Essen. Rot-Weiss Essen wird heute bei der Jahreshauptversammlung Zahlen präsentieren. Im Interview hat die RWE-Führung das Ergebnis bereits bewertet.
Mit großer Spannung erwarten die Mitglieder des Fußball-Drittligisten Rot-Weiss Essen an diesem Sonntag bei der Jahreshauptversammlung des Klubs in der Messe Essen die Berichte über das RWE-Geschäftsjahr 2023 sowie über das Rumpfgeschäftsjahr 2024 (1. Halbjahr). Negative Überraschungen hätten die RWE-Anhänger anders als bei der JHV im Mai 2023 dieses Mal nicht zu erwarten. Das versichert die Führung von Rot-Weiss Essen im ausführlichen Gespräch mit dieser Redaktion.
Die Vorstände Marc-Nicolai Pfeifer und Alexander Rang sowie Aufsichtsratschef Lothar Oelert äußern sich im zweiten Interview-Teil über die Ziele und Probleme des Vereins, den aktuellen Geschäftsbericht und den Stand beim Thema Vermarktung.
Marc-Nicolai Pfeifer, Sie sind jetzt seit mehr als drei Monaten im Amt. Wie ist die Ausgangslage in Essen?
Pfeifer: Wir wollen RWE nicht neu erfinden. Wir haben ein riesiges Potenzial und eine gute Ausgangslage. Wir wollen und werden jetzt Dinge weiterentwickeln. Es gibt Dinge, die wir verbessern wollen.
Rot-Weiss Essen: Alexander Rang spricht bei der JHV über Sponsoring
Zum Beispiel?
Pfeifer: Es geht darum, auf Basis einer guten Wirtschaftlichkeit das Wort Aufstieg auch realistisch in den Mund nehmen zu können und nicht nur davon zu träumen. Es gilt auch, die Kommunikation zu verbessern und selbstkritischer zu werden. Das ist uns noch nicht perfekt gelungen. Wir wollen die Erlöse mit dem großen Hebel, allen voran das Sponsoring entwickeln. Das ist nicht nur ein Spruch, sondern wir haben hier einen klaren Plan. Das wird Alexander Rang am Sonntag auf der Mitgliederversammlung aufgreifen. Genauso sehen wir noch Möglichkeiten im Spielbetrieb.
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Wie sieht es beim Thema Stadionausbau aus?
Pfeifer: Wir wollen auch das Finanzergebnis aus dem Spielbetrieb verbessern und natürlich das Stadion ausbauen. Hier wollen wir alles dafür tun, auch unseren Teil beizutragen durch eine gute Entwicklung, Kontinuität und Ruhe im Verein. So können wir das Vertrauen der Politik weiter ausbauen, damit sie dieses Projekt mit uns zusammen angeht. Hier müssen selbstverständlich auch die Konditionen stimmen. Wir wollen und müssen das Thema Infrastruktur, beispielsweise am Förderwerk, weiter in Angriff nehmen. Die Ausgangslage insgesamt ist gut, aber bestimmte Dinge müssen weiter optimiert werden.
Was zum Beispiel?
Pfeifer: Das Verhältnis zwischen dem Gesamtetat und dem, was in den Spieleretat investiert werden kann. Wir haben aktuell ein Verhältnis, welches unterdurchschnittlich im Ligavergleich ist. Wir sind also nicht effizient genug. Wir haben zu viel Aufwand in anderen Bereichen, die nicht dem Sport dienen.
Was muss noch angepackt werden?
Pfeifer: Wir brauchen ein besseres Kostenmanagement, wir mussten im kaufmännischen Bereich auch einiges verändern, um Transparenz und eine bessere Kontrolle gewährleisten zu können. Außerdem haben wir mit jedem Mitarbeiter seit Juli gesprochen, um zu schauen, ob wir die richtigen Dinge und die Dinge richtig tun. Wir haben geschaut, ob wir in der Verwaltung in Teilen überdimensioniert aufgestellt sind. Aktuell sind wir es nicht. Wir haben ein fleißiges Team, das mit ganz viel Herz und Leidenschaft dabei ist und heute mit weniger Köpfen mehr Umsatz verantwortet. Es gab auch Verträge, die liefen, ohne dass es eine Gegenleistung gab. Da hat Alex sich intensiv eingebracht und Ergebnisse geschaffen.
