London. Adel Massaad aus Geldern ist bei den Olympischen Spielen in London die Nummer vier im ägyptischen Tischtennis-Team. Im Interview erzählt der mittlerweile 48-Jährige vom Leben im Olympischen Dorf, von großen Zusammenhalt auf engstem Raum und Bedingungen, die Weltrekorden nur bedingt förderlich sind.
Adel Massaad kriegt im Moment wenig Schlaf. „Schwierig im Olympischen Dorf“, sagt er. Massaad ist 48 Jahre alt, wohnt in Geldern, und gehört in London zum ägyptischen Tischtennis-Team, das am 2. August in der ersten Runde bei Olympia auf Österreich trifft.
Warum klappt es im Dorf mit dem Schlaf nicht?
Adel Massaad: Die Zimmer sind klein wie eine Nuss-Schale. Zwei Betten pro Zimmer, keine Klimaanlage. Wenn du das Fenster zulässt, kriegst du keine Luft. Wenn du es aufmacht, liegst du in voller Beleuchtung der Sicherheits-Scheinwerfer und hast jede Menge Krach.
Krach?
Massaad: Die Funktionäre sitzen draußen und reden bis halb drei. Und ägyptische Funktionäre haben einen Tonfall, als würden sie sich gleich die Köpfe einschlagen.
Machen Sie aber nicht?
Massaad: Nein, natürlich nicht. Es klingt nur so. Mein Zimmernachbar hält sich dazu streng an den Ramadan. Wenn ich gerade eingeschlafen bin, steht er um halb drei auf.
Um halb drei?
Massaad: Er geht dann in die Kantine, damit er vor Sonnenaufgang essen kann.
Nicht gut für einen Leistungssportler.
Massaad: Gar nicht. Wir haben unser Spiel der ersten Runde gegen Österreich mittags um zwölf. Wenn er davor den ganzen Tag nichts isst und nur die Lippen mit Wasser benetzt, wird das schwierig. Ich bin ja nur als Ersatzmann hier, aber ich springe jederzeit ein. Auch wenn manche Sachen schwierig sind.
Welche?
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Massaad: Wir wohnen mit sechs Leuten in unserer Wohnung im olympischen Dorf. Wir haben aber nur ein kleines Badezimmer, das wir uns teilen. Für jeden gibt es pro Woche zwei Handtücher. Nicht die Bedingungen, unter denen man Weltrekorde aufstellt.
So schlimm?
Massaad: Man gewöhnt sich dran. Dafür gibt es ja auch diese einmalige Atmosphäre. Du siehst die besten Athleten aus der ganzen Welt und sitzt mit ihnen am Tisch, das ist schon toll.
Dabei waren Sie nach Olympia 2008 in Peking eigentlich zurückgetreten.
Massaad: Richtig, ich habe selbst das ganze Jahr vor London nicht einmal gespielt. Aber ein paar Wochen vorher wollte ich es noch einmal wissen. Ich habe mir Chen Zibin, den chinesischen Nationaltrainer der Holländerinnen für sechs Wochen gemietet, habe mich mit ihm im Sporthotel in Grenzau versteckt und jeden Tag fünf Stunden trainiert. Am Ende haben die Ägypter mich als Nummer vier fürs Team nominiert.
Macht der Körper das mit 48 Jahren noch mit?
Massaad: Alles lief gut, doch jetzt habe ich einen kleinen Muskelfaserriss hinten im Oberschenkel. Der Arzt der Ägypter hat gesagt: Nimm mal diese Salbe, massier die ein, und gut ist. Das half aber nicht.
Und was haben Sie gemacht?
Massaad: Ich habe Toni Kaas angerufen, den Orthopäden der deutschen Tischtennis-Spieler. Der hat sich um Mitternacht noch Zeit für mich genommen und hat mich behandelt. Diesen Zusammenhalt unter allen finde ich so herrlich an Olympia, und jetzt geht es dem Muskel auch besser.
Sie könnten also gegen Österreich spielen?
Massaad: Auf jeden Fall. Und wenn ich gegen Österreich nicht eingesetzt werde, dann auf jeden Fall in der Runde danach. Dann würden wir auf Deutschland mit Timo Boll treffen. Da spiele ich auch mit Kopf unter dem Arm.