Ruhrgebiet. Spielbetrieb trotz Corona: Egal ob Kreisliga oder Oberliga, die Fußballsaison beginnt. Welche Regeln gelten und was bei Corona-Infektionen droht.
- Am 6. September beginnt die Saison im Amateurfußball in den Verbänden Niederrhein und Westfalen – durch die Corona-Pandemie wird es einige Änderungen geben
- Das wichtigste ist: Bislang waren die Sportplätze alles andere als Corona-Hotspots, im Gegenteil: Auch nachweislich infizierte Spieler haben niemanden angesteckt.
- Nicht nur auf Vereine und Verbände kommen besondere Herausforderungen zu: Auch die Zuschauer lernen ein neues Sportplatz-Erlebnis kennen.
Fußball-Landesligist SpVgg Herne-Horsthausen hat am Wochenende einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie die Fußballsaison während der Coronavirus-Pandemie aussehen könnte: Da es beim Gegner einen Verdachtsfall gab, wurde ein Testspiel ganz kurzfristig abgesagt. Trainer Marc Gerresheim sagte: „Ich denke, dass sowas auch in der kommenden Saison immer wieder passieren kann. Darauf sollte man sich schon mal einstellen.“
In einer Woche, am 6. September, beginnt in den Verbänden Niederrhein und Westfalen die Saison im Amateurfußball, von der Oberliga bis zur Kreisliga D. Vor dem Start gibt es viele Fragen: Wie wird die Saison 2020/21 von der Corona-Pandemie beeinflusst? Sind Fußballerinnen und Fußballer besonders infektionsgefährdet? Droht bei steigenden Zahlen ein erneuter Abbruch? Worauf müssen die Zuschauer achten?
Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zum Start der Saison 2020/21 unter Einfluss der Corona-Pandemie:
Corona & Fußball: Wie läuft die Saison-Vorbereitung?
Die Vorbereitung wurde bei einigen Vereinen durchaus von Corona beeinflusst: In fast allen Städten wurden Spiele abgesagt, ganze Mannschaften mussten in Quarantäne, komplette Vereine stellten zwischenzeitlich den Trainingsbetrieb ein. Trotzdem haben die Fußballerinnen und Fußballer allen Grund zum Optimismus.
Denn die genannten Fälle sind Einzelfälle. Die überwiegende Masse der Test- und Freundschaftsspiele ging zwar unter erschwerten Bedingungen, aber letztlich doch reibungslos über die Bühne. „Auch wenn ich nicht von allen Kommunen weiß, wie die Sichtweise ist, weil das regional sehr unterschiedlich sein kann: Wir sind im Großen und Ganzen zufrieden mit den Freundschaftsspielen“, sagt auch Manfred Schnieders, Vizepräsident Amateurfußball im Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen.
Die Zahl positiver Tests ist höher als vor einigen Wochen. Ist der Saisonstart in Gefahr?
Es gab eine Zeit, da habe er Bauchschmerzen gehabt, räumt Schnieders zwar ein – seit zwei Wochen werde er aber immer optimistischer. „Am Anfang haben uns Beschwerden von Vereinen erreicht, dass die Gegner sich überhaupt nicht an die Regeln halten würden. Aber das hat sich besser eingespielt, inzwischen überwiegt die positive Stimmung.“
Tatsächlich: Listen am Sportplatz-Eingang sind inzwischen Standard, an Eingängen und Verkaufsständen muss bei einigen Vereinen Maske getragen werden, wenn der Abstand unterschritten wird. Ob und wie die Kabinen zu benutzen sind, entscheiden die Vereine lokal mit den Kommunen.
Corona ist die neue Normalität, auch auf dem Sportplatz – so wie überall brauchten einige hier etwas mehr Eingewöhnungszeit als andere. Nach aktuellem Stand spricht aber nichts gegen einen Saisonstart.
Wie hoch ist die Infektionsgefahr für Fußballerinnen und Fußballer?
Das wichtigste Argument pro Fußball: Obwohl mehrere Fälle bekannt sind, in denen infizierte Spieler auf dem Feld standen – die Befürchtung, es könne ein Kreisliga-Corona-Cluster entstehen, ist bisher nicht eingetreten. Im Gegenteil: „Es gibt keinen nachgewiesenen Fall, bei dem das Virus auf dem Spielfeld übertragen wurde“, so Schnieders.
