Recklinghausen. Andre Weßels hält sich seit Sonntag in Antalya auf. Von Urlaub kann allerdings keine Rede sein. Der 27-jährige Recklinghäuser ist in sportlicher Mission unterwegs. Zum Auftakt der Fecht-Weltmeisterschaften geht er heute in der Setzrunde des Florettwettbewerbs auf die Planche.

Wer nach Antalya fliegt, der möchte in erster Linie Sonne und Strand an der türkischen Riviera genießen. Die fast 800 000 Einwohner zählende Stadt am Mittelmeer ist eine der Urlaubszentren in der Türkei, deutsche Ferienflieger gehören auf dem internationalen Flughafen wenige Kilometer vor der Stadt. Andre Weßels hält sich seit Sonntag in Antalya auf. Von Urlaub kann allerdings keine Rede sein. Der 27-jährige Recklinghäuser ist in sportlicher Mission unterwegs. Zum Auftakt der Fecht-Weltmeisterschaften geht er heute in der Setzrunde des Florettwettbewerbs auf die Planche. Dabei geht es um einen Platz und eine möglichste gute Platzierung in der Setzliste für die Direktausscheidung der besten 64 Akteure, die am Samstag im Antalya Expo Center ausgetragen wird.

Sein Ziel hat der Mann vom OFC Bonn längst abgesteckt. Unter die letzten 16 möchte er kommen. Denn damit wäre es so gut wie gewiss, dass er in der Weltrangliste von seinem derzeit 18. Rang unter die Top16 klettert und damit in der nächsten Weltcupsaison automatisch von den Setzrunde befreit bliebe. Ein Luxus, den in Antalalya eben auch die derzeit 16 Top-Florettfechter genießen; unter ihnen Olympiasieger Benjamin Kleibrink (Krefeld) und Weltmeister Peter Joppich (Koblenz). Aus deutscher Sicht müssen sich allein Weßels und Youngster Sebastian Bachmann durch die Qualifikation kämpfen. Sie bekommen es dabei mit einigen Exoten, aber auch Vertreter aller namhaften Fecht-Nationen zu tun. Beileibe kein Aufwärmprogramm.

Eine große Hürde sollte die Setzrunde für den 27-Jährigen Linkshänder aus Recklinghausen aber eigentlich dennoch nicht sein. Denn nach einer mehrjährigen Durststrecke hat er eine bemerkenswerte Saison hinter sich, deren vorläufiger Höhepunkt der Gewinn der Bronzemedaille vor einigen Wochen bei den Europameisterschaften in Plovdiv war. „Er hat sich zurückgekämpft”, sagt Bundestrainer Uli Schreck anerkennend. „Den WM-Start hat sich Andre´ redlich verdient.”

Gestern wuchs natürlich dessen Anspannung. Aber Andre´ Weßels verfügt über genügend Erfahrung bei großen Turnieren. Jahrelang tourte er mit der deutschen Mannschaft durch die Welt, um an Weltcups in Europa, Amerika und Asien teilzunehmen. In Shanghai gewann er vor fast sieben Jahren sein erstes Weltcupturnier bei den Aktiven. Und auch Championate kennt er in- und auswendig. Bei seiner ersten WM 2002 in Lissabon wurde er Team-Weltmeister und Vize-Weltmeister im Einzel, geschlagen nur vom Italiener Simone Vanni. Ein Jahre später reichte es im Einzel in Havanna (Kuba) nach einer Niederlage gegen den Franzosen Brice Guyart noch zum neunten Platz. Antalaya ist nun die dritte WM für den gereiften Instinktfechter, der auch in der Türkei schon bei einem großen Turnier auf der Planche stand. Bei der EM 2006 reichte es in Izmir allerdings nur zum 48. Platz.

Drei Jahre später darf die Platzierungszahl schon ein bisschen niedriger sein. Wenn es richtig gut läuft, dann hält Weßels einen Platz unter den besten acht durchaus für möglich. „Zu den sechs bis acht Favoriten zähle ich sicher nicht, auch wenn es bei der EM gut gelaufen ist. Aber ich gehöre zu den vielleicht zehn Fechtern dahinter.”

Dabei muss er genauso wie alle anderen Konkurrenten mit einer ungewöhnlichen Situation klar kommen. Zwischen Qualifikation und Dirketausscheidung liegen zwei Tage; ein bislang im internationalen Fechtsport ungewöhnlicher Zeitplan. Aber Andre´ Weßels übt sich in Gelassenheit: „Es ist wie es ist, das müssen wir akzeptieren. Die Kunst wird es sein, trotzdem Spannung zu erhalten.”