Ruhrgebiet. Das Stopp-Konzept des DFB soll Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen helfen. Sie sehen Probleme neben dem Platz. Es gibt auch Herausforderungen.

Das Kreisliga-A-Spiel zwischen Taxi Duisburg und Fatihspor Mülheim. Beim Stand von 3:1 für die Mülheimer kam es zu Tumulten und später zum Abbruch. Das Spiel hatte schließlich sogar Einfluss auf die Entscheidung in der Meisterschaft. „Das hätte vielleicht anders enden können, wenn der Schiedsrichter die neuen Maßnahmen schon gehabt hätte“, meint Martin Kadzioch.

Gemeint ist das neue Stopp-Konzept des Deutschen Fußballbundes, das nach einem Pilotprojekt in Württemberg zur neuen Saison deutschlandweit eingeführt werden soll. Es soll eingesetzt werden, wenn der Schiedsrichter eine Eskalation befürchtet.

RWE-Schiedsrichter: „Es soll ja nicht inflationär angewendet werden“

„Ich finde es positiv, dass man eine weitere Möglichkeit erhält, um beruhigend auf die Mannschaften einzuwirken“, sagt Martin Kadzioch. Der erfahrene Schiedsrichter pfeift für Rot-Weiss Essen. Er ist gespannt, wie die Umsetzung im tatsächlichen Spielbetrieb aussehen wird. „Es muss von der Anwendung passen und soll ja nicht inflationär angewendet werden“, sagt der Referee. Er geht davon aus, dass es ein- bis zweimal pro Saison passieren wird.

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Das sieht auch Wolfgang Müller so. „Man setzt das nicht fünfmal im Spiel ein“, sagt er. Der Schiedsrichter-Obmann in Mülheim hat mit seinem Team seit Mai sogar bereits Schulungen zu dem Thema durchgeführt.

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„Ich finde es grundsätzlich eine gute Sache und ein gutes Instrument“, sagt Müller. Er kann sich die Maßnahmen insbesondere im Jugendbereich vorstellen: „Wenn die Eltern mal wieder übertreiben, einfach mal fünf Minuten keinen Fußball mehr gucken.“ Der Unparteiische muss in der Zeit aber dafür Sorge tragen, dass möglichst nicht gecoacht wird.

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Wie die Anwendung bei den Erwachsenen am Ende aussieht, bleibe abzuwarten. Denn Müller weiß aus Erfahrung, dass auch eine solche Regelung manchmal nicht mehr hilft. Erst im März war er als Schiedsrichter-Coach bei einem Kreisliga-Spiel zwischen Vierlinden und Hamborn 90 dabei. „Da brachen plötzlich alle Dämme und es waren über 100 Leute auf dem Platz“, erinnert sich Müller. Für einen Tritt auf den Kopf eines am Boden liegenden Spielers wurde ein Akteur später für acht Jahre gesperrt. „Manchmal eskaliert es von jetzt auf gleich, da hilft dir sowas auch nicht mehr“, weiß der Obmann.

Vereine sollen ebenfalls noch geschult werden

Patrick Mattukat kann sich persönlich an keine Situation erinnern, wo er das Spiel zur Beruhigung gerne unterbrochen hätte. „Es klingt aber erst einmal logisch“, findet der Schiedsrichter von den Sportfreunden Siepen aus Velbert. Im Gegensatz zu den Kollegen aus Mülheim stehen die Schulungen im Bereich Niederberg aber noch aus.

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„Dann wird sich zeigen, wie die Umsetzung tatsächlich geregelt wird“, sagt der Referee. Sinnvoll vorstellen könne er sich aber schon. Wie Wolfgang Müller sieht er die Schwierigkeiten im Jugendfußball „eher außerhalb“, sprich bei den Betreuern und Eltern.

In den Augen Martin Kadziochs müssen bis zum Saisonstart noch alle auf den gleichen Wissensstand gebracht werden. „Auch bei den Vereinen sollten noch Schulungen stattfinden, damit alle Beteiligten auf dem gleichen Bildungsstand sind“, sagt der RWE-Schiedsrichter.

Welche Gefahren beim neuen Konzept noch bestehen

Er sieht die Gefahr, dass es künftig nach Spielabbrüchen zu mehr Neuansetzungen kommen könnte, weil den Schiedsrichtern hinterher vorgeworfen werden könnte, die beruhigenden Maßnahmen nicht wirkungsvoll eingesetzt zu haben.

Grundsätzlich seien beim Stopp-Konzept sicherlich erfahrene Schiedsrichter im Vorteil, die das Fingerspitzengefühl haben, um wissen, wann ein Eingreifen nötig ist und wann nicht. „Durch die Schulungen werden aber auch die jungen Schiedsrichter in die Lage versetzt, es anzuwenden.“