Rot-Weiss Essen: Etat der ersten Mannschaft wurde leicht erhöht
Wie sehen diese konkret aus?
Pfeifer: Wir haben klare Ziele, was wir mit Maßnahmen erreichen wollen und wie die Finanzen verbessert werden sollen. Aktuell pflügen wir jeden Aufwandsposten um. Im Vergleich zur Ursprungsplanung für die aktuelle Spielzeit haben wir bereits einige konkrete Verbesserungen erzielt. Wir haben es geschafft, in der ambitionierten 3. Liga ein positives Ergebnis zu erzielen. Das gelingt nicht vielen Vereinen. Wir haben alle Auflagen erfüllt, die der DFB uns auferlegt hat, zudem haben wir den Etat der ersten Mannschaft leicht erhöhen können. Da kann ich nur allen, die für RWE arbeiten, danken. Wir sind auf einem guten Weg.
Was für eine Bilanz wird den Mitgliedern am Sonntag präsentiert?
Pfeifer: Wenn man die ganze Saison 2023/24 betrachtet, landen wir etwa bei einer schwarzen Null, also zusammenfassend bei einem sehr guten Ergebnis. Wir sprechen am Sonntag hauptsächlich über das Rumpfgeschäftsjahr 2024, also vom 01. 01. 2024 bis zum 30. 06. 2024. Dies Saisonhälfte fällt leicht negativ aus, denn ein paar Posten wurden bereits in die Hinrunde gebucht und haben dort unser Ergebnis verbessert. Außerdem gab es in Hinrunde mehr Heimspiele.
Rang: Man darf hier auch nicht außer Acht lassen, dass wir in dieser Periode auch außerordentliche Aufwendungen hatten, beispielsweise durch Vertragsauflösungen, die uns sonst in der Zukunft weiter belastet hätten. Wir sind massiv an der Klärung vieler Sachverhalte dran, um die Belastung auch künftig zu minimieren.
Wie sieht es denn aktuell aus beim Thema Vermarktung?
Rang: Wir haben es geschafft – auch trotz des Wegfalls der Ligavermarktung (Zentraler Partner des DFB) und von anderen Sponsoren – schon besser dazustehen, als nach der letzten Saison. Wir sind also bei minus 600.000 Euro gestartet und liegen jetzt schon über dem Vorjahr. Die Vertriebsergebnisse sind gut, wir haben mit über 100 namhaften Unternehmen gesprochen, mit 50 sind wir weiter in konkreten Gesprächen. Es ist ein großer Erfolg ist, wenn wir mit einer wesentlich kleineren Mannschaft über dem Niveau des Vorjahres liegen. Wir sind dabei, permanent neue Produkte zu kreieren, was auch wichtig ist, weil unsere Rechte sehr ordentlich vermarket sind. Außerdem haben wir es geschafft, die CEOs von 15 sehr namhaften Konzernen im Stadion zu begrüßen. Das ist ein wichtiger erster Schritt, weil wir sicher sind, dass unser Stadionerlebnis einzigartig ist und wir so die Chance auf eine Partnerschaft erhöhen. In unseren Vertriebsgesprächen werden wird mit dem Thema der JHV 2023 konfrontiert. Die potenziellen Partner wollen wissen, in welche Richtung es bei RWE geht. Für nahezu alle, jedoch spürbarer bei namenhaften Unternehmen geht es oft um unsere Außenwirkung, Kontinuität, Vertrauen und Verlässlichkeit. Wir sind hier auf einem guten Weg, in der 3. Liga auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu kommen. Wir sind derzeit mit der Hälfte der Leute im Vertrieb unterwegs im Vergleich zum September 2023 bei etwas verbesserten Umsatzniveau. Das hilft auf der Kostenseite. Marc und mir ist das Thema Kostendisziplin extrem wichtig. Man kann vorne reinholen, was man will. Wenn man die Kosten aber nicht im Griff hat, wird es nicht funktionieren und wir unsere Ziele nicht erreichen.
