Bukarest (ROM). Das ist mehr als nur ein kleines Trostpflaster: Lotta Englich (KSV Witten 07) hat bei der U-17-EM Bronze gewonnen. Ihre Familie war live dabei.
Da konnte auch der hochdekorierte Vater seine Bewunderung nur schwer zurückhalten. „Als ich in ihrem Alter war, war ich längst noch nicht so erfolgreich“, sagt Mirko Englich, immerhin Olympia-Zweiter in Peking 2008, über seine gerade mal 15-jährige Tochter Lotta vom KSV Witten 07. Die nämlich hat in Bukarest allen gezeigt, dass ihre Nominierung für die U-17-Europameisterschaft goldrichtig war. Denn am Fronleichnamstag gewann die Wittenerin die Bronzemedaille in der Klasse bis 73 Kilogramm.
„Dabei war sie am Tag zuvor noch am Boden zerstört“, gab Mirko Englich zu Protokoll. Das mehr als unglückliche, aus seiner Sicht sogar völlig unnötige Halbfinal-Aus nach dem 7:8 gegen die Bulgarin Gabriela Dimitrova Maeva musste Lotta Englich ja erstmal wegstecken. 4:0 geführt, weit überlegen auf der Matte - da hätte eigentlich nichts mehr anbrennen dürfen. Doch dann zeigte sich, dass die Schülerin, die unter der Woche am Sportinternat in Dormagen büffelt und trainiert, eben doch erst 15 Jahre jung ist - da darf es auch schon mal vorkommen, dass man seine Nerven nicht ganz unter Kontrolle hat. „Sie hat ihre Linie total verlassen. Vermutlich hat sie gemerkt: Hoppla, ich kann ja hier das EM-Finale erreichen und um Gold ringen“, dachte sich Mirko Englich in die Gedanken-Spielereien seiner Tochter.
Wittenerin verliert das Halbfinale unnötig mit 7:8
Die dann zwar noch mal herankam, mit einer Beinschraube die Bulgarin arg in Bedrängnis brachte, auf 7:8 verkürzte. „Die zweite Schraube hat sie dann aber nicht mehr geschafft - die Zeit war ‘rum“, so der 43-Jährige, der beim Bundesligisten KSV Witten 07 als Jugendtrainer arbeitet. Und der genau wusste, wie er seine Lotta nach dieser bitteren Pleite doch noch aufrichten konnte, damit ihr zumindest dieses Happy-End im Bronze-Kampf am Donnerstag gelingen konnte.
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Auch Jugend-Nationaltrainer Christoph Ewald war für die 15-Jährige da, arbeitete mit ihr das just verlorene Duell noch einmal auf, richtete ihren Blick aber gleich wieder nach vorn. „Christoph hat da auch einen Riesen-Job gemacht als Trainer“, so das Lob von Mirko Englich. Der sich die Gegnerin im Kampf um Rang drei, die Italienerin Anna Iodice, zuvor auch genau angeschaut hatte. Seine Analyse: „Das wird Lotta packen. Am Abend schicke ich dann ein Bild von ihr mit der Medaille“, versprach der Berufsfeuerwehrmann. Der in Bukarest nicht allein war als Unterstützer seiner Tochter. Auch seine Eltern waren mitgereist, dazu auch seine Schwester Nina Kahriman, einst selbst eine herausragende Ringerin und jetzt ebenso Jugendtrainer beim KSV.
Bei so viel Rückendeckung und fachlich hochwertiger Expertise konnte dann ja kaum noch etwas schiefgehen auf dem Weg zum ersten Edelmetall auf europäischer Bühne für Lotta Englich. „Das ist schlimmer, als selbst ringen zu müssen. Am Mattenrand stirbst du 1000 Tode“, ließ Ex-Europameisterin Nina Kahriman verlauten und lief vermutlich Gefahr, die Stimme vom energischen Anfeuern zu verlieren.
96 Sekunden bis zum Sieg im „kleinen Finale“
Wobei: Allzu lange musste sie das ja gar nicht, denn ihre zielstrebige Nichte verfolgte diesmal ihren Plan gegen die Italienerin vom Anfang bis zum Ende. Schnell ging Lotta Englich mit 2:0 in Führung. Dann ein Angriffsversuch von Anna Iodice, die im Viertelfinale auch an der Bulgarin gescheitert war. Doch die Wittenerin war hellwach, setzte zum Konter an - und drückte ihre Kontrahentin mit voller Wucht auf den Boden. Schultersieg. Nur 96 Sekunden hatte es gedauert, da klopfte der Mattenleiter ab. Bronze für die KSV-Ringerin und diesmal Tränen des Glücks und der Erleichterung. „Das hat sie großartig gemacht und ihrer Gegnerin gar keine Chance gelassen. Wir sind alle überglücklich. Immerhin ist es Lottas erstes Jahr in dieser Altersklasse“, so Mirko Englich.
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Am Samstag geht’s zu Frank Stäblers großer Abschiedsgala
Während der Rest der Familie am Freitag schon nach Hause flog, geht es für Lotta Englich am Samstag gleich weiter zum nächsten Ringkampf-Event. „The Last Fight“ heißt es dann für den Olympia-Dritten von Tokio und dreifachen Weltmeister Frank Stäbler (33), der in der Ludwigsburger MHP-Arena aus Anlass seines Abschieds von der Ringer-Bühne die deutsche Greco-Nationalmannschaft gegen eine internationale Top-Auswahl antreten lässt. 4000 Zuschauer werden zu dieser einmaligen Veranstaltung, bei der auch Showelemente nicht zu kurz kommen sollen, erwartet. Auf der Tribüne sitzt dann auch eine frischgebackene U-17-EM-Dritte und wird mit einem breiten, zufriedenen Grinsen das Treiben auf der Matte verfolgen.
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