Essen. Heute ab 11 Uhr steigt die Jahreshauptversammlung von Rot-Weiss Essen. Bei der JHV wird der Verein kritische Fragen beantworten müssen.

  • Drittligist Rot-Weiss Essen lädt heute zur ordentlichen Jahreshauptversammlung ein. Beginn der Veranstaltung in der Messe Essen ist um 11 Uhr.
  • Vor der Mitgliederversammlung gab es viele kritische Stimmen in RIchtung des Vereins. Bei den letzten RWE-Heimspielen in Form von Plakaten.
  • Kritiker des Klubs werden die JHV nutzen, um ihre Anliegen vorzutragen. Der Verein sei bereit, in die Diskussion zu gehen.

Den Zeitpunkt, um zwei erfreuliche Nachrichten zu vermelden, hatten die Verantwortlichen des Fußball-Drittligisten Rot-Weiss Essen gut und vermutlich bewusst gewählt. An diesem Sonntag lädt der Traditionsverein seine Mitglieder in die Messe Essen zu einer mit Spannung erwarteten Jahreshauptversammlung ein. Und die am Donnerstag verkündeten Meldungen über ein Wintertrainingslager der Profimannschaft in der Türkei und die Vertragsverlängerungen mit der sportlichen Führung um Sportdirektor Christian Flüthmann (42) und Direktor Profifußball Marcus Steegmann (43) sollen die Stimmung aufhellen im hochemotionalen Umfeld des Revierklubs. Insbesondere die bis 2027 fortgesetzte Zusammenarbeit mit den beiden Sportchefs ist ein starkes Signal an die breite Anhängerschaft des ehemaligen Bundesligisten.

Rot-Weiss Essen: Heftige Fan-Kritik kann RWE nicht verharmlosen

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    Ein solches haben die RWE-Verantwortlichen gut gebrauchen können. Bei den letzten beiden Drittliga-Heimspielen der Essener herrschte eine angespannte Stimmung an der Hafenstraße. Viele Fans hatten die Partien zu einer Protestbekundung gegen die Vereinsführung genutzt, die es in dieser Deutlichkeit lange nicht mehr in Essen gegeben hat. „Amateure am Ruder“, meinten die einen, andere warfen dem Aufsichtsrat auf den Bannern „Vetternwirtschaft“ vor. Auch einzelne Mitglieder des Aufsichtsrates, der erst im kommenden Jahr neu gewählt wird, wurden verspottet.

    Rot-Weiss Essen: Kritische Fragen warten heute bei der JHV

    Hinter den Protest-Bannern steckt eine Opposition, die sich Veränderungen auf der Führungsebene des Klubs wünscht und die im nächsten Jahr in den Aufsichtsrat gewählt werden möchte. Die Gruppe besteht aus langjährigen Unterstützern und Sponsoren des Vereins, die sich am Sonntag zu ihren konkreten Plänen äußern wollen und nach Informationen dieser Redaktion auch eine Reihe von kritischen Fragen stellen werden.

    Beim letzten Heimspiel von Rot-Weiss Essen wurde mit Hilfe von Plakaten protestiert. Heute bei der RWE-JHV kommen die Karten auf den Tisch.
    Beim letzten Heimspiel von Rot-Weiss Essen wurde mit Hilfe von Plakaten protestiert. Heute bei der RWE-JHV kommen die Karten auf den Tisch. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

    Darauf sei die RWE-Führung vorbereitet, wie Lothar Oelert betont. Der neue Aufsichtsratschef von Rot-Weiss Essen hatte das Amt von André Helf vor einem Monat übernehmen. Nun blickt Oelert einer öffentlichen Diskussion mit den Vereinskritikern entgegen. „Ich hoffe, dass wir die Themen am Sonntag sehr sachlich ansprechen können. Und es wäre schön, wenn die sogenannte Opposition ihre Argumente vorbringen würde. Dann könnte man das auch diskutieren, gerne auch kontrovers. Das ist unser Job, da wird man nur besser durch“, erklärt Oelert im Gespräch mit dieser Redaktion.

