Gladbeck. Wacker Gladbeck feiert in diesem Jahr 100. Geburtstag. Wir haben mit Wacker-Urgesteinen gesprochen - nicht nur über längst vergangene Zeiten.
Wacker Gladbeck feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Wegen der Corona-Krise mussten jedoch alle Feierlichkeiten abgesagt werden. Wir haben mit einigen Wackeraner Urgesteinen über den Klub gesprochen.
Sieben Männer gründeten anno 1920 den Verein Wacker Butendorf
Zunächst aber ein flüchtiger Blick zurück. Deutschland im Jahre 1920: Die harten Jahre des 1. Weltkrieges hatten tiefe Wunden geschlagen, von den später so genannten „Goldenen Zwanzigern“ war noch nichts zu spüren. In der jungen Weimarer Republik sorgten Generalstreiks und Hungeraufstände für Unruhen, zudem hatte die als „Spanische Grippe“ bekannte Pandemie tiefe Spuren hinterlassen. Und irgendwo im Stadtteil Butendorf der gerade aus der Taufe gehobenen Stadt Gladbeck gründeten sieben Männer den Verein Wacker Butendorf.
Zu den Gründern gehörten Paul Wagner (später 1. Vorsitzender), Hermann und Josef Hasebrink, Karl Rattka, Karl Wolfram sowie die Gebrüder Kraft. Der Ursprung lag in der im Jahr zuvor gegründeten Sportabteilung des Jünglingsvereins der Pfarrei Heilig Kreuz Butendorf. 1922 schloss man sich der Deutschen Jugendkraft an, zum Präses und zum 1. Vorsitzenden wurde der katholische Kaplan Schmedding gewählt.
Siegmund Turri ist seit 1947 Mitglied von Wacker Gladbeck
In den folgenden Jahren kamen eine Schach-, eine Faustballabteilung und eine Turn- sowie Leichtathletik-Gruppe dazu. Die Fußballer trugen ihre Heimspiele auf dem Platz gegenüber dem Freibad aus. Bis zum Jahre 1970 gehörte der Klub dem DJK-Verband an, danach erst wurde er Mitglied im Deutschen Fußball-Bund (DFB). Noch ein halbes Jahrhundert später sollte glanzvoll das Hundertjährige begangen werden, wenn ein Virus namens Covid-19 nicht dazwischen gefunkt hätte.
Für einen scheint das Attribut „Urgestein“ noch zu kurz zu greifen. Seit 1947 liegt der Spielerpass von Siegmund Turri in der Wacker-Geschäftsstelle. Der 86-jährige ehemalige Bergmann („40 Jahre unter Tage“) hat seit kurzem kein Auto mehr, kann deswegen „leider nicht mehr bei Auswärtsspielen dabei sein“. Turri: „Aber wenn ich gesund bin, gucke ich mir die Heimspiele schon an.“ Er durchlief alle Jugendmannschaften und absolvierte 1952 das erste Spiel in der Erstvertretung. „Mein Trainer war damals Jupp Krotzek“, erinnert er sich. Drei Jahre lang trainierte er sogar die Erste, ansonsten bildete er Schüler- und Jugendmannschaften aus: „Ob Grosch, Malinak, Kopka, Jockenhöfer oder Kokott – die habe ich alle unter meinen Fittichen gehabt.“
Ex-Vorsitzende Hildegard Göbel schaut eher skeptisch in die Zukunft
Vereinstreue war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Turri: „Wir kamen alle aus Butendorf, kannten uns von der Kreuz-, Vinzenz- oder Uhland-Schule oder aus der Heilig Kreuz-Kirche. Heute haben die meisten keine Bindung mehr zu ihrem Verein. Für mich gab es nur die Vereinsfarben schwarz-gelb.“
Seit mehr als 43 Jahren Wacker-Mitglied ist Hildegard Göbel. Die bald 80-jährige ehemalige Oberstudienrätin ließ sich einige Jahre sogar als Vorsitzende in die Pflicht nehmen. „Irgendeinen Posten hatte ich immer“, sagt sie und lacht. „Schon mein Vater Heinrich Heimann hat bei Wacker gespielt.“
Erhard Heimanns Spaß am Kreisliga-Fußball hält sich in engen Grenzen
