Köln. „Team Wallraff - undercover“ hat in mehreren Filialen der Fastfoodkette Burger King recherchiert und wirft Franchisenehmer Ergün Yildiz vor, immer wieder Gammel-Ware zu verhökern und Sozial-Dumping zu betreiben. Allerdings bleibt Wallraffs gut gemeinter Beitrag schwer verdaulich.
Günter Wallraff hat am Montagabend bei RTL wieder seine Empörungsmaschine angeworfen. Der Altmeister des investigativen Journalismus und seine Truppe haben sich wieder einmal prominente Gegner mit populären Produkten vorgenommen. Der erste von insgesamt dreien: Das „Team Wallraff – undercover“ wirft Ergün Yildiz, Deutschlands größtem Franchisenehmer beim Buletten-Bräter Burger-King, vor, immer wieder Gammel-Ware zu verhökern und Sozial-Dumping zu betreiben.
Wallraff kündigte sein Vorhaben im Vorfeld nur allgemein an. Diesmal, so ließ der 71-Jährige verlauten, nehme er sich die Lebensmittelbranche vor. Der Sozial-Aufklärer wollte damit offenkundig der Gegenseite keine Handhabe bieten, die Ausstrahlung seiner Beiträge durch juristische Eingriffe zu verhindern. Dieses Verfahren ist auch bei den Öffentlich-Rechtlichen üblich, die mit ihren investigativen Formaten durchaus vergleichbare Themen in ähnlicher Machart bearbeiten.
Schwerwiegende Probleme in der Lebensmittelbranche
Andererseits ist das Thema von Wallraffs Aufaktbeitrag nicht ganz neu. Bereits vor sechs Jahren zog er gegen die kritikwürdige Hygiene-Zustände in einer Großbäckerei zu Felde, die mit einem Discount-Riesen nur einen einzigen Kunden belieferte. Gleichwohl belegte Wallraff zum Auftakt seines jüngsten Dreiteilers stichprobenartig, dass weiterhin schwerwiegende Probleme in der Lebensmittelbranche bestehen. Konkreter: dass unternehmerische Raffgier nach wie vor die Kundschaft sehenden Auges gesundheitlichen Gefahren aussetzt und die Belegschaft – vorsichtig ausgedrückt – schlecht bezahlt.
Wallraff-Spezi Alexander Römer erhielt statt eines Vollzeitvertrages einen 30-Stunden-Job, zu dem regelmäßig zehn Überstunden kamen. Der Trick dabei: Beim Urlaub gilt die 30-Stunden-Woche als Berechnungsgrundlage. Mehr noch: Franchisenehmer Yildiz steht im Verdacht, Druck auf kranke oder gewerkschaftlich engagierte Mitarbeiter auszuüben.
Römer stand nach eigenen Angaben bei seinen Einsätzen unter schier unerfüllbar knappen Zeitvorgaben. Sie führten dazu, dass er, als Neuling, zu Lagerarbeiten im Kühlhaus und zum Müllverdichten eingesetzt. In Küchenkleidung watete er in Müllcontainern herum, die Abfälle durch sein Körpergewicht zusammenzupressen. Später gelang ihm der Nachweis, dass eine Spülmaschine für verschmutzte Behältnisse fehlte. Mehr noch: Die Keimbelastung an einer Kühlhaustür in der Burger-King-Filiale Ratingen erreichte die Werte einer Toilette.
Da geriet es beinahe zur Nebensache, dass keimanfällige Frischware deutlich länger als erlaubt für frisch deklariert wurde.
Wallraff selbst hält sich inzwischen in seinen Filmen eher im Hintergrund. Er überlässt seinem Kollegen Römer das Feld. Die Befunde ließ Wallraff durch drei Experten bewerten, einen Lebensmittelprüfer, einen Gastro-Experten und nicht zuletzt durch einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt. Die drei sollten den Befunden erkennbar mehr Autorität verleihen, allerdings eher durch ihre Person als durch die Kraft ihrer Argumente.
Wallraffs Beitrag ist schwer verdaulich
Dass Wallraffs gut gemeinter Beitrag dennoch schwer verdaulich ist, lag zum Teil auch an der Art seiner Inszenierung. Dem mit versteckter Kamera arbeitenden Kollegen zu folgen, war für den Zuschauer harte Arbeit. Die Bilder waren wacklig, die Schnitte schnell, dazu kamen nervöse Musik und eine Menge Fakten.
Ach ja, die Betroffenen selbst. Zum Schluss, pflichtgemäß, erklärt Wallraff, er habe auch Franchisegeber und Franchisenehmer um Stellungnahmen gebeten – ohne Erfolg. In Ratingen sei die Lebensmittelaufsicht eingeschaltet worden, die aber nichts Auffälliges gefunden haben will.
Ohne Wirkung wird Wallraffs Verbraucherpranger aber sicher nicht bleiben. Der Sendeplatz 21.15 Uhr gehört noch zur zuschauerträchtigen Prime-Time I, und Ekel-Produkte haben bisher noch immer Wut-Reflexe beim Publikum ausgelöst. Ob Wallraffs Beiträge auf mittlere Sicht wirken, darf allerdings bezweifelt werden. In diesem Punkt stehen die Öffentlich-Rechtlichen übrigens kaum besser da.
Und dennoch bleibt die Frage nach der Moral von der Wallraffs Geschichte. Die unausgesprochene Lehre ist wohl diese: Selber braten ist die erste Burger-Pflicht.