Region. Der Handball-Verband Sachsen unterbricht erneut den Spielbetrieb. Droht Ähnliches am Niederrhein und in Westfalen? 2G wäre wohl kein Problem.

Der Handball-Verband Sachsen hat entschieden, auf Verbandsebene den Meisterschafts- und Pokalmeisterschaftsspielbetrieb der Saison 2021/22 ab dem 19. November zu unterbrechen. Begründet wird dies mit dem Infektionsgeschehen im Freistaat. Droht Ähnliches auch wieder im Bereich des Handballverbandes Westfalen (HVW)? Andreas Tiemann, HVW-Vizepräsident Spieltechnik, kann sich das nicht vorstellen.

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Von Maximilian Lazar, Nadia Al-Massalmeh & Thomas Dieckhoff

„Wir haben“, sagt Tiemann, „in NRW und in Westfalen glücklicherweise andere Zahlen als in Sachsen.“ Daniel Krüger, Trainer der Handballer von Teutonia Riemke und Tim Deffte, der Leiter der Handballabteilung im VfL Gladbeck, weisen ebenfalls auf diesen ganz entscheidenden Unterschied hin.

Tatsache ist: In Sachsen lag die die 7-Tage-Inzidenz am 16. November bei 742,2 (NRW: 176,6) und die Hospitalisierung bei 6,01 (3,99). Ebenfalls wichtig: Vollständig geimpft waren – Stand 17. November – in Sachsen 57,6 Prozent der Bevölkerung (71,1) und mindestens einmal 59,7 Prozent (74,4). Und: Die 7-Tage-Inzidenz der Geimpften lag in Sachsen laut Sozialministerin Petra Köpping (SPD) am 16. November bei 62 und die der Nichtgeimpften bei 1718.

Viele Teams 100-prozentig durchgeimpft

HVW-Vize Andreas Tiemann betont: „Ich sehe der Ministerpräsidentenkonferenz entspannt entgegen.“ Was übrigens auch für die mögliche generelle Einführung einer 2G-Regelung gilt. Dem HVW, so Tiemann, seien viele Mannschaften bekannt, die 100-prozentig durchgeimpft sind.

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Laut eigenen Aussagen gilt das übrigens auch für die ersten Mannschaften von Teutonia Riemke und des TV Gladbeck. „Wenn die 2G-Regelung kommen sollte, wäre das bei uns problemlos umsetzbar“, sagt Daniel Krüger, der insgesamt guter Dinge ist, dass die Saison weitergespielt werden kann. „Bis zur Winterpause sind es ja nur noch ein paar Spiele. Die werden hoffentlich ohne größere Probleme stattfinden können“, so Krüger.

2G-Plus hält er da schon für schwieriger umsetzbar. „Wir trainieren drei bis vier Mal in der Woche. Am Wochenende finden die Spiele statt. Dann jeweils einen aktuellen Test vorzulegen, könnte schon einen ziemlichen Aufwand bedeuten“, so Krüger.

HVN diskutiert ebenfalls über neue Regelungen

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Im Handballverband Niederrhein wird ebenfalls über Corona und eine mögliche 2G-Regelung diskutiert, der Verband gibt sich noch zurückhaltend. „Wir werden weiterhin vorsichtig agieren, haben aber ganz andere Bedingungen als im vergangenen Jahr. Es wäre kurios, wenn wir jetzt die einzigen wären, die den Spielbetrieb einstellen“, sagt HVN-Präsident Ernst Wittgens. Im vergangenen Herbst waren es die Handballer, die als erstes reagierten und ihren Sportlerinnen und Sportlern eine Zwangspause verordneten. Noch bevor es die Regierung anordnete.

Beim HVN wolle man abwarten, bis es klare Signale von der Landesregierung gibt. Auch Tom Strack, Trainer des Mülheimer Verbandsligisten HSG Mülheim/Styrum mahnt, die Situation differenziert zu betrachten, die Tendenzen in Sachsen und NRW seien noch zu unterschiedlich.

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Gefahr für die Umsetzung im Trainings- und Spielbetrieb sieht er nicht, wobei die HSG ebenfalls abwarten will, bis es konkrete Vorschriften und Regelungen gibt. Zumal sie ja in dieser Woche ein Auswärtsspiel hat. Strack hat aber auch noch einmal an seine Spieler appelliert, „bitte nicht auf jede Fete zu gehen“ und sich im Zweifelsfall auch zusätzlich testen zu lassen. „Eine Impfung ist eben kein Freifahrtsschein“, sagt er.

SG ETSV Ruhrtal Witten hat schon reagiert

Bei der SG ETSV Ruhrtal Witten hat man bereits umgehend auf die aktuell hohen Inzidenzwerte reagiert. Darum wird das Nachholspiel in der Damen-Verbandsliga am Donnerstagabend ohne Zuschauer ausgetragen. Auch 2G-Regelungen hält Sabine Dominik, Handball-Abteilungsleiterin des ETSV Witten, für gut durchführbar: „Wir haben bei den bisherigen Heimspielen ja immer schon alle Besucher kontrolliert, auch die gegnerischen Mannschaften“, sagt Dominik. Kritisch gibt sie allerdings zu bedenken, dass man die 2G-Regelung nicht auch gleichsam auf den Kinder- und Jugendsport anwenden könne. „Wenn das so weit kommt, kann man den Laden dann dort zumachen.“

Dieser Aspekt ist HVW-Vize Andreas Tiemann ganz besonders wichtig: „Es wäre eine Katastrophe, wenn der Kinder- und Jugendsport wieder dicht gemacht würde. Die Kinder und Jugendlichen haben eineinhalb Jahre nichts gemacht und es ist wichtig, dass sie wieder in den Hallen und auf den Fußballplätzen sind. Sollte es in diesem Bereich erneut einen Lockdown geben, werden wir die Kinder und Jugendlichen für den Sport verloren haben. Ich glaube aber nicht, dass das passiert.“

Saison irgendwie zu Ende bringen

Beim Männer-Oberligisten TuS Bommern hat man das Konzept mit 2G zuletzt schon beim Heimspiel gegen den Soester TV angewendet. „Für uns würde sich insofern auch gar nichts ändern“, sagt Handball-Abteilungsleiter Thomas Hitzemann. Auch er hofft, dass die kommenden Wochen bis zur Weihnachtspause gut über die Bühne gehen und dass der Spielbetrieb nicht irgendwann wieder eingestellt wird.

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Das hofft auch Gladbecks-Handballchef Tim Deffte, denn: „Einen zweiten Lockdown würde der organisierte Vereinssport nicht überleben.“ Ähnlich sieht es auch Daniel Krüger von Teutonia Riemke: „Wichtige Sponsoren könnten bei einem erneuten Saisonabbruch abspringen, Ehrenamtliche und Helfer könnten komplett die Lust verlieren, und womöglich beenden einige ältere Spieler vorzeitig ihre Laufbahn.“ Krüger glaubt, dass besonders kleinere Vereine mit einem Abbruch schwer zu kämpfen hätten. Er und viele Handball-Kollegen hoffen deshalb, dass die Saison irgendwie zu Ende gebracht werden kann. Notfalls auch vor leeren Rängen.