Ihr Elternhaus, der Hof Heimann, ist ja gerade mal ein Dropkick weit vom Wacker-Platz entfernt. Überhaupt ist die Verbindung Wacker und Heimann vielfältig. „Meine Nichte Kathrin pfeift als Unparteiische Spiele der Damen-Bundesliga, meine Neffen Tim und Michael gehörten lange zu den Leistungsträgern in der Wacker-Ersten“, erzählt sie stolz. „Und Maximilian, der Sohn von Tim, versteht schon eine Menge von Fußball. Der sieht ein Spiel ein paar Minuten lang und weiß dann wie mein verstorbener Mann Uwe seinerzeit, wie es wahrscheinlich ausgeht.“ Hildegard Göbels Blick in die Wacker-Zukunft fällt eher verhalten aus: „Ohne einen Kunstrasenplatz können wir talentierte junge Spieler kaum halten.“
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Erhard Heimann (64) ist seit 1970 Mitglied bei Wacker, nach dem Job als Schatzmeister führte er den Verein eine Dekade lang. „Unter meinem Vorgänger Jochen Lewald wurde das Vereinsheim an der Burgstraße gebaut, kurz vor der Fertigstellung begann meine Amtszeit“, erinnert sich der Landwirt. „Mir hat die Arbeit im Verein viel Freude gemacht“, so Heimann weiter. Und: „Vor allem die beiden Aufstiege in die Bezirksliga unter den Trainern Volker Dyba und Karl Englich waren richtige Highlights.“ Der Spaß am Kreisliga-Fußball hält sich bei ihm längst in engen Grenzen: „Das Niveau ist manchmal grausig.“ Seine Diagnose: „Wir haben in Gladbeck noch zu viele Vereine.“
Einer der besten Spieler von Wacker Gladbeck war Heinz Dyba
Zu den besten Kickern im Wacker-Dress gehörte zweifellos Heinz Dyba zählen, der für die SpVgg Herten, die SpVgg Erkenschwick sowie für die legendären Sportfreunde Gladbeck höherklassig unterwegs war. Dyba, dessen linke Klebe gefürchtet war, erinnert sich: „Ich war ein Vierteljahrhundert bei Wacker, spielte in der Ersten, Zweiten und danach bei den Altherren, deren Obmann ich noch einige Jahre war.“
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In Waldner, Ricken, Küpper habe man gute Leute im Vorstand gehabt, auch die sportlichen Erfolge der Trainer Stolzewski, Bogatek und Ivkovic hätten sich sehen lassen können. Kontakt zum Ex-Klub gibt es aber keinen mehr. Der Grund: „Als seinerzeit das Vereinsheim gebaut wurde, hat Thomas Wroblewski die meisten Arbeiten durchgeführt und ich habe die Materialien mit meinem LKW herbeigeschafft. Ich wollte kein Dankeschön, aber bei der Einweihung hätte man uns zumindest mal erwähnen können“, ärgert sich der einstige Klassekicker noch immer.
Volker Dyba führte Wacker Gladbeck einst als Trainer in die Bezirksliga
Ebenfalls nicht mehr in Kontakt zu seinem Ex-Verein steht sein Neffe Volker Dyba, auch er war ein Vierteljahrhundert lang Wackeraner – als Spieler und Trainer. Seine ersten Meriten sammelte er als Jugendcoach beim FC und Wacker, dann übernahm Volker Dyba als 25-Jähriger (!) die erste Mannschaft und führte sie in die Bezirksliga.
Volker Dyba: „Als Aufsteiger schafften wir zweimal eine Platzierung unter den ersten Sechs. Als wir im Jahr danach in Abstiegsgefahr gerieten, nicht einmal auf einem Abstiegsplatz waren, wurde ich in der Winterpause entlassen.“ Er habe in Mania, Ciplak, Gökdemir, den Telli-Brüdern, Mochnik, Gomez, Krüger und andere richtig gute Leute im Kader gehabt, deswegen denke er immer wieder gern an seine Zeit an der Burgstraße zurück. Längst ist Volker Dyba Mitglied beim BV Rentfort: „Mein Vater Klaus ist aber noch bei Wacker.“ Der Berufsschullehrer, der zudem noch als 2. Vorsitzender des Fußball-Kreises aktiv ist, wünscht seinem Ex-Verein fürs zweite Jahrhundert des Bestehens alles erdenklich Gute, vor allem „mehr Mitglieder und Ehrenamtliche, damit alles gut organisiert wird“.
Volker Dyba bringt eine Fusion mit Adler Ellinghorst ins Spiel
Sein Denkanstoß: „Vielleicht sollte man einmal über eine Fusion nachdenken, es gibt ja noch einen Verein am anderen Ende des Wittringer Waldes“, so seine kryptische Formulierung. Aber: „Die Initiative muss von den Vereinen selbst kommen.“