben und minimieren so ihr Risiko. Die Gewinne dagegen macht meist die große Kette, unter deren Markennamen alles geschieht.

Dass ein solches System auch ausgehebelt werden kann, erlebt im Moment der deutsche Ableger der Fastfood-Kette Burger King. Ihr größter Franchise-Nehmer, die Yi-Ko-Holding, wurde im vergangenen Jahr zweimal von Reporter Günter Wallraff und seinem Team untersucht. Under Cover. Bei der ersten Ausstrahlung im Mai enthüllten die Reporter, wie wenig sich die Holding um Hygiene, Lebensmittel und die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter scherte. Burger King war entsetzt, versprach bessere eine bessere Durchsetzung der eigenen Standards beim Franchise-Nehmer.

Am Montagabend nun strahlte RTL das Ergebnis der zweiten Undercover-Recherche des Teams Wallraff aus. Dieses Mal wusste man bereits vorher, wie es ausgehen würde: nicht gut. Denn die aus den USA stammende Kette hatte der Yi-Ko-Holding bereits vor einigen Tagen gekündigt. Grund waren die Recherchen um Reporter Wallraff.

"Studentin Sabine" spitzelt in Bochum und Köln

Dieses Mal ausgeführt durch eine junge Frau, sie sich als „Studentin Sabine“ in mehreren von der Yi-Ko Holding geführte Restaurants, unter anderem in Bochum und Köln, einschmuggelte. Was die Reporter bereits vor einigen Wochen kritisiert hatten, konnte „Sabine“ nun wieder beobachten: Wenn Gurken und Tomaten länger als vier Stunden bei Zimmertemperatur herumlagen, wurden sie nicht weggeschmissen, sondern umetikettiert. Was gerade noch um 14 Uhr in den Mülleimer gemusst hätte, konnte so noch bis 17 Uhr verwendet werden. Auch abgelaufene Brötchen wurden weiter verwendet.

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Dass sich die Bakterien nach vier Stunden exponentiell ausbreiten, ist den Mitarbeiter der Holding, die sich aus den Nachnamen der Eigentümer Ergün Yildiz und Alexander Kolobov zusammensetzt, ebenfalls bekannt. Dass sie die Kunden damit einer Gefahr aussetzen, also auch. Dass sie es trotzdem machen, lässt für Wallraff, nur eine Lösung zu: Die Angestellten werden von der Unternehmensführung dazu gezwungen. Anonyme Interviews bestätigen das.

Geschasster Geschäftsführer offenbar noch am Werk

Besonders Ergün Yildiz, der nach den Berichten im Mai von seinem Posten als Geschäftsführer enthoben wurde, steht im Zentrum der Kritik. Sowohl die fehlenden Zahlungen für kranke Mitarbeiter als auch die aggressive Prozessführung, die die Yi-Ko-Holding ihren ehemaligen Angestellten gegenüber an den Tag legt, führen Wallraff auf die Fährte, auf der der Zuschauer schon einige Minuten vorher war: Ergün Yildiz zieht immer noch die Fäden im Unternehmen. O-Ton Wallraff: „Das ist die Handschrift vor Ergün Yildiz.“

Den Videobeweis treten die Reporter kurz darauf an einem unscheinbaren roten Klinkerhäuschen an. Yildiz hat noch immer einen Schlüssel zum Verwaltungssitz der Yi-Ko-Holding, die er offiziell nicht mehr leitet. Der Für ihn eingesetzte Geschäftsführer Dr. Dieter Stummel muss klingeln.

Stummel ist es auch, der sich – ebenso wie Burger-King-Deutschland-Chef Andreas Bork – den Fragen der Reporter stellt. Beide sind um Haltung bemüht, haben aber kaum etwas zu sagen, was die Methoden der Yi-Ko-Holding rechtfertigen könnte. Selbst Dieter Stummel sagt, mit Ergün Yildiz wolle er eigentlich nicht länger zusammenarbeiten. Bork nennt zwar den Namen Ergün Yildiz nicht, macht aber deutlich, dass es auf der Gegenseite einen starken Gegenspieler gegeben habe, der die Verhandlungen, die er nach den neuerlichen Ergebnissen der Wallraff-Reporter führte, auflaufen ließ. 89 Filialen und mehr als 3000 Arbeitsplätze: Das ist für Burger King eine derart gewaltige Zahl, dass sie wohl bereit waren, ihre eigenen Vorgaben zu wiederholen, sich immer wieder täuschen zu lassen.

Azubi führt Filiale oft allein – in Doppelschichten

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Doch wenn nun die Auszubildende Semra Günter Wallraff unter Tränen erzählt, dass sie die Filiale oft allein führen muss, manchmal erst um kurz vor Mitternacht von der Arbeit wiederkommt, obwohl wenige Stunden später schon ihre Frühschicht beginnt, dass sie Freundinnen verloren hat, nachts verzweifelt wachliegt – dann wird jedem Zuschauer klar, dass es sich hier um ein System handelt, dass Angestellte bewusst auspresst. Eine andere Version der Vorgänge zeigt Wallraff nicht, Dieter Stummel reagiert im Prinzip nicht auf die Vorwürfe. Andreas Bork verspricht, alles zu tun, was in seiner Macht steht. Und Wallraffs gesammeltes Material ist erdrückend: Bezahlte Überstunden bekommt Semra genauso wenig wie andere Kollegen Zuschläge für Wochenend- und Nachtarbeit.

Zynischer wird es nur in der nachfolgenden Sendung „RTL Extra“, wo Ergün Yildiz beim Kampf um seine Franchise-Filialen gezeigt wird. Vor ein paar Protest-Plakaten steht Yildiz und erklärt, er kämpfe für die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter. „Ich fühle mich für sie verantwortlich. Alles andere ist jetzt egal“ sagt er ins RTL-Mikrofon, um dann einen emotionalen Moment vorzutäuschen: Das erstickte „Entschuldigung, aber…“ mit dem sich Yildiz abwendet, ist so weit von einem Schluchzer entfernt wie die Tomaten am Abend eines langen Tages von der Genießbarkeit. Nur eine Einstellung später sagt ein junger Mann mit verstellter Stimme aus, Yildiz habe ihn zur Teilnahme an der Demonstration für Yi-Ko gezwungen.

Auf Twitter erntet das Reporter-Team genau das, was es mit dem Beitrag auslösen wollte, uneingeschränkte Zustimmung und Wut auf den gewissenlosen Unternehmer Yildiz. @Lahmgirl etwa meint, Burger King habe aus dem Wallraff-Bericht vom April nichts gelernt. Und @MissMCSimpleD89 meint: "Gebt Yildiz das Essen seiner Filialen!" Dagegen gibt @ahoernchen_1 zu bedenken, dass nicht nur der Franchise-Nehmer, sondern auch die große Kette und ihre Kunden etwas zu der Situation beigetragen haben. Wer billige Burger wolle, müsse auch mit billigen Zutaten zufrieden sein.