Bochum. Der VfL Bochum trennt sich von Trainer Zeidler und Sportdirektor Lettau. In beiden Fällen sprach das Team mit. Hintergründe für das Doppel-Aus.

Nach einer stundenlangen Marathon-Sitzung und kontroversen Diskussionen waren sich alle sieben Mitglieder des Präsidiums einig, was längst nicht immer der Fall ist beim VfL Bochum. Die Vereinsverantwortlichen entschieden sich am Sonntagabend nach dem Horror-Start in diese Spielzeit einstimmig für die erwartbare Trennung von Trainer Peter Zeidler - und einstimmig für die zu diesem Zeitpunkt überraschende Trennung von Sportdirektor Marc Lettau. Die Hintergründe.

Nach Informationen dieser Redaktion war trotz der prekären sportlichen Bilanz vor dem Sitzungsbeginn tatsächlich noch offen, ob Zeidler weitermachen darf oder nicht. Was selbstverständlich klingt vor einer großen Frage- und Analyserunde, ist es im Alltag nicht, schon gar nicht im von Emotionen und äußeren Stimmungen stark beeinflussten Profifußball.

VfL Bochum: Die Folgen des Bebens - wie es nun weitergeht

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    Bei der Trennung von Trainer Thomas Letsch im April, am Tag nach dem 1:2 gegen Köln, war vor der finalen Sitzung bereits weitgehend klar, dass eine Freistellung das Ergebnis sein würde.

    Letsch und Zeidler kosten den VfL Bochum pro Saison rund 1 Millionen Euro

    Diesmal rangen das Präsidium und Geschäftsführer Ilja Kaenzig mit sich. Kaenzig, der starke hauptamtliche Mann beim VfL, wurde ebenso vom Präsidium gehört wie Trainer Zeidler und Lettau. Wie man hört, waren zumindest einige Mitglieder des Präsidiums nicht abgeneigt, an Zeidler festzuhalten. Nicht nur, aber natürlich auch aus Kostengründen.

    Zeidlers Vertrag läuft ebenso wie der von Letsch noch bis zum Juni 2026. Beide kassieren pro Jahr jeweils rund eine Millionen Euro. Für beide zahlte der Klub übrigens, anders als bei den meisten Spielern, eine (überschaubare) Ablösesumme an ihre Klubs Vitesse Arnheim und FC St. Gallen.

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    Meinung gefragt: Kapitän Anthony Losilla und weitere Führungsspieler des VfL Bochum sprachen für die Mannschaft beim Präsidium vor. © Thomas Voelker/Jan Huebner | Thomas Voelker

    Mannschaft des VfL Bochum spricht sich gegen Zeidler aus

    Eine Schlüsselrolle bei der Entscheidungsfindung gegen Zeidler und zum Teil auch gegen Lettau kam der Mannschaft zu. Das vollständig vertretene Präsidium holte sich am Sonntag noch einmal kompakt die Meinung von Führungsspielern um Kapitän Anthony Losilla im Sitzungsbüro des VfL-Stadioncenters ein.

    Dass die Ansichten der Profis eine Rolle spielen, ist kein ungewöhnlicher Vorgang, in keinem Klub. Auch in den vergangenen Wochen gab es immer wieder mal Gespräche zwischen Präsidiums-Mitgliedern und Spielern.

    VfL Bochums Peter Zeidler hatte die Kabine verloren

    Das Ergebnis der Aussprache mit den Mannschaftsvertretern am Sonntag aber war nach Informationen dieser Redaktion eindeutig: Zeidler hatte das Vertrauen der Mannschaft, hatte die Kabine weitgehend verloren.

    Etliche Spieler werfen ihm unter anderem seine Trainingsmethodik, zu wenig Intensität schon in der Vorbereitung auf diese Saison, eine letztlich nicht ausreichende taktische Vorbereitung auf den jeweiligen Gegner sowohl inidividuell als auch für das gesamte Team sowie fehlgeschlagene taktische Maßnahmen vor, insbesondere das lange Festhalten an der Raute.

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    Hinzu kamen kleinere, aber nicht entscheidende Nebenschauplätze wie das Bier-Verbot in der Kabine nach Spielen, das manchen nicht schmeckte.

    Zeidlers Kompromisse in den vergangenen Wochen wie das Umstellen auf ein 4-3-3-System in Hoffenheim reichten offenbar nicht, um die Spieler (zurück-) zu gewinnen. Im Gegenteil.

    Erste Halbzeit in Hoffenheim: Mannschaft folgt Trainer nicht

    In der ersten Halbzeit beim 1:3 in Hoffenheim glich das Spiel der VfL-Elf einer Art Arbeitsverweigerung. Es war jedenfalls deutlich zu sehen, dass die Mannschaft dem Trainer nicht mehr folgte. Weder taktisch noch läuferisch noch in den Zweikämpfen. Die erste Halbzeit in Hoffenheim war ein klares Misstrauensvotum der Mannschaft an den Trainer, an den Klub.

