Gladbeck. Bis vor ein paar Monaten drehte sich im Leben von Topschwimmerin Jessica Steiger (VfL Gladbeck) nahezu alles nur um den Sport. Das war einmal.
Das Weihnachtsfest feiert sie dieses Mal anders als in den vergangenen Jahren. Training am ersten oder zweiten Feiertag ist nämlich nicht. „Ich werde gut essen und auf der Couch liegen“, sagt Jessica Steiger und lacht. Dieser flotte Spruch beweist, die vielmalige Deutsche Meisterin im Schwimmen ist längst im richtigen Leben angekommen.
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Früher hätte die heute 29-jährige Gladbeckerin spätestens am 26. Dezember wieder Kacheln gezählt, dabei immer die nächsten nationalen oder internationalen Titelkämpfe vor Augen. Zehn Einheiten in der Woche standen auf Jessica Steigers Programm und sogar elf, wenn sie im Trainingslager war. Aber das war einmal.
Jessica Steiger hält den Deutschen Rekord über 200 Meter Brust
„Mehr als drei- oder höchstens viermal in der Woche schaffe ich es nicht mehr zum Training“, sagt heute die VfLerin, die nach wie vor den Deutschen Rekord über 200 Meter Brust (2:25,00 Minuten) hält. Inzwischen genießt nämlich nicht mehr der Sport die höchste Priorität, sondern die Arbeit. Außerdem gilt es, gemeinsam mit ihrem Marco, den Jessica Steiger im vergangenen Jahr geheiratet hat, einen Haushalt zu schmeißen.
Seit September verdient Jessica Steiger ihre Brötchen beim Gladbecker Jugendamt. Sie gehört dem Team 2 des Allgemeinen Sozialen Dienstes an und ist seither viel im Süden unserer Stadt unterwegs – stets im Austausch mit Kindern, Eltern und Trägern sozialer Einrichtungen.
Das Schwimmen steht bei Steiger nur noch an dritter Stelle
„Das ist eine ganz andere Welt als die, die ich von zu Hause kenne“, sagt die WM- und EM-Teilnehmerin – fordernd und anstrengend ist diese Tätigkeit, in der es um Erziehung und Kinderschutz geht, natürlich auch. „Die Tage“, berichtet Jessica Steiger, „sind manchmal lang. Hin und wieder bin ich ausgelaugt.“ Ungeachtet dessen betont sie: „Die Arbeit macht mir aber mega Spaß.“
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Der Sport, das Schwimmen, um das sich in den vergangenen Jahren fast alles drehte bei Jessica Steiger, steht nur noch an dritter Stelle. Ihre Karriere beenden möchte sie aber noch nicht. Und so wird die VfLerin zu Beginn der nächsten Woche – sie hat dann ein paar Tage Urlaub – regelmäßig in der Traglufthalle vorbeischauen, um am Training des VfL unter der Regie des neuen Coaches Heiko Fikenzer teilzunehmen.
Die Coronazeit war auch für Jessica Steiger hart
Das nächste Ziel sind die Deutschen Mannschaftsmeisterschaften, die im Februar ausgetragen werden sollen. „Hoffentlich finden sie statt“, sagt Jessica Steiger, für die die zurückliegende Coronazeit schon schwer genug war.
Als Kaderathletin durfte die Gladbeckerin zwar fast die ganze Zeit trainieren. Aber es sei hart gewesen, immer alleine zu sein bei den Einheiten: „In der Traglufthalle habe ich morgens mit meinem Trainer Marcel Karow das Licht angemacht, trainiert und dann das Licht wieder ausgemacht. Es war einfach still, und es war niemand da, mit dem man mal quatschen konnte.“
Das Olympia-Aus hat Jessica Steiger verarbeitet
Das Coronajahr ist natürlich auch aus einem anderen Grunde sehr hart gewesen für Jessica Steiger. Durch die Verschiebung der Olympischen Spiele kam ihre Lebensplanung komplett durcheinander. Alles war ausgerichtet auf den Sommer 2020, die sportlichen Vorbereitungen, der Berufseinstieg und auch die Hochzeit.
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Dass sie sich für die Spiele 2021 in Tokio nicht qualifizieren konnte und damit ihr großer Traum nicht in Erfüllung gegangen ist, hat sie nach eigener Aussage inzwischen verarbeitet. „Das Thema ist abgeschlossen“, sagt Jessica Steiger. „Man kann es ja nicht mehr ändern. Und wenn ich in stillen Stunden doch noch einmal daran denke, versuche ich, es wegzuschieben.“
An den Weihnachtstagen wird nicht trainiert
Nach der verpassten Quali machte sich die 29-Jährige aber doch auf Ursachenforschung: „Ich war in der Sportklinik in Hellersen, die Fachleute haben gesagt, dass ich meinen Körper überbelastet habe.“ Sie habe den Fehler gemacht und zu hart trainiert.
Das war ihr anderes Leben, das der Leistungssportlerin. Inzwischen ist Jessica Steiger längst im richtigen Leben angekommen, in dem beispielsweise gemeinsam verbrachte Festtage mit ihrem Marco und der Familie wichtiger sind als Trainingseinheiten in der Traglufthalle.