Speldorf. Seit einem Jahr ist Marcel Weiß beim Stall Diana. Ein Jahr voller besonderer Momente - mit Lockdowns, Geisterrennen und Überraschungs-Erfolgen.
Der November-Lockdown hat die Pferdesport-Trainer auf dem Gelände der
Raffelberger Bahn
längst nicht so hart getroffen wie noch im Frühjahr dieses Jahres. Dennoch hat sich
Marcel Weiß
seine ersten zwölf Monate als Cheftrainer in Speldorf ganz anders vorgestellt. Ein Besuch im
Stall Diana.
Marcel Weiß erzählt von der Ungewissheit aus dem Frühjahr; davon, dass niemand vorhersehen konnte, ob es im Sommer 2020 überhaupt Pferderennen geben werde. Die ganze Branche war plötzlich einem großen Risiko ausgesetzt, hatte Sorge vor einem Zusammenbruch — nicht zuletzt aufgrund der Gefahr, dass viele Sponsoren verloren gehen könnten.
Nun — acht Monate später — ist der Trainer schon wesentlich entspannter. Das Saisonende ist für die meisten Vollblüter bereits erreicht. Auf den Trainingsalltag hat die aktuelle und im Vergleich zu den Vormonaten strengere Verordnung keinen zusätzlichen Einfluss.
Pferderennen ohne Zuschauer - „da fehlt etwas“
Für die nahe Zukunft wünscht sich der 44-Jährige aber wieder Renntage mit Zuschauern vor Ort. Geister-Renntage seien wichtig, aber kein bisschen stimmungsvoll. „Im März herrschte bei uns allen eine große Unsicherheit. Plötzlich sind alle Rennen abgesagt worden. Niemand wusste, wie lange dies anhalten werde und und wie man damit umgehen solle. Die Pferde waren gerade auf die Saison vorbereitet worden. Immerhin gab es dann eine Lösung dank umfangreicher Hygienemaßnahmen für Renntage ohne und dann mit wenigen Zuschauern“, fasst Marcel Weiß zusammen.
Mittlerweile mussten die Galoppsport-Fans auf den Rennbahnen wieder ausgeschlossen werden. Weiß:
„Natürlich können wir froh sein, dass überhaupt Leistungsprüfungen abgehalten werden dürfen. Aber Pferderennen ohne Zuschauer!? Da fehlt etwas.“
Am Raffelberg sollen bald 55 Pferde auf Rennen vorbereitet werden
Auf der Zielgeraden der Saison 2020 sind für die von Marcel Weiß zum größten Teil für das Gestüt Auenquelle betreuten Pferde ohnehin nur noch vereinzelte Starts vorgesehen. Im Trainingsdomizil am Raffelberg werden derzeit 42 Vollblüter auf Rennen vorbereitet. Bald soll sich die Zahl auf etwa 55 erhöhen, weil junge Pferde in den Stall einrücken werden.
Agenda und Reine des Fleures dürfen noch ihr
Heimspiel am Sonntag, 6. Dezember
, genießen. Möglicherweise kommen zudem am Mülheimer Weihnachtsrenntag (26. Dezember) weitere von Weiß vorbereitete Pferde zum Einsatz — wenn es denn weiterhin gestattet ist, Rennen durchzuführen.
Marcel Weiß und der Pferdesport: Liebe auf dem ersten Blick
Seit genau einem Jahr ist Marcel Weiß Trainer des traditionsreichen Stalls Diana. Im Alter von 13 Jahren konnte er bei einem privaten Besuch auf der Rennbahn Berlin-Hoppegarten einen Blick hinter die Kulissen des schnellen Pferdesports werfen. Bereits ein Jahr später begann er seine Jockey-Ausbildung, die er als 17-Jähriger erfolgreich beendete.
„
Als ich zum ersten Mal auf einem Rennpferd saß, war ich direkt Feuer und Flamme für diesen Sport. Die Schnelligkeit, die Geschwindigkeit — das hat mich sofort begeistert
“, erinnert sich Marcel Weiß. Den Beruf als Jockey hat Marcel Weiß gar nicht ausgeübt, mit 1,87 Metern war er schlichtweg zu groß geworden.
Der gebürtige Berliner zog vor 20 Jahren nach Mülheim, war hier 14 Jahre lang Assistenztrainer der Trainer-Legende Uwe Ostmann und sechs Jahre lang unter Jens Hirschberger tätig. Heute wohnt er mit seiner Frau und den beiden Kindern direkt neben dem Stallgebäude auf dem Raffelberger Gelände. „Ich bin gern in Berlin. Aber wohnen bleiben möchte ich am liebsten immer in Mülheim. Die Stadt liegt zentral zwischen Großstädten, und dennoch ist es schön ruhig hier. Zudem ist die Zusammenarbeit mit dem Rennclub Mülheim ausgezeichnet. Wir Trainer können unter sehr guten Bedingungen arbeiten“, so Weiß.
Erste Erfolge wurden schon eingefahren
In seinem ersten Jahr als Cheftrainer des Stalls Diana kann Marcel Weiß schon auf einige beachtliche Erfolge zurückblicken. Der von ihm vorbereitete Torquato Tasso, benannt nach einem italienischen Dichter aus dem 16. Jahrhundert, galoppierte im Juli beim Deutschen Derby, wichtigstes nationales Rennen für dreijährige Pferde, unter Jockey Jack Mitchell als — so Marcel Weiß —
„chancenreicher Außenseiter“ im spannenden Finish auf den zweiten Platz.
Dass es in Hamburg keine Eintagsfliege war, bewies der Hengst mit Lucas Delozier im Sattel Anfang Oktober beim Sieg in einem Gruppe-I-Rennen in Berlin-Hoppegarten. Zudem gab es noch zwei Siege für den Stall Diana bei zwei weiteren Grupperennen.
Für seine zweite Saison als Trainer wünscht sich Marcel Weiß, dass seine Pferde an die gute Form anknüpfen werden. Aber noch wichtiger: „Ich hoffe, dass wir die Pandemie in den Griff bekommen. Noch blicken wir ins Ungewisse.“
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