Ulm. Der BSV Buer-Bülse überrascht bei der Endrunde und holt den größten Erfolg seit fast 20 Jahren. Lisa Tüchter schießt das Team zu Platz drei.

Im vorletzten Schuss ging die Tür für Lisa Tüchter auf. Die Kapitänin des Gelsenkirchener Luftgewehr-Bundesligisten BSV Buer-Bülse war bei der Endrunde in Ulm gerade mitten im Duell um den dritten Platz, zwischen Bülse und dem Favoriten St. Hubertus Elsen stand es 2:2. Lisa Tüchters Duell gegen Linnea Schnerr sollte also darüber entscheiden, welches Team die Bronzemedaille gewinnt.

Auch interessant

Lisa Tüchter lag in ihrem letzten Wettkampf für den BSV lange hinter ihrer Kontrahentin – bis sich diese im vorletzten Schuss einen Fehler leistete und nur eine Neun schoss. Da erinnerte sich die Bülserin an ein Mantra ihres Trainers Frank Pawelke: „Frank sagt immer zu mir, nimm die Tür, drück‘ die Türklinke herunter, und gehe durch. Meine Gegnerin hat mir die Tür im vorletzten Schuss geöffnet, also bin ich durchgegangen“, beschrieb Lisa Tüchter später ziemlich nüchtern ihre Aufholjagd, bei der sie die letzten 22 (!) Schüsse allesamt in die Zehn gesetzt, damit ihre Gegnerin überholt und ihr Team auf Platz drei geführt hatte.

Ganz starke Abschiedsvorstellung für den Gelsenkirchener Luftgewehr-Bundesligisten BSV Buer-Bülse: Lisa Tüchter.
Ganz starke Abschiedsvorstellung für den Gelsenkirchener Luftgewehr-Bundesligisten BSV Buer-Bülse: Lisa Tüchter. © Thomas Gödde

Der BSV Buer-Bülse gewinnt sein Viertelfinale mit 3:1

Ihr Trainer Frank Pawelke kommentierte das etwas emotionaler: „Das war leider geil“, rief er begeistert und erzählte: „Lisa ist nach 18 Schüssen zu mir gekommen, als sie schon fünf Ringe Miese hatte. Ich habe ihr dann gesagt, dass sie jetzt nur noch mit Zehnern ausschießen soll. Ich weiß nicht, wie viel Respekt ich davor haben soll, dass sie das auch wirklich geschafft hat. Das ist so, als wenn du im Fußball 20 Elfmeter hintereinander reinmachen musst.“

Die Ergebnisse in der Übersicht

Viertelfinale:
FSG „Der Bund“ München – BSV Buer-Bülse 1:3

Denise Rudingsdorfer – Patrik Jany 397:399
Petar Gorsa – Jessie Kaps 397:399
Hanna Bühlmeyer – Lisa Tüchter 391:392
Kerstin Fahl – Leila Hofmann 394:389
Daniel Karg – Henny Reitz Karen 395:395


Halbfinale:
BSV Buer-Bülse – SB Freiheit 2:3

Jessie Kaps – Jeanette Hegg Duestad 395:398
Peter Hellenbrand – Jolyn Beer 397:396
Lisa Tüchter – Lisa Müller 390:398
Leila Hofmann – Michaela Müller-Thöle 390:394
Henny Karen Reitz – Finja Kölling 397:390


Platz drei:
BSV Buer-Bülse – St. Hubertus Elsen 3:2

Patrik Jany – Istvan Peni 399:397
Jessie Kaps – Denise Palberg 395:398
Lisa Tüchter – Linnea Schnerr 395:394
Leila Hofmann – Bastian Blos 394:398
Henny Karen Reitz – Lara Quickstern 398:390

Mit dem 3:2-Sieg am Sonntag im Wettkampf um Platz drei sorgten die Bülser, die als Tabellenvierter der Nordstaffel angereist waren, für eine weitere Überraschung an diesem Endrunden-Wochenende. Im Viertelfinale am Samstag hatten sie bereits den Meister der Südstaffel, die FSG „Der Bund“ München, mit 3:1 geschlagen, waren dann aber im Halbfinale knapp an der SB Freiheit gescheitert (2:3). So kam es im kleinen Finale zum Duell mit den Elsenern, die als Meister der Nordstaffel ursprünglich zu den großen Favoriten auf den Titel gezählt hatten. Der Sieg dort ist der größte Erfolg für den BSV seit dem Gewinn des Titels in der Saison 2004/2005.