    Interessant: Auch vor der Trennung von Thomas Letsch im April fand die Mannschaft im April Gehör beim Präsidium - und hatte sich ebenfalls mehrheitlich gegen den damaligen Trainer positioniert.

    Sportdirektor Lettau geht früh auf Distanz zu Trainer Zeidler

    Auch Marc Lettau hatte nach unseren Informationen bei Teilen des Teams Vertrauen verspielt. Der 39-Jährige, seit Anfang 2023 beim VfL dabei, war seit Wochen einer der größten Kritiker von Peter Zeidler. Er zweifelte seine Taktik, sein Training, seine Maßnahmen während einer Partie, teils seine Wechsel und Teamführung an.

    Dabei hatte Lettau zusammen mit dem damaligen Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian Zeidler selbst vorgeschlagen als neuen Trainer für diese Saison, er war einer seiner Kandidaten, der dann - auch das gehört zur Wahrheit - auch von Kaenzig und dem Präsidium geschlossen für gut befunden wurde.

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    Auch Lettau verspielt bei einigen Spielern Vertrauen

    Marc Lettau war stets sehr nah dran am Team. Beim Training, bei Ansprachen, bei Spielen. Er führte viele Gespräche. Das gehört zu seinem Job. Und den Trainer kritisch zu bewerten in internen (Führungs-)Kreisen zählt auch zum Job-Profil eines Sportdirektors - einerseits.

    Bei einigen Profis kam es nach unseren Informationen aber nicht gut an, dass Lettau zuletzt häufiger recht offen auf Konfrontationskurs ging zu Zeidler, dass er überspitzt gesagt gegen ihn arbeitete wie eine Art Schattentrainer. So fehlte es an Geschlossenheit, und damit verlor auch Lettau Vertrauen bei manchen Spielern.

    Lettau hat seit langem schweren Stand beim Präsidium

    So entscheidend wie beim Votum gegen Zeidler waren diese Erkenntnisse aber wohl nicht. Zur Wahrheit gehört: Beim Präsidium stand Lettau auch wegen seiner eher blassen Außendarstellung und seiner in Summe, sprich im Ergebnis bisher missglückten Transferpolitik, ohnehin unter ständiger kritischer Beobachtung. Lettau war und ist für die Kader der Vorsaison und für diese Saison verantwortlich. In der vergangenen Spielzeit rettete der VfL die Klasse im Elfmeterschießen im Relegations-Rückspiel.

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    Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian nahm danach Abschied. Marc Lettau, von dem sich der VfL im Abstiegsfall ebenfalls getrennt hätte, durfte bleiben. Er sollte den Umbruch des Kaders federführend meistern - keine leichte Aufgabe angesichts des Verlustes zahlreicher Leistungsträger und eines geringen Budgets. Die bisherige Horror-Bilanz lautet: In dieser Spielzeit gab es sechs Liga-Niederlagen und ein Remis sowie das 0:1 im Pokal beim Zweitiga-Schlusslicht Regensburg.

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    Bisher äußerst enttäuschend: der erhoffte „Königstransfer“ Dani de Wit (l.) im Spiel gegen die TSG Hoffenheim mit Alexander Prass. © Thomas Voelker/Jan Huebner | Thomas Voelker

    Dani de Wit bisher eine große Enttäuschung

    Von den Transfers, die Lettau unter finanziell schwierigen Bedingungen tätigen musste, schlug bisher noch am ehesten der eher günstige Torwart Patrick Drewes ein. Von den teuren Zugängen enttäuchte vor allem Dani de Wit. Wobei die Saison noch jung ist, ein Myron Boadu, ein Ibrahima Sissoko, auch ein de Wit noch Gewinner werden können und womöglich unter einem anderen Trainer besser zur Entfaltung kommen.

    VfL Bochum: Neuanfang auch in der Kabine

    Ohne Zeidler, ohne Lettau jedenfalls gibt es nun also jenseits der Spieler einen Neuanfang auch in der Kabine. Zunächst sollen die bisherigen Co-Trainer Markus Feldhoff und Murat Ural übernehmen - mindestens bis zum Bayern-Spiel, vielleicht auch noch einige Spiele länger. Der neue Sportdirektor soll vor einem neuen Cheftrainer präsentiert werden und den Coach dann mit auswählen.

    Klar ist: Nicht nur der Verein, das Präsidium und das Führungs-Team um Geschäftsführer Ilja Kaenzig, sondern auch die Mannschaft sind nach dem Doppel-Aus der sportlich Verantwortlichen Zeidler und Lettau nun mehr denn je in der Pflicht.

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