Mülheim. Der Mülheimer Darts-Spieler fiebert mit seinen Teamkollegen der WM im Ally Pally entgegen und hat sogar schon gegen einige Teilnehmer gespielt.

Am Mittwochabend beginnt im Londoner Alexandra Palace, gern auch Ally Pally genannt, die PDC-Darts-Weltmeisterschaft 2022. Auch die hiesigen Spieler sind gespannt auf den Verlauf des Titelkampfes, der am 3. Januar mit dem Finale endet. Hierzu zählt Steffen Böhmer. Der NRW-Liga-Spieler des 1. DC Mülheim beantwortete die Fragen von Marcus Lemke.

Steffen Böhmer, Sie waren schon einmal als Zuschauer bei der WM im Ally Pally. Wann und - vor allem - wie war das? Gab es Gänsehaut-Momente?

Das war bei der WM 2016/17. Es war natürlich klasse, einmal selbst vor Ort zu sein - wenn auch nur als Zuschauer. Schon die Anreise war speziell. Der Ally Pally liegt etwas außerhalb von London auf einem Hügel. Wenn man diesen hoch geht und dann das erste mal die aus dem Fernsehen bekannte Fassade erblickt, kriegt man schon eine leichte Entenpelle.

Es hat eine Tradition, dass viele Darts-Fans bei den großen Events verkleidet sind. Waren Sie das auch?

Ich hatte nur ein bunt geringeltes T-Shirt in unseren Vereinsfarben an. Den Vogel abgeschossen haben damals die Jungs in den jamaikanischen Cool-Runnings-Anzügen. Die hatten sogar einen Schaumstoff-Bob mit im Ally Pally.

Der „Iceman“ Gerwyn Price aus Wales hat im Januar 2021 den WM-Titel erobert und geht als Titelverteidiger an den Start. Wer gewinnt dieses Jahr? Geben Sie einen Tipp ab?

Wenn man sich die Sieger der großen Turniere in diesem Jahr anschaut, stechen drei Namen hervor: Neben Gerwyn Price sind das sein walisischer Kumpel Jonny Clayton und der Schotte Peter Wright, vielen sicherlich durch seine bunten Haare bekannt. Durch die relativ lange Pause vor dem Turnier ist es aber immer schwer zu sagen, wer wie gut drauf ist. Dadurch und durch ein paar andere Besonderheiten bei der WM kommt es in den ersten Runden zu vielen Überraschungen, von denen auch die größten Namen nicht verschont bleiben. Ich lege mich jetzt mal einfach auf „Snakebite“ Peter Wright fest.

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Gabriel Clemens, Florian Hempel, Fabian Schmutzler und Martin Schindler vertreten die deutschen Farben. Was trauen Sie dem Quartett zu?

Gaga (Gabriel Clemens) ist der 25. der Weltrangliste. Das Sechzehntelfinale ist also „Pflicht“. An einem guten Tag kann er jeden schlagen. Schindi (Martin Schindler) musste sich am Anfang der Saison erst ein mal seine Tour-Card, also quasi seinen Profi-Status, zurück erspielen. Seitdem spielt er ein gutes Jahr - sogar mit einem Erfolg über den Weltmeister Gerwyn Price. Aus deutscher Sicht ist das Erstrunden-Duell zwischen Schindler und WM-Debütant Florian Hempel interessant. Mit der besonderen Atmosphäre wird Hempel als ehemaliger Handball-Zweitligaspieler nicht so große Probleme haben. Fabian Schmutzler löst mit 16 Jahren den Deutschen Max Hopp als zweitjüngsten WM-Teilnehmer aller Zeiten ab. Für ihn geht es darum, Erfahrungen zu sammeln.

Kennen Sie jemanden aus dem 96-köpfigen Teilnehmerfeld persönlich? Haben Sie schon einmal gegen eines der Asse gespielt?

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Bei der Youth Tour habe ich zwei Mal ein paar Runden überstanden. Da war dann einer meiner Gegner der Niederländer Dirk van Duijvenbode. Ich habe das Spiel mit 2:4 verloren, nachdem er im letzten Leg zwei 180er geworfen hatte. Mittlerweile ist er die Nummer 17 der Weltrangliste. Martin Schindler hat mich im entscheidenden Spiel um die Junioren-WM-Teilnahme 2016 vom Board gespielt. Schindi war übrigens vor einem der European-Tour-Turniere in Mülheim einmal bei uns im „Schrägen Eck“ beim Training. Nach neun Stunden Autofahrt mit Stau stieg er aus dem Auto und warf mit den ersten drei Darts eine 180.

Haben Sie ein Vorbild oder einen Lieblingsspieler?

Ich glaube, dass sich jeder Dart-Spieler etwas bei Phil Taylor abgeschaut hat. Bei den legendären Duellen gegen Raymond van Barneveld habe ich aber immer zu Barney gehalten. Der war immer der große Herausforderer im Duell mit der perfekt geölten Siegmaschine. Gary Anderson ist auch ein Spieler, dem ich tagelang beim 180er-Werfen zusehen könnte.

Seit 2010 beim 1. DCM

Steffen Böhmer ist in Essen geboren und in Mülheim aufgewachsen. Mittlerweile wohnt der 28-Jährige in Bonn. Dennoch spielt er - seit 2010 - weiterhin für den 1. DC Mülheim in der NRW-Liga.

Als Jugendlicher stand er für kurze Zeit unter den Top 50 in der Junioren-Weltrangliste. Seine größten Erfolge mit dem DCM waren der Aufstieg in die 1. NRW-Liga, zweithöchste Klasse in Deutschland, und das Erreichen des NRW-Pokalfinals 2018. Die ganz großen Zeiten des 1. DC Mülheim liegen länger zurück. Zwischen 1993 und 1999 wurde der Verein sechs Mal deutscher Mannschaftsmeister.

Wann und wie sind Sie zum Darts gekommen? Was fasziniert Sie an diesem Sport?

Meine Eltern hatten früher eine E-Dart-Scheibe im Keller hängen. Da habe ich ab und an gespielt. Richtig los ging es, als unser Vereinspräsident seinem Sohn, unserem heutigen Team-Captain Christoph Hesse, einem weiteren Freund und mir zum Geburtstag je einen richtigen Satz Darts geschenkt hat. Bei der darauffolgenden WM haben wir dann gar nichts anderes mehr gemacht. Das ist jetzt zwölf Jahre her. Das Faszinierende an dem Sport ist für mich, dass dieses Spiel im Prinzip so einfach ist und es jeder spielen kann. Bei der WM treten Damen und Herren, ein 16-Jähriger und ein 67-Jähriger in einem Turnier gegeneinander an. Hinzu kommt, dass ein gescheiter Satz Darts schon für 20 Euro zu kaufen ist. Das gibt es, glaube ich, so in keinem anderen Sport auf der Welt.