Essen/Cottbus. Rot-Weiss Essen trifft am Samstag in der 3. Liga auf Energie Cottbus. Der Aufsteiger kommt als Tabellenführer, dafür gibt es gute Gründe.
Es ist schon eine besondere Beziehung, die Energie Cottbus und Claus-Dieter „Pele“ Wollitz pflegen. Seit der Saison 2021/22 ist der 59-jährige Wollitz zum dritten Mal Cheftrainer bei den Lausitzern. Von 2009 bis 2011 und von 2016 bis 2019 hatte der frühere Bundesligaprofi das Traineramt beim Brandenburger Traditionsverein bereits bekleidet, so erfolgreich wie bei seinem dritten Anlauf in Cottbus war Wollitz noch nicht. Im Sommer gelang Energie unter seiner Führung nach fünf Jahren die Rückkehr in die 3. Liga, aktuell darf sogar vom Durchmarsch in die 2. Bundesliga geträumt werden, der die Cottbuser zuletzt vor zehn Jahren angehörten. Denn vor dem Auswärtsspiel am Samstag (14 Uhr, MagentaSport, WDR) bei Rot-Weiss Essen führt Energie Cottbus mit Kult-Trainer Wollitz die Drittliga-Tabelle an.
Nach einem schwachen Start mit drei Niederlagen aus den ersten vier Spielen hat Wollitz Energie zum Team der Stunde in der 3. Liga geformt. 20 von 24 möglichen Punkten holte seine Mannschaft seitdem und steht nach dem furiosen 5:1-Sieg in der Vorwoche gegen 1860 München an der Spitze. Unterstützt von rund 1000 Fans kommen die Cottbuser am Samstag als Favorit nach Essen. „Wir sollten die Tabellensituation am 12. Spieltag komplett ausblenden und uns auf das Wesentliche konzentrieren“, betont Wollitz vor der Partie bei den schwächelnden Essenern. Sein Selbstvertrauen ist nach dieser imposanten Serie aber spürbar. „Wir haben viele gute Auswärtsspiele wie in Aue, Osnabrück, Verl oder Hannover absolviert - warum sollten wir also nicht in Essen gewinnen?“
Energie Cottbus: Wollitz hat Respekt vor der Hafenstraße
Der Durchmarsch in die 2. Bundesliga wäre in der 3. Liga kein ungewöhnliches Kunststück mehr. Die SV Elversberg, Preußen Münster und SSV Ulm machten es zuletzt vor. An der Hafenstraße hingegen verbieten sich nach dem Absturz auf einen Abstiegsplatz Gedanken an die 2. Bundesliga. „Pele“ Wollitz hat dennoch Respekt vor dieser Aufgabe. „Die Hafenstraße ist etwas ganz Besonderes. Es ist mit das leidenschaftlichste und emotionalste Publikum in der Liga. Es ist immer etwas sehr Spezielles, dort zu spielen“, warnt er vor dem nächsten Gegner.
Energie Cottbus hat nach dem Aufstieg im Sommer vieles richtig gemacht. Torgarant Tim Heike (21 Treffer im Aufstiegsjahr) zog es zum FC Ingolstadt. Der Ex-Essener Jonas Hildebrandt beendete mit nur 27 Jahren seine Karriere und unterstützt Wollitz nun als Co-Trainer. Kompensiert wurden die Abgänge durch kluge Transfers. Tolcay Ciderci (29) kam vom Regionalligisten VSG Altglienicke und schlug voll ein. Sieben Tore hat der offensive Mittelfeldspieler bereits auf dem Konto, nur sein Teamkollege Timmy Thiele (9 Tore) hat in der 3. Liga häufiger getroffen. Auch Henry Rorig (VfL Osnabrück) und Lucas Copado (LASK) erwiesen sich als gelungene Verpflichtungen.
Energie Cottbus setzt voll auf seine Jugendarbeit
Das größte Pfund der Lausitzer ist seit Jahren die Jugendarbeit. Die aktuellen deutschen Nationalspieler Maximilian Beier (BVB), Kevin Schade (Brentford) und Tim Kleindienst (Gladbach) gehörten der Cottbuser Nachwuchsabteilung an. Top-Talent Colin Kroll-Thiel (17) wurde vor der Saison an den VfB Stuttgart verkauft, ähnliche Pläne hat der Klub langfristig auch mit Elias Bethke. Das 21-jährige Eigengewächs zählt zu den besten Torhütern der 3. Liga und steht bis 2027 unter Vertrag. Beste Voraussetzungen also, um ordentlich Kasse zu machen.
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Bethke sieht Wollitz deshalb nicht mehr lange in seinem Team. „Er wird in seiner Karriere auf jeden Fall höher als in der 3. Liga spielen. Das sind Fakten. Hinter den Kulissen gibt es auch Interessenten. Aber sie werden Bethke nicht für einen Schnapperpreis kriegen“, unterstreicht das Cottbuser Trainer-Urgestein.
Cottbus ist der einzige Verein in Brandenburg mit einem lizenzierten Nachwuchsleistungszentrum und nutzt die fehlende Konkurrenz in der näheren Umgebung voll aus. Verantwortlich für die Nachwucharbeit ist seit drei Jahren der frühere MSV-Profi Matthias Rahn (34). Das langfristige Ziel des Klubs ist es, den Verein wieder in der 2. Bundesliga zu etablieren. Mit guter Jugendarbeit und Transferlösen wolle der Klub den Grundstein dafür legen, hat Rahn in einem Gespräch mit dem Portal transfermarkt.de betont. Einige Baustellen gibt es noch für die Verantwortlichen. Das altehrwürdige Stadion an der Freundschaft, das seit knapp einem Jahr LEAG Energie Stadion heißt, ist renovierungsbedürftig, auch sonst ist der Klub finanziell nicht auf Rosen gebettet. Der aktuelle sportliche Erfolg kann dabei helfen, die Voraussetzungen zu verbessern.
Energie Cottbus: Bleibt „Pele“ Wollitz Trainer?
Durch den Erfolg im Spätherbst seiner Trainerkarriere könnte Wollitz, der seine aktive Profilaufbahn 1987 beim FC Schalke 04 begann, in einen Gewissenskonflikt geraten. Der für seine Emotionen und Wutausbrüche bekannte Trainer möchte nach der Saison als Sportdirektor für Cottbus weiterarbeiten. Im Vereinsumfeld wird bereits darüber spekuliert, ob Wollitz doch auf der Trainerbank bleibt. Für Überraschungen waren Energie Cottbus und „Pele“ Wollitz aber schon immer gut.