Witten. Beim DRB-Trainingslager in Heidelberg durfte der 17-Jährige endlich mal wieder auf die Matte. Junioren-EM in Dortmund ist das Ziel.
Was muss das innerlich für eine Befreiung gewesen sein für einen leidenschaftlichen Sportler wie Noah Englich. Das Ringer-Toptalent des KSV Witten 07, immerhin schon zweimaliger Deutscher Meister der A-Junioren, durfte unlängst endlich mal wieder auf die Matte, konnte sich nach Herzenslust austoben. Beim Trainingslager in Heidelberg ging es eine Woche lang mächtig zur Sache - der Wittener genoss es ausgiebig.
"Das war das erste Trainingslager seit langer Zeit", so der 17-Jährige. In Baden-Württemberg ging es für die besten Nachwuchssportler der Republik in erster Linie um konditionelle Einheiten. Grundlagen-Übungen waren angesagt - immerhin hatten die DRB-Talente ja seit Monaten aufgrund der Coronaschutzverordnung nicht in gewohnter Manier ihrer täglichen Arbeit auf der Matte nachkommen können. Auch beim Bundesligisten KSV Witten 07, zu dessen Kader Noah Englich in der kommenden Saison gehören wird, war das Trainingszentrum an der Mannesmannstraße dicht. Selbst für Kaderathleten blieb die Tür verriegelt.
Basisarbeit zu Hause kann Mattentraining nicht ersetzen
"Es war schon eine ziemlich unbefriedigende Zeit", berichtet der Gymnasiast, der in diesem Jahr sein Abitur machen möchte. "In Sachen Ringen ist nun mal wenig passiert, zum Glück konnte ich zu Hause einiges machen", sagt Noah Englich. Sein Vater Mirko, langjähriger Spitzenathlet des KSV Witten 07 und heute Jugendtrainer des siebenmaligen Deutschen Mannschaftsmeisters, hat dafür gesorgt, dass auch im Hause Englich das eine oder andere Trainingsgerät steht, um zumindest Basisarbeit machen zu können.
Den regulären Ringkampfsport auf der Matte allerdings kann keine Hantel, kein Springseil und auch keine Jogging-Runde rund um den Kemnader See ersetzen. Vieles Technische geht da auf Dauer verloren - für einen ehrgeizigen jungen Leistungssportler wie Noah Englich nicht leicht zu verkraften.
Als Kaderathlet einmal pro Woche Training in Dormagen
"Anfang des letzten Jahres habe ich ja noch bei Turnieren gerungen", denkt Englich unter anderem an einen stark besetzten internationalen Wettbewerb in Moldawien zurück. Als dann im März der erste Lockdown einsetzte, mussten in den eigenen vier Wänden Alternativen geschaffen werden, um sich fit zu halten. Doch wer die Ringer kennt, die groß werden mit dem Kampf Eins-gegen-eins, der weiß nur zu gut: Liegestütze bis zur Ermüdung und ewige Laufeinheiten - das nagt schon arg am Selbstverständnis. "Da vermisst man die Matte schon sehr", sagt Noah Englich.
Im Sommer durften die Ringer dann zumindest für geraume Zeit wieder zu ihrem sportlichen Alltag zurückkehren, in der Ostermannhalle ging auch der junge Wittener seiner Leidenschaft nach. Umso schwieriger zu verkraften, dass der zweite Lockdown die KSV-Ringer dann für inzwischen mehrere Monate förmlich auf Eis legte. Da Noah Englich zum Nachwuchskader des Deutschen Ringer-Bundes (DRB) gehört, kann er inzwischen zumindest einmal pro Woche am NRW-Stützpunkt in Dormagen trainieren - dort, wo seine jüngere Schwester Lotta seit Beendigung der Herbstferien 2020 das Sportinternat besucht.
DRB denkt über Trainingslager in Belek nach
Die Chance, nun in Heidelberg mit den besten deutschen Ringern seiner Altersklasse auf die Matte gehen zu können, hat in Noah Englich gewissermaßen wieder die Lebensgeister geweckt. "Das war zwar ziemlich anstrengend, aber auch sehr schön", gibt er zu Protokoll, "ich habe dort viele meiner Freunde und Bekannten wiedergesehen." Nationalcoach Maik Bullmann, Olympiasieger im griechisch-römischen Stil von 1992 in Barcelona, bekam eine gute Gelegenheit, sich vom aktuellen Leistungsstand seiner Schützlinge zu überzeugen.
In Heidelberg erhielt Noah Englich vom Bundestrainer auch einen Trainingsplan für die nächsten Wochen und Monate. Und der Ausblick auf das weitere Jahr 2021 scheint trotz der noch nicht überstandenen Corona-Pandemir seitens der DRB-Verantwortlichen gar nicht so düster zu sein. "Man ist da wohl ganz zuversichtlich, dass in absehbarer Zeit auch wieder Turniere gerungen werden können", so Noah Englich. Denkbar ist ein Trainingslager im türkischen Belek, dazu ein Turnier in Georgien.
Beim Körpergewicht hat Noah Englich kräftig zugelegt
Im Sommer (Ende Juni/Anfang Juli) soll dann die Junioren-EM in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle ausgetragen werden - dort möchte dann auch der Wittener auf der Matte stehen. Der inzwischen einer ganz anderen Gewichtsklasse angehört als noch zur Zeit seines Junioren-Titelgewinns in der Husemannhalle im April 2019. Damals gehörte er noch dem 48-kg-Limit an - mittlerweile hat der jetzt 17-Jährige körperlich einen mächtigen Satz gemacht, bringt nun fast 20 Kilogramm mehr auf die Waage als seinerzeit. "Es wird sich wohl erstmal in Richtung 66, 67 Kilo entwickeln", sagt Englich. "Damit ist das jetzt auch eine ganz andere Art Ringen für mich, auch die Gegner sind jetzt natürlich völlig andere", weiß das KSV-Talent, dass ihm nun schon weit robustere Kaliber als Kontrahenten blühen.
Keine Frage, dass das Krafttraining in den mehrfachen wöchentlichen Zoom-Meetings des KSV Witten 07 für Noah Englich daher ganz oben auf der Agenda steht. Denn große Ambitionen hat der junge Ringer nach wie vor, auch Corona konnte ihn da nicht aus der Bahn werfen. "In der Bundesliga-Saison hoffe ich schon auf den einen oder anderen Einsatz", schaut Englich voraus.
KSV-Eigengewächse sollen Gerüst des Erstligateams bilden
Mit dem neuen Sportlichen Leiter des KSV, Ayhan Aytemiz, versteht er sich gut - und der 48-Jährige aus Köln will auch vermehrt auf die Ringer aus der eigenen Jugend setzen. Ausnahmetalente wie Gregor Eigenbrodt oder Noah Englich sollen künftig das Gerüst des Erstligisten aus der Ruhrstadt bilden. Auch wenn die Youngster in den kommenden zwei, drei Jahren wohl hier und da noch Lehrgeld werden zahlen müssen, wenn sie auf die internationalen Hochkaräter der Konkurrenz treffen.
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