„Uns ist es wichtig zu sagen, dass wir uns nicht nur aus Sponsoring finanzieren. Wir haben auch den Bereich Hospitality, dort hatten wir noch nie so eine gute Auslastung. Alle Logen sind vermarktet“
Pfeifer: Zum Start wurde ich gefragt, wann Alexander Rang endlich mit den Dax-Unternehmen um die Ecke kommt. Natürlich ist und bleibt das ein wichtiges Thema. Aber neben der Qualität ist auch die Quantität wichtig, auch um sich nicht in Abhängigkeiten zu begeben. Wir wollen den Bestand binden, wir wollen jedem die Möglichkeit geben, RWE zu unterstützen. Wir werden uns auch intensiv darum bemühen, dass es Konzepte für kleinere Unternehmen gibt, damit sich hier jeder wiederfindet. Klar wünschen wir uns auch über größere Firmen mehr Mittel und einen Imagetransfer, der immer in beide Richtungen funktioniert. Aber wir dürfen auf keinen Fall die Breite vernachlässigen.
Rot-Weiss Essen: „Viel liegen gelassen bei Mitgliedsbeiträgen“
Rang: Uns ist es wichtig zu sagen, dass wir uns nicht nur aus Sponsoring finanzieren. Wir haben auch den Bereich Hospitality, dort hatten wir noch nie so eine gute Auslastung. Alle Logen sind vermarktet. Wir haben die Themen Ticketing und Merchandising, wo wir uns mit positiv entwickelt und wichtige Entscheidungen für die Zukunft getroffen haben. Ein Beispiel ist die Beendigung der Zusammenarbeit mit dem BVB-Fanshop. Wir sind dankbar für die Unterstützung. Jetzt haben wir die Situation neu bewertet und festgestellt, dass wir auf anderen Wegen bessere Erträge erwirtschaften können. Im Mitgliederbereich wachsen wir stetig und es wird weitere Maßnahmen geben, um diese positive Entwicklung zu unterstützen. Aber man muss auch gute und seriöse Prozesse haben, um die Mitgliedsbeiträge zu vereinnahmen. Da haben wir in der Vergangenheit viel liegen lassen, das arbeiten wir jetzt auf.
Wie bewertet der Aufsichtsrat derzeit die Arbeit des Vorstands?
Oelert: Wir sind glücklich, mit Alexander Rang einen Mann mit hoher Fachexpertise aus der Region gefunden zu haben, der sich weit über das Thema Vertrieb hinaus im Verein einbringt. Wir sind stolz darauf, dass wir Marc-Nicolai Pfeifer für uns gewinnen konnten, wenn man bedenkt, dass auch andere gute Vereine an ihm interessiert waren. Wir haben einen erfahrenen Experten gefunden. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass wir mit diesem Team richtig aufgestellt sind, um den Weg zu gehen. So kann sich RWE entwickeln.
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Die Verträge der sportlichen Leitung um Christian Flüthmann (Sportdirektor) und Marcus Steegmann (Direktor Profifußball) sind verlängert worden? Was waren die Beweggründe?
Pfeifer: Diese Entscheidung spiegelt unser Bekenntnis zu Kontinuität, Nachhaltigkeit und langfristigem Erfolg wider. Die positive sportliche Entwicklung, die wir in den letzten beiden Spielzeiten erlebt haben, ist maßgeblich auf das Engagement und die Expertise von Christian und Marcus zurückzuführen.
Rang: Ihre Leistungen haben unsere Teams gestärkt und zugleich die Werte unseres Vereins transportiert. Wir möchten Christian und Marcus an dieser Stelle herzlich für ihren Einsatz und ihr Engagement danken und freuen uns auf die bevorstehenden Herausforderungen.
Rot-Weiss Essen im Niederrheinpokal: Vermarktung weiter ein Thema
Am Samstag spielt die Mannschaft im Achtelfinale des Niederrheinpokals. Einen Pokal-Sponsor für ein Sondertrikot gab es noch nicht. Ist in diese Richtung etwas geplant? Stauder soll Interesse signalisiert haben.
Rang: Aus Marketing-Gründen haben wir dieses Jahr für einen anderen Weg entschieden. Wir haben offen mit Stauder darüber gesprochen. Unabhängig davon ist Stauder eine tolle Marke und ein wichtiger Partner von uns. Aber ein Sondertrikot muss auch ein Sondertrikot bleiben. Wir sind bei der Vermarktung des Niederrheinpokal-Trikots weiter in Gesprächen. Aber wir auch dankbar und glücklich, dass wir IFM als Hauptsponsoren haben. Wir tragen das Logo auch gerne im Pokal.