Essen. Die Reaktionen der Fans nach der bitteren Heimniederlage waren erstaunlich. Trainer Dabrowski nimmt sie in Schutz und zeigt die Defizite im Team auf.

Enttäuschung, Wut - aber auch Trotz: Die RWE-Fans boten nach dem restlos enttäuschenden 0:3 daheim gegen ein nicht gerade übermächtiges 1860 München wieder einmal die ganze Bandbreite an Emotionen. Nach dem Abpfiff, der dieses Mal an der Hafenstraße wie eine Erlösung kam, wurde die Mannschaft gnadenlos ausgepfiffen, das „Wir wollen euch kämpfen sehen“ während der Partie schlug hinterm Zaun um in ein „Wir haben die Schnauze voll“. Das Team mit Trainer Dabrowski ging dennoch unbeirrt zum Zaun - und siehe da: Die Stimmung schlug um in ein „Auswärtssieg, Auswärtssieg“, im Hinblick auf das Kellerduell nächsten Sonntag beim VfL Osnabrück.

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Ein konsternierter RWE-Trainer versuchte hinterher in Worte zu fassen, was nur schwer zu erklären war. Christoph Dabrowski hatte alles versucht, hatte den von den Fans vehement geforderten Thomas Eisfeld von Beginn an gebracht - aber auch der Routinier konnte der völlig verunsicherten Elf kein Selbstvertrauen einhauchen. „Ich muss das jetzt auch erst mal sacken lassen, so kurz nach dem Spiel. Meine Mannschaft hat schon ein wenig den Druck der Situation gespürt, ich wollte den Jungs im Vorfeld etwas davon nehmen. Man sieht aber auch, dass diese Leichtigkeit nicht da ist, in der Fehlerquote, Präzision und Sauberkeit in den Offensivaktionen.“

Rot-Weiss Essen: Einige Spieler haben den Ernst der Lage nicht erkannt

Und etwas kam noch hinzu, was die Fans, wie immer reichlich erschienen, Mitte der zweiten Halbzeit auf die Palme brachte: Spieler, die den Ernst der Lage nicht erkannt haben, oder denen es offensichtlich egal ist, wohin die Reise des Vereins geht. Als Joseph Boyamba in aller Gemütlichkeit mit dem Ball am Fuß spazieren ging, statt in Überzahl beim Stande von 0:2 einen notwendigen Konter zu fahren, jaulte das Fußballvolk auf. So viel Lustlosigkeit hat die Hafenstraße schon lange nicht mehr erlebt. Der RWE-Coach vermied natürlich die Einzelkritik, deutete aber in allgemeinen Sätzen die Defizite an: „Aus der Situation kann man sich nur befreien mit den Attributen, die die Fans hier einfordern, unabhängig von Sieg oder Niederlage: Eine Energie auszustrahlen, damit ein Funke überspringt, und dann die Mittel auf dem Platz umzusetzen, um auch mal Tore zu schießen.“

„Eins muss ich sagen: An den Fans wird es nicht scheitern, den Funke überspringen zu lassen“

RWE-Trainer Christoph Dabrowski über die Anfeuerung von außen.

Natürlich war der Spielverlauf denkbar ungünstig: Kurz vor der Halbzeit das zu rüde Einsteigen von Rios Alonso, was letztlich zum Rückstand durch Elfmeter führte. Und als man sich zur Pause noch einmal einiges vorgenommen hatte, kam kurz nach dem Wechsel der zweite Nackenschlag mit dem 0:2 aus 22 Metern, der auch nicht ganz unhaltbar schien, vielleicht war Torhüter Jakob Golz aber auch die Sicht versperrt. Die Rote Karte für Tobias Kraulich nach einer Stunde, der bis dahin den Laden hinten meist zusammen gehalten hatte, war dann das i-Tüpfelchen auf diesen Nachmittag.

firo :  08.12.2024
Fussball, Fußball, Saison 2024/2025, 24/25
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RWE RW Essen Rot Weiß - TSV 1860 München
RWE-Coach Christoph Dabrowski ging nach Abpfiff ganz nah an den Fanzaun. © Jan Fromme/firo Sportphoto | Jan Fromme

Rot-Weiss Essen: „An den Fans wird es nicht scheitern“

Was macht da in dieser Situation noch Hoffnung? Vielleicht die unerschütterliche Unterstützung der Fans, die Dabrowski am Zaun zu spüren bekam: „Erst war da die Enttäuschung, aber dann auch wieder Zuspruch. Also eins muss ich sagen: An den Fans wird es nicht scheitern, den Funken überspringen zu lassen. Aber irgendwann sind wir halt dran. Und da nehme ich mich mit ins Boot, mit ,wir‘ meine ich Trainerteam und Mannschaft.“

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Torben Müsel meinte hinterher, jetzt wären die Älteren im Team gefordert, die Jüngeren beiseite zu nehmen, die Abstiegskampf in ihrer kurzen Karriere noch gar nicht kennen gelernt haben. Auch der Trainer sieht sich da in entscheidender Rolle. „Abstiegskampf bedeutet auch, nicht immer nur draufhauen, sondern sensibilisieren für die entscheidenden Faktoren, die notwendig sind: Das ist Bereitschaft, Leidenschaft, Laufbereitschaft, Emotionalität - aber auch einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht wilde Sau zu spielen.“

RWE-Trainer Dabrowski sieht sich als Anker für die Spieler

Da sieht sich Dabrowski durchaus als Anker für seine Spieler, denn er weiß: „Wenn auch ich anfange, wilde Sau zu spielen, dann ist Hopfen und Malz verloren. Aber wir tragen auch eine Verantwortung. Es geht um RWE - es geht nicht um einzelne Spieler, es geht auch nicht um den Trainer, der Verein ist immer größer als jeder einzelne.“ Ob die Mannschaft nun einen anderen Christoph Dabrowski im Training erleben werde, dass ließ dieser offen: „Ich gehe eigentlich gern erst mal in meine Gedanken rein und rede dann mit meiner Mannschaft kritisch über das, was passiert ist. Das mache ich jetzt nicht bei einer PK, über einzelne Spieler den Stab zu brechen.“

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