Barcelona. Den deutschen Beckenschwimmern droht bei der WM in Barcelona ein Debakel. Nach der schlechtesten Olympia-Bilanz könnte nun der schwächste WM-Auftritt einer deutschen Mannschaft folgen. Cheftrainer Henning Lambertz fordert von seinem Team mehr Siegeswillen - und setzt auf Freiwasser-Schwimmer Thomas Lurz als Motivationscoach.
Als Lutz Buschkow in den Katakomben des Palau Sant Jordi seinen siebenminütigen Erklärungsversuch des deutschen Debakels bei der WM in Barcelona beendet hatte, ging plötzlich ungewollt der Scheinwerfer eines Fernsehsenders an. Doch so sehr sich der Leistungssportdirektor des Deutschen Schwimm-Verbandes auch mühte, Licht in die Ursachen des deutschen Tiefgangs brachte er nicht. „Die Ergebnisse der ersten drei Tage, die auf dem Tablett liegen, machen uns keine große Freude“, sagte Buschkow.
Auch wenn noch fünf Wettkampftage ausstehen, wird in Barcelona wohl ein weiteres, unrühmliches Kapitel deutscher Schwimm-Geschichte geschrieben werden. So wie schon bei den Olympischen Spielen 2012 in London, als das deutsche Team erstmals seit Los Angeles 1932 ohne eine Medaille nach Hause gefahren ist. Es droht nach der schlechtesten Olympia-Bilanz der schwächste WM-Auftritt einer deutschen Mannschaft. 2007 gab es bei der WM drei Silber- und eine Bronzemedaille.
Nur zwei Schwimmer schneller als bei Deutschen Meisterschaft
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Die Zielvereinbarung mit dem Deutschen Olympischen Sportbund von drei bis vier Medaillen und zehn Endlauf-Teilnahmen ist schon jetzt nur theoretisch noch erreichbar. Realistisch gesehen ist nur der Weltjahresbeste Steffen Deibler über 100 Meter Schmetterling ein Medaillenkandidat. Deibler erzielte im Halbfinale über 50 Meter Schmetterling einen Deutschen Rekord und wurde im Finale Sechster. Es ist die bisher einzige Endlaufteilnahme eines deutschen Schwimmers in Barcelona.
Wie steil der Niedergang der einst großen Schwimm-Nation ist, zeigt die Tatsache, dass am Dienstag die Abendveranstaltung ohne einen einzigen deutschen Teilnehmer stattfand. Außer Deibler erreichte mit dem Essener Hendrik Feldwehr nur ein weiterer der bisher mehr als einem Dutzend deutschen WM-Startern die Vorgabe, in Barcelona schneller als bei der Deutschen Meisterschaft vor 13 Wochen zu schwimmen.
Neu-Trainer Lambertz hat das Problem noch nicht gefunden
Vor seiner WM-Premiere als Cheftrainer hatte Henning Lambertz schon gewarnt, dass man keinen Sack voller Medaillen gewinnen werde. Für ihn sei es wichtiger, dass die Steigerungsrate von der DM zur WM bei 70 Prozent und nicht wie in London bei nur 20 Prozent liege, gab Lambertz als Ziel aus. Selbst von dieser Minus-Quote können die deutschen Schwimmer bisher nur träumen. „Natürlich ist das enttäuschend“, sagte DSV-Präsidentin Christa Thiel, „die Beckenschwimmer haben Probleme, aber die kann Henning Lambertz nicht von heute auf morgen lösen.“
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Der langjährige Essener Stützpunkttrainer Lambertz, der erst im Januar sein Amt als Chefcoach antrat, sucht nach den Ursachen, hat aber bisher keine Lösung gefunden. „Irgendwo ist da was, das wir nicht finden“, sagt Lambertz, „aber wir glauben nicht, dass es an der Trainingsmethodik liegt. Es machen nicht auf einmal 25 beteiligte Trainer alles verkehrt.“
Lambertz: Dabeisein darf nicht alles sein
Aber wenn es nicht am Training liegt, ist dann das Manko im psychischen Bereich zu suchen? Lambertz kritisiert die Einstellung einiger Sportler: „Manchmal habe ich bei einigen das Gefühl, dass ihnen das absolute Ziel fehlt. Die sagen dann: ja ich bin dabei, das ist gut.“
Vor dem Start der Becken-Wettbewerbe hat Lambertz den erfolgreichsten Freiwasser-Schwimmer der Sport-Geschichte, Thomas Lurz, gebeten, das Team mit einer Ansprache zu motivieren. „Er hat gesagt, ich gehe da rein und habe das Gefühl, entweder ich gewinne oder ich sterbe. Bevor ich nicht gewinne, muss man mich fast umbringen", verriet Lambertz, „das ist die Einstellung, die wir brauchen. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Newcomer in diesem Becken das wieder lernen, dass sie sich nicht ergeben, sondern fighten, fighten, fighten. Bis zum letzten Moment." Noch sind fünf Tage Zeit.
Auf die Plätze, fertig, platsch!
