Heven. Wenn TuS Hevens Volkan Kiral am Tag nach einer Partie aufwacht, fragt er sich mal, warum er sich das antut. Fußball ist mehr als nur ein Spiel.

Sie seien doch alles noch junge Hüpfer, entgegnet Volkan Kiral und lacht, angesprochen auf die Ü30-Generation beim TuS Heven rund um ihn (38 Jahre), Besim Kasumi (38), Kevin Wirges (36), Tim Dosedal (34), Adolf Witt (32), Nikolai Nehlson (31) und Björn Sprathoff (31).

Allerdings geht auch an jungen Hüpfern der Zahn der Zeit nicht vorbei, das merkt auch Kiral von Woche zu Woche. „Früher habe ich die Zehner-Position ganz anders interpretiert, da hatte ich mehr Tempo, habe vieles anders und viel instinktiver gemacht, weniger nachgedacht“, gibt er zu.

TuS Hevens Volkan Kiral spürt die Schmerzen anders als früher

Mittlerweile geht dies aber nicht mehr, Körper und Geist tragen auf dem Platz immer häufiger offen einen Streit aus. „Wenn mein Kopf mir sagt, ich müsse diese eine Sache machen, antwortet mein Körper und meint, es sei schön, dass der Kopf das möchte, aber er macht da nicht mit“, so Kiral halb ironisch, halb ernst.

Jeder Zweikampf, jeder Sprint und jeder noch so kleine Tritt fühle sich mit 38 Jahren einfach ganz anders an. „Du merkst alles. Der Schmerz an sich verändert sich auch. Früher sind wir nach dem Spiel am Sonntag noch zum Cageball gegangen. Jetzt kann ich bis Dienstag nicht mehr laufen. Jede kleine Verletzung dauert länger und tut viel mehr weh“, bemerkt Kiral, der ehemals in der Regionalliga für Wattenscheid 09 und die zweite Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern spielte.

Volkan Kiral und Besim Kasumi wissen genau, was sie aneinander haben

Umso wichtiger ist es deshalb, mit Köpfchen zu spielen, Dinge zu antizipieren, den peripheren Blick zu schärfen. „Ich spiele mehr mit Auge und weiß, wie ich mich bewegen muss, damit ich noch locker in der Bezirksliga mitspielen kann. Denn sind wir mal ehrlich: Bezirksliga ist jetzt kein besonders hohes Niveau“, so Kiral.

Unnötige Zweikämpfe meidet er nun lieber, auch, wenn er noch nie derjenige war, der bissig jedem Ball hinterher sprintete. Daraus macht Kiral – ganz der Mann der klaren Worte – auch gar keinen Hehl.

Volkan Kiral zieht im offensiven Mittelfeld beim Fußball-Bezirksligisten TuS Heven die Strippen.
Volkan Kiral zieht im offensiven Mittelfeld beim Fußball-Bezirksligisten TuS Heven die Strippen. © FUNKE Foto Services | Biene Hagel

„Du hast halt einfach so Typen wie Besim Kasumi, der eine Maschine ist, und so welche wie mich“, sagt er lachend, schiebt aber direkt hinterher: „Aber wir sind ein sehr sehr gutes Team. Ich wusste schon immer, dass Besim für mich da ist und er wusste, dass er mit ‘Wolle’ spielen kann, er mit den Ball geben kann. Es war schon immer so und ist noch so: er macht die Drecksarbeit, ich das Spiel.“

In ihrer Karriere schrieben sie immer wieder gemeinsame Kapitel, unter anderem gelang in der Saison 2011/2012 der Aufstieg mit dem TuS Heven aus der Westfalenliga in die Oberliga. Für Kiral eine seiner besten Zeiten der gesamten Spielerlaufbahn, weil es in der Mannschaft absolut gestimmt hatte. „Es hängt immer von der Gruppe und den Typen ab“, sagt er.

Komplimente für Maik Knapp

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Damals hätten unter anderem mit Kevin Wirges und Andreas Golm mit ihrer Art den Verein ausgemacht – und auch Maik Knapp sei ein Gesicht des Klubs gewesen, ein besonderes.

„Mit ihm hatte ich früher Probleme“, gibt Kiral zu. Die Art der beiden habe einfach nicht zusammengepasst. Heute allerdings sei das ganz anders. „Jetzt finde ich ihn cool. Er hat sich auch verändert und ist als Trainer ein ganz anderer Mensch als als Spieler. Das ist doch schön. Das eine ist Fußball, das andere das Leben. Wenn ich Maik jetzt sehe, freue ich mich total und nehme ihn in den Arm. Der Letzte, den ich mir als Trainer vorstellen konnte, war Maik Knapp. Und nun hört man von überall, dass er es super macht“, so Kiral.

Kurz zusammengefasst: Es sind eben beide älter geworden.

TuS Heven testet am Sonntag gegen den SV Herbede

Fast hätte bereits am Sonntag wieder die Chance zur Umarmung bestanden. Doch Ruhrtal fand nach der Testspiel-Absage gegen FC Vorwärts Kornhapen kurzfristig mit dem CFK Bochum einen neuen Gegner. Der TuS Heven reist indes mit Kiral zum SV Herbede (15 Uhr).

Ein Spiel, welches sich wohl auch Knapp, der sich selbst als fußballverrückt bezeichnet, sonst nicht entgehen lassen hätte.

Das Duell Heven gegen Herbede war schließlich einmal so etwas wie der Kassenschlager des Wittener Amateurfußballs. Nun ist es das Duell eines ambitionierten A-Ligisten gegen einen Bezirksligisten im Abstiegskampf. Auch Kiral spürt, dass die Rivalität zwischen den Vereinen ähnlich stark nachgelassen habe wie seine Sprintstärke. Kiral: „Ich weiß schon jetzt, dass Sprüche kommen werden, wenn ich einem langen Ball nicht mehr hinterherkomme. Aber dieses Flapsige finde ich gut und ist ein Grund dafür, warum ich immer noch spiele.“

Und warum er selbst die Schmerzen am Dienstagmorgen in Kauf nimmt.

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