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    Bekannt ist, dass die am Sonntag geplante Wahl eines neuen Wahlausschusses die Vereinskritiker umtreibt. Dieser hat laut Vereinssatzung die Aufgabe, Vorschläge zur Wahl des Aufsichtsrates im nächsten Jahr zu machen. Neue Kandidaten befürchten, vom Wahlausschuss in der aktuellen Besetzung ohne triftige Gründe abgelehnt zu werden und setzen deshalb auf zwei neue Bewerber.

    Rot-Weiss Essen wehrt sich gegen den Vorwurf, Peljhan vergrault zu haben

    Man wolle alte Strukturen aufbrechen, heißt es aus dem Umfeld der Opposition. Im Zentrum der Kritik steht der Aufsichtsrat des Vereins. Im Mai hatten sich die beiden Vereinsvorstände Marcus Uhlig und Sascha Peljhan nach einigen erfolgreichen Jahren, die 2022 durch die Rückkehr in den Profifußball gekrönt wurden, zurückgezogen und ihre Ämter zur Verfügung gestellt. Ursächlich dafür waren auch Differenzen mit dem Essener Kontrollgremium, das genau wie die Vorstände für eine chaotische Jahreshauptversammlung im Vorjahr, als der Verein ein überraschendes Millionen-Minus in seiner Bilanz vorgestellt hatte, scharf kritisiert wurde. Die Vorstände fühlten sich vom Aufsichtsrat in der Folge zu stark kontrolliert, immer wieder kam es zu Meinungsverschiedenheiten bei der Freigabe von Geldern.

    Sascha Peljhan war Darlehensgeber, Sponsor und Funktionär bei Rot-Weiss Essen. Für RWE möchte er nun nicht mehr arbeiten.
    Sascha Peljhan war Darlehensgeber, Sponsor und Funktionär bei Rot-Weiss Essen. Für RWE möchte er nun nicht mehr arbeiten. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

    Dass der einstige „strategische Partner“ Peljhan, der RWE mit einem zinsfreien Darlehen in Höhe von drei Millionen Euro unter die Arme gegriffen hatte, den Verein im Unfrieden verlassen und auch seine Sponsorentätigkeit eingestellt hat, löste im Umfeld viel Unverständnis aus. Die neue Vereinsführung um die beiden Vorstände Marc-Nicolai Pfeifer und Alexander Rang sowie Aufsichtsratschef Lothar Oelert wehrt sich auf Nachfrage dieser Zeitung gegen die Unterstellung, Peljhan vom Hof gejagt zu haben. „Das Bild, das mit ehemaligen Mitarbeitern nicht wertschätzend umgegangen wurde, stimmt so nicht. Es gab Gesprächsangebote – von mir, von Alexander Rang, vom Wahlausschuss, vom Ehrenrat und vom Aufsichtsrat“, versichert der neue AR-Chef Oelert.

    Rot-Weiss Essen: Pfeifer äußert sich zum Begriff „Opposition“

    Die Kritik der Anhänger habe Pfeifer, langjähriger Geschäftsführer des Essener Ligarivalen TSV 1860 München, zur Kenntnis genommen. „Der Begriff Opposition dürfte vielleicht auch ein wenig vor dem Hintergrund gewählt worden sein, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen“, sagt er. Der 43-Jährige sieht den Verein in der dritten Saison nach dem Aufstieg auf einem guten Weg. Sowohl auf der Führungs- als auch auf sportlicher Ebene wurde im Sommer ein Umbruch vollzogen. Mehrere Leistungsträger folgten dem Lockruf der Konkurrenz, Trainer Christoph Dabrowski war gezwungen, zwölf externe Zugänge zu integrieren. Die Folge war ein mäßiger Saisonstart, aktuell stehen die Essener auf Rang zwölf.

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    Auch der Blick auf die Geschäftszahlen könne nicht viel Angriffsfläche bieten, glaubt Pfeifer. Hinter der gesamten Saison 2023/24 stehe eine schwarze Null, der Klub habe zudem alle DFB-Auflagen erfüllt und arbeite daran, den Etat für die erste Mannschaft zu erhöhen. Das große langfristige Ziel von Rot-Weiss Essen bleibt der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Sollte dieses ambitionierte Vorhaben zeitnah gelingen, könnte der Verein kommenden Mitgliederversammlungen deutlich entspannter entgegensehen.