Einleuchtende Erklärungen dafür: Wer schwer erkrankt und damit auch sehr ansteckend ist, wird wohl kaum krank zum Sport kommen. Und: Fußball ist zwar Kontaktsport, an der frischen Luft (und damit auf dem Sportplatz) ist eine Ansteckung aber viel unwahrscheinlicher als in geschlossenen Räumen.
Wenn ein positiver Fall bekannt wurde, haben die Vereine meist schnell und konsequent gehandelt, Spiele und Einheiten abgesagt, es wurde getestet, Quarantäne eingehalten, am Ende mit dem gleichen Ergebnis: negative Tests.
Wie reagieren die Kommunen auf positive Fälle bei Fußballern?
Wer Kontaktsport mit einem nachweislich Infizierten betreibt, ist nach der Kategorisierung des Robert-Koch-Instituts eine Kontaktperson der Gruppe 1. Eine WAZ-Umfrage vor einigen Wochen hat ergeben, dass die meisten Gesundheitsämter ähnlich vorgehen und grundsätzlich Quarantäne anordnen , bis es einen negativen Test gibt.
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Die Kontaktverfolgung geht also auch auf dem Sportplatz weiter und kann im Zweifel auch zu einer gegensätzlichen Entscheidung führen. Extrembeispiel: wenn ein Torwart nach dem Spiel positiv getestet wird, ist im Normalfall kaum davon auszugehen, dass für den Torwart der anderen Mannschaft ein erhöhtes Ansteckungsrisiko bestand.
Einen Überblick mit den Stellungnahmen und geplanten Maßnahmen der Gesundheitsämter in der Region lesen Sie hier.
Wie geht der Verband mit der Corona-Situation um? Worauf müssen Vereine achten?
Für die Funktionäre der Verbände waren die vergangenen Monate Schwerstarbeit. Gemessen an der Einmaligkeit und Unplanbarkeit der Saison haben Sie diese Aufgabe – rückwirkend betrachtet und nach anfänglichen Schwierigkeiten – sicher gut erfüllt. Das gilt für den Saisonabbruch, bei dem Regeln großzügig ausgelegt wurden und der auf überwältigende Zustimmung der Vereine stieß, die waren nämlich ausführlich in den Prozess mit eingebunden.
Auch für die neue Saison mussten die Regularien geändert werden: Angedacht war eine Regel, dass eine Mannschaft ein Spiel absagen kann, wenn sie fünf Atteste aufgrund von Covid-19 (positive Tests, Verdachtsfälle, Quarantäne) vorweisen kann. Das wurde aber wieder verworfen. „Am Ende wird es immer wieder eine Einzelfallentscheidung geben“ erklärt Manfred Schnieders, „eine starre Regelung wäre in dieser Situation nicht das Richtige gewesen.“
Schnieders kündigt an, dass alle Vereine dazu noch Informationen bekommen, zum Beispiel zur Meldekette. „Da kommt noch was, die Verantwortlichen kriegen etwas an die Hand, damit alle sicher Bescheid wissen“, so Schnieders: „Erst war es wichtig, die Regularien zu ändern. Jetzt gilt es bis zum Start die Feinheiten zu erledigen.“
Werden Nachholspiele ein Problem? Warum ist die Oberliga ein Sonderfall?
Spielausfälle und entsprechende Nachholspiele gibt es in jeder Saison, das ist nichts Neues – und in fast allen Ligen ist auch genug Platz im Spielplan, da die Saison 2020/21 zwar erst im September beginnt, aber bis in den Juni 2021 andauern soll. Problematisch könnte es aber vor allem in der Oberliga werden. In Westfalen gibt es in dieser Saison ausnahmsweise 21 Oberligisten, am Niederrhein sogar 23.
Zwischen dem ersten und 42. Spieltag gibt es in Westfalen zum Beispiel nur sechs oberliga-freie Wochenenden: Den Totensonntag im November sowie die Winterpause – die beginnt nach dem vierten Advent und endet mit dem 18. Spieltag Ende Januar. Die „Winterpause“ wird für die Fußballer wohl kaum mehr als ein kurzer Weihnachts- und Neujahrsurlaub sein.
Sechs englische Wochen hat der westfälische Verband dazu eingeplant . Beliebte Nachholspieltage wie Karneval, Gründonnerstag oder Ostermontag sind schon fest verplant. Dazu kommt das normale Programm im Kreis- und Westfalenpokal, obendrauf wetterbedingte Spielverlegungen.