BSV-Trainer Frank Pawelke nimmt seine Bronzemedaille nicht mehr ab

Trainer Frank Pawelke freute sich so sehr darüber, dass er seine Bronzemedaille bei der Heimfahrt im Auto noch um den Hals baumeln hatte. „Die lege ich auch gar nicht mehr ab. Das ist das Ding, was wir uns über die ganze Saison verdient haben. Bei der Endrunde waren wir dreimal kein Favorit und haben trotzdem zweimal gewonnen. Heute gegen Elsen hätte keiner zwei Euro auf uns gewettet“, jubelte er.

Auch interessant

Den ersten Höhepunkt des Wochenendes lieferte sein Team schon am Samstagmorgen im Viertelfinale gegen München. „Da haben wir genau das gemacht, was wir schon die ganze Saison gemacht hatten: Wir haben unsere Leistung gebracht, Punkt“, kommentierte Frank Pawelke den 3:1-Sieg, mit dem die Bülser ihr Viertelfinal-Trauma überwanden. Bei den vergangenen drei Endrundenteilnahmen hatten sie den Sprung ins Halbfinale immer verpasst.

Im Halbfinale fehlt dem BSV Buer-Bülse die Power

Viel Zeit zum Freuen blieb allerdings nicht, denn rund sechs Stunden nach dem Viertelfinale startete bereits das Halbfinale gegen Freiheit. In dieser Zeit ruhten sich die Bülser auf ihren Hotelzimmern aus. „Das hat aber leider nicht geholfen“, stellte Frank Pawelke mit Blick auf die 2:3-Niederlage fest. „Uns fehlte die Power. Der Sieg wäre möglich gewesen, aber wir haben die letzten zehn Prozent unserer Leistung nicht gebracht.“

Auch interessant

Der Ärger darüber war bis zum kleinen Finale am Sonntag zwar wieder verflogen, aber eine Bülser Schützin lief vor dem Duell gegen Elsen trotzdem alles andere als freudestrahlend in die Halle ein: Lisa Tüchter. Für die Kapitänin war es der letzte Auftritt im BSV-Dress, denn sie will zeitlich kürzertreten und verlässt den Klub daher am Ende der Saison. „Ich habe schon vor dem Einlauf geweint, weil das so emotional war“, erzählte sie.

Lisa Tüchter hält sich eine Hintertür offen, aber noch nicht fürs nächste Jahr

Im Wettkampf gelang es ihr dann aber, die Emotionen auszublenden – zumindest bis zum letzten Schuss ihrer Aufholjagd. „Als ich gesehen habe, dass der in die Zehn geht, habe ich geschrien, weil ich mich so gefreut habe“, verriet Lisa Tüchter. Nach dem Wettkampf bekam sie noch ein Abschiedsgeschenk von ihrem Team, darunter ein riesiger Bilderrahmen mit Fotos aus ihren zwölf Jahren beim BSV.

Auch interessant

Ob sie nach diesem großen Erfolg nicht ins Grübeln kommt, doch in Bülse zu bleiben? Lisa Tüchter überlegte kurz. „Ich bin froh, dass wir das so beenden konnten. Vorerst“, antwortete sie vielsagend. Was das heißt? „Ich halte mir eine Hintertür offen, aber noch nicht fürs nächste Jahr.“ Mit offenen Türen kennt sich Lisa Tüchter spätestens seit diesem Wochenende aus.