Gladbeck. Um dort hinzukommen, wo der TC Haus Wittringen nun ist, musste ein langer Weg beschritten werden. Maßgeblich dafür verantwortlich ist Ion Geanta.
Der Tennissport ist nicht der Liebling aller Deutschen. Geradezu stiefmütterlich behandelt wird er in weiten Teilen. Immer wieder gibt es Vereine, die sich auflösen. Einer, der sich dagegen wehrt und leidenschaftlich für mehr Aufmerksamkeit für den Sport um den gelben Filzball ringt, ist Ion Geanta.
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Als der Trainer des TC Haus Wittringen vor vier Jahren in Gladbeck aufschlug, beeindruckte ihn zwar die Anlage am Schloss Wittringen, die er als „unglaublich“ bezeichnet, die sportliche Leistungsfähigkeit war jedoch – gelinde gesagt – ausbaufähig.
„Wir hatten hier so gut wie nichts“, sagt Geanta, wenn er auf die damalige Zeit zurückblickt. Der Fokus lag ganz klar auf dem Breitensport beim TCHW.
TC Haus Wittringen richtete einst große Turniere aus
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Und das, obwohl der Leistungssport im Klub durchaus Tradition hat, wie Dieter Martin, der seit 35 Jahren Clubmitglied ist, berichtet. 1986 trat er dem TCHW bei, der damals einige hochklassige Turniere ausrichtete wie die Westfalenmeisterschaften 1998 oder ITF WTC 40 und 45-Turniere mit Nationalmannschaften. „Doch dann kam ein Knick. Als diese großen Ereignisse wegfielen, fehlten die Ankerpunkte. Wir sind zu Schulen gegangen und haben motorische Schulungen gemacht, um zu sehen, wie weit die Kinder sind. Wir waren schon sehr aktiv, es hat aber nicht gegriffen. Es fehlten Menschen, die die Fähigkeit und das Wissen um den Sport haben, um mehr umzusetzen“, sagt Martin.
Menschen wie Ion Geanta. Lange dümpelte der Tennissport beim TCHW ein wenig im Schatten. Bis Geanta über den Kontakt zum ehemaligen Sportwart Samir Saadeldin in Gladbeck ankam und den einen oder anderen erst einmal mit damals kühn erscheinenden Zielen vor den Kopf stieß.
Überzeugungsarbeit war extern und intern nötig
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„Ich hatte die Idee, dass die Herren irgendwann in der Regionalliga spielen und die Frauen in der Westfalenliga. Wenn man sich in diesen Ligen bewegt, ist man in Deutschland sehr bekannt. Man muss ja nicht Jahr für Jahr eine Liga aufsteigen. Aber ein Ziel muss man schon haben“, so Geanta. Er brachte damals ein neues Konzept und frischen Wind in den Verein, gibt aber auch zu, dass der Weg dorthin, wo der Klub jetzt steht, steinig war, er gegen einige Windmühlen ankämpfen musste.
Statt Konservatismus wollte er eine Revolution: Raus aus der Bequemlichkeit, hin zum Aktivismus. Der Fokus sollte nicht mehr ausschließlich auf dem Breitensport, sondern nun auch wieder auf Leistungssport liegen. Dafür brauchte es allerdings Unterstützung von auswärts.
„Wenn alle Leute aus unserem Verein oder aus der Gegend hätten kommen müssen, hätten wir lange auf Erfolg warten müssen“, sagt Geanta ehrlich. Durch seine Kontakte – er war früher in Rumänien, bei der TG 49 Bochum, beim westfälischen Stützpunkt, beim TC Blau-Weiß Halle, in Neheim-Hüsten, in Versmold, für den Deutschen Tennis-Bund und seine Tennis Academy aktiv – konnte er Spieler aus Rumänien für die Mannschaften gewinnen, Sportwart Patrick Wesseling umwarb zudem erfolgreich Akteure aus Belgien und den Niederlanden. „Wenn man deutsche Spieler auf dem Level haben möchte, muss man sehr viel Geld investieren“, so Wesseling.
Erst die Spitze, um dann die Breite zu fördern
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„Die Idee war, dass wir uns sportlich nach vorne bewegen und intern eine größere Motivation für die Jüngeren aus dem Verein schaffen“, sagt Geanta. Denn dort gab es durchaus Resistenz und Skepsis über den eingeschlagenen Weg. Soll die Entwicklung nachhaltig gelingen, braucht sie nun einmal eine breite Unterstützung. „Aber ich habe – egal, wo ich gearbeitet habe – über die Jahre die Erfahrung gemacht, dass man sich als Verein erst einmal auf sportlicher Ebene entwickeln muss. Dann wird man eine Attraktion für viele weitere“, merkt Geanta an und Martin ergänzt: „Wenn ich einen Sportverein gründe, muss ich auch den Leistungsgedanken im Hinterkopf haben“. Der erste Schritt war eine Förderung der Spitze, um im zweiten Schritt auch mehr Breite zu bekommen.
Mittlerweile trägt diese Arbeit überregionale Früchte. Sportlich wie personell. „Mittlerweile kommen viele Jugendliche aus dem Bezirk zu uns und wollen hier trainieren, ohne dass wir sie ansprechen müssen. Sie kommen von sich aus“, sagt Patrick Weßeling. 120 Kinder sind nun beim TCHW im Training, so viele, dass der Verein teilweise im Winter in Buer-Bülse ausweichen muss.
Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg dorthin, war und ist das internationale U18-Jugendranglistenturnier der Kategorie 2, welches seit 2017 in Gladbeck ausgetragen wird und welches Geanta 2000 noch in Halle ins Leben rief. Früher spielten hier heutige Stars wie Angelique Kerber, Sabine Lisicki, Alexander Zverev oder Jan-Lennard Struff, vor gar nicht allzu langer Zeit aber auch die Dänin Clara Tauson, aktuell die Nummer 52 der Welt.
„Wir haben das Turnier hier, um Gladbeck bekannter zu machen. Es kommen Spieler und Spielerinnen aus der ganzen Welt. Die Bedeutung des Turniers ist auch beim DTB und bei der ITF groß“, ist Geanta stolz.
Der Vorstand geht den Weg mit
Dies ist sich auch der im Oktober gewählte Vorstand beim TCHW bewusst. Geanta: „Es ist wichtig, mehr Leute zu finden, die vom Sport begeistert sind. Wenn man sich bemüht, findet man diese Leute. Wenn man das Ziel vor Augen hat, sich zu verbessern und wenn sich rumspricht, dass hier gute Arbeit geleistet wird, kommen ambitionierte Spieler von ganz allein.“
Die Verantwortlichen gehen den eingeschlagenen Weg mit: „Entscheidend ist, dass die Schlüsselpositionen mit Leuten besetzt sind, die den Breitensport behalten wollen, aber auch nach vorne wollen. Denn Stillstand ist Rückschritt. Dann ziehen alle anderen vorbei. Wir können nur überleben, wenn wir nach vorne schauen“, sagt Martin.
Die bisherige Resonanz – auch von Eltern, deren Kinder bei den Turnieren in Gladbeck aufschlagen – sei „tiefgehend und berührend. Sie bedanken sich für die Organisation aber auch dafür, welch gutes Tennis hier gezeigt wird. Das versuchen wir auch in den Verein weiterzugeben. Es ist wichtig, solche Lichtpunkte zu haben, damit die Jugend Ziele hat, die sie erreichen möchte. Dass wir aber auch die Nischen für den Breitensport haben, ist selbstverständlich. Wir haben eine große Anlage, da ist für beides Platz.“