Bochum. Islamisches Gräberfeld auf dem Hauptfriedhof besteht 15 Jahre, doch die Nachfrage ist begrenzt. Aweimer: „Ältere Muslime haben eine Versicherung für die Bestattung in der Heimat.“ Einige Familein wählen auch eine Beerdigung in der Nachbarstadt Essen, weil das Begräbnis dort günstiger ist.

Das Kindergrab ist frisch mit Erde angehäufelt. Ein einfaches Holzschild zeigt an, der Tod ist wenige Tage her, die Geburt nur wenige Tage mehr. Keine Kränze, keine Kerzen. Vom Grundsatz her ist das muslimische Grab ein schlichtes. Doch Traditionen unterschiedlicher Länder und Religionen vermischen sich hier – ein Allerheiligen-Gesteck erinnert auch hier auf manchem Grab an die Ewigkeit. Unermesslich muss der Schmerz der Mutter und des Vaters am Tag der Beerdigung gewesen sein. Doch zumindest konnten sie an einem Ort trauern, der ihrer Religion entspricht. Seit 15 Jahren gibt es auf dem Hauptfriedhof Bochum ein islamisches Gräberfeld.

Das Gräberfeld Nr. 90 liegt ganz am Rande am hinteren Ende des großen Geländes. „Wir haben das bewusst so gewählt, damit die Toten nicht gestört werden. Wir Muslime glauben an die Folter im Grab, das Grab kann ein Teil der Hölle oder des Paradieses sein. Das zweite ist, dass die Erde jungfräulich sein sollte“, erläutert Ahmed Aweimer, Sprecher des Islamischen Kulturvereins Bochum. Er selbst war beteiligt, als 1999 der damalige Ausländerbeirat die Grabstätte für Muslime anregte und sie nach Vorgaben des Zentralrats der Muslime in Deutschland anlegen ließ.

Sarg wegen der feuchten Erde

Ein wichtiges Kriterium ist die Blickrichtung der Verstorbenen in Richtung Mekka. Das bedeutet, die Grabstätten verlaufen diagonal zu Mekka, der Leichnam wird leicht seitlich aufgebahrt, sein Blick in Richtung Mekka ausgerichtet. Auf dem Hauptfriedhof ist es auch möglich, die Verstorbenen statt in einem Sarg in weißen Leinentüchern zu begraben, wie es der Islam vorsieht. Allerdings nutzten dies nur wenige, so Aweimer. „Die Erde ist hier oft zu feucht und schwer. Aus Respekt vor dem Leichnam nehmen die meisten doch einen Sarg. Es gibt auch die Möglichkeit, eine Art Höhle in die Erde zu graben, in die der Leichnam geschoben wird“, erläutert er.

Eheleute sollten religiöse Beerdigung besprechen

Die Ehe zwischen muslimischen und christlichen Menschen gehört in Deutschland mittlerweile zum Alltag.

Um Konflikte nach dem Tod eines Ehepartners zu vermeiden, rät Ahmed Aweimer, rechtzeitig über die Beerdigungen zu sprechen und zu klären, ob der Ehepartner eine muslimische oder christliche Bestattung wünscht.

Bisher sind es nur wenige türkischstämmige Muslime, die sich auf dem Hauptfriedhof begraben lassen haben. Bundesweit werden, so heißt es, noch immer rund 90 Prozent der Muslime nach dem Tod in ihr Heimatland überführt. In den 118 belegten Grabstätten auf dem Hauptfriedhof ruhen Muslime aus vielen Ländern: Ägypter, Iraner, Libanesen Afghanen und Menschen aus Südosteuropa. „Die meisten älteren Türken und auch Marokkaner haben schon bei Arbeitsantritt in Deutschland Versicherungen in ihrem Heimatland abgeschlossen für die Rückführung und Beerdigung.“ Doch die Nachfrage nach muslimischen Bestattungen wird mehr werden, da ist sich Aweimer sicher.

In Bochum sind derzeit noch 64 muslimische Grabstellen frei, bei Bedarf könne auch erweitert werden, so die Mitteilung der Stadt. „In Wuppertal soll es einen ersten islamischen Friedhof in eigener Trägerschaft geben“, berichtet Aweimer. Ein entsprechendes NRW-Landesbestattungsgesetz, das dieses ermöglicht, wurde bereits im Juli 2014 verabschiedet. So weit ist Bochum noch lange nicht, zumal es, laut Aweimer, nicht selten vorkomme, dass Muslime ihre Angehörigen statt in Bochum lieber in Essen bestatten – einfach, weil es in der Nachbarstadt günstiger sei.