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Es wird also eine schwierige, aufreibende, sportlich und organisatorisch komplizierte Saison. Vermutlich werden Absagen und Verlegungen für Ärger sorgen, womöglich den Wettbewerb verzerren. Die Vereine haben sich allerdings mit großer Mehrheit für genau diesen Modus entschieden. Wenn alles gut geht, gibt es im Juni ein Saisonfinale bei Sommerwetter mit vollen Sportplätzen und Stadien.
Alles zur Abstimmung über den Oberliga-Modus lesen Sie hier
Und wenn die Saison wieder abgebrochen werden muss?
Die Lage bleibt schwer vorherzusehen – es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Verschärfung der Kontaktbeschränkungen (oder etwas anderes) einen erneuten Saisonabbruch erzwingt.
Das Verfahren zu Abbruch und Wertung der Spielzeit zog sich im Frühling und Frühsommer auch deshalb so lang, weil ein Abbruch nirgendwo in den Regularien und Bestimmungen vorgesehen war. Das soll in Zukunft anders laufen, hat der Verband angekündigt.
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Sollte es künftig zu einem Saisonabbruch kommen, gibt es zwei Szenarien. Wenn die Hinrunde nicht beendet ist, wird eine Saison annulliert. Erfolgt der Abbruch, so wie in diesem Frühjahr, im Laufe der Rückrunde, gibt es eine Quotientenregelung.
Ein Interview mit dem Vorsitzenden im Verbands-Fußballausschuss Reinhold Spohn lesen Sie hier
Was ist mit den Zuschauern am Spielfeldrand? Gibt es neue Regeln?
Ein Besuch auf dem Sportplatz ist vielerorts nicht mehr so unkompliziert möglich wie bis vor einigen Monaten. Zur Kontaktverfolgung liegen Listen aus, einige Clubs setzen auf digitale Lösungen. An einigen Stellen, wo Abstände nicht eingehalten werden können, herrscht Maskenpflicht (Eingang, Verkauf). Die wird nicht immer konsequent eingehalten – letztlich ist das aber nichts anderes als zum Beispiel beim Einkauf im Supermarkt, nur eben an der frischen Luft.
Manfred Schnieders appelliert trotzdem an die Vereine: „In der Masse kommt es zu keinen brenzligen Situationen. Aber wir wissen, dass der Fußball wahrgenommen wird und auch ein Beispiel geben kann: Wenn wir uns vernünftig verhalten, ist das ein Signal an alle.“
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Das geht besonders an die Vereine, die zum Beispiel die Einhaltung von Abständen oft nur lasch kontrollieren – dicht gedrängte Zuschauerreihen am Rand geben kein gutes Bild ab. Dabei gibt es für Social Distancing kaum einen besseren Ort als den Sportplatz, wenn man sich mit Abständen um die Bande herum oder auf der Tribüne verteilen kann.
In der Bundesliga gibt es nur Geisterspiele. Strömen die Fans auf die Amateurplätze?
Von einem riesigen Zuspruch kann wohl keine Rede sein, aber: Besonders bei den ersten Tests im Juli merkten viele Clubs, dass plötzlich mehr Zuschauer bei Testspielen da waren als früher in der Liga. Das liegt vielleicht auch ein wenig am Zuschauerausschluss in den Profiligen, vor allem aber wohl eher daran, dass auch andere Freizeit-Aktivitäten eingeschränkt waren und immer noch sind. Dazu ist man beim Fußball an der frischen Luft, wo die Ansteckungsgefahr geringer ist.
Gravierende Änderungen für Zuschauer gibt es aber wohl in den höheren Amateurligen, wo regelmäßig mehr Zuschauer als die treuen Kreisliga-Rentner kommen: Da die Corona-Schutzverordnung die Zuschauerzahl bei Sportveranstaltungen auf 300 beschränkt, setzen viele Vereine auf Dauerkarten und Vorverkauf, um zu verhindern, dass es Schlangen an den Kassen gibt und am Ende Leute draußen bleiben müssen.
Warum der spontane Sportplatzbesuch in Zukunft schwieriger wird, lesen Sie ausführlich hier
Wer sonntags auf den Platz will, sollte sich also mit etwas Vorlauf informieren, ob es ein bestimmtes Einlass- und Ticketing-Verfahren gibt. Die Clubs geben sich dabei alle Mühe, Infos zu verbreiten um es den Anhängern so leicht wie möglich zu machen: Auch sie sind einfach froh, dass es in wenigen Tagen endlich wieder um Punkte gehen kann. Auch wenn die Pandemie alles andere als ausgestanden ist.
Kommentar: Dass so schnell wieder Fußball gespielt würde, war vor einigen Monaten keine Selbstverständlichkeit.
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