Essen. Otto Rehhagel war zu Gast in Essen beim 3:0 der deutschen Fußballfrauen gegen Schottland. „Der Weg hierher an die Hafenstraße ist für mich immer eine Reise in die Vergangenheit“, sagt das Trainer-Urgestein, das gebürtig aus Essen stammt. So richtig glücklich wirkt er dabei nicht.
Als Fan des Frauenfußballs möchte sich Otto Rehhagel (74) nicht bezeichnen. Trotzdem lockte das Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Schottland auch ihn ins Stadion in Essen. „Der Weg hierher an die Hafenstraße ist für mich immer eine Reise in die Vergangenheit“, sagt der gebürtige Essener. So richtig glücklich wirkt er dabei nicht. „Seine Vergangenheit“ liegt einige Meter hinter dem Tor, in das Lena Goeßling zur Freude der fast 10 000 Zuschauer zur 1:0-Führung der deutschen Mannschaft trifft, in Trümmern: das alte Georg-Melches-Stadion.
„Das macht mich wehmütig“, sagt er. Schließlich war es Georg Melches selbst, der ihn 1960 als Spieler für Rot-Weiss Essen und die Oberliga West verpflichtete. Allerdings ließ auch er sich letztlich von der guten Stimmung um ihn herum anstecken. Der deutsche Fußball Bund hatte kaum Kosten und Mühen gescheut, diesem Länderspiel einen besonderen Rahmen zu verleihen. „Auch wenn ich an den Profi-Fußball andere Ansprüche stelle, finde ich es schön, dass es so vielen Freude bereitet“, sagt Rehhagel, als er auf die gut gefüllte Haupttribüne schaut.
Natürlich ist seine Perspektive eine andere: Er hat unter anderem die Männer von Werder Bremen, dem 1. FC Kaiserslautern, dem FC Bayern und natürlich der griechischen Nationalelf trainiert. Die wären sich bei dieser Zuschauerzahl vermutlich wie auf einer Bezirkssportanlage vorgekommen.
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Caroline Hamann, Bundesliga-Spielerin der SGS Essen, blickt mit anderen Augen auf die Ränge: „Ich finde die Atmosphäre toll. Für die Mädels muss es unglaublich sein.“ Sie selbst hatte vorher nicht mal mit der Hälfte an Fans gerechnet. So richtig laut wurde es im Stadion dennoch selten. Ein einsamer Trommler und die Stimmen von rund 60 Mädchen aus dem Nachwuchsbereich der SF Niederwenigern stachen immer wieder heraus. Fangesänge waren kaum zu hören. Die meisten verfolgten die Partie interessiert und erhoben ihre Stimme erst, wenn sich die deutsche Elf dem schottischen Tor näherte. „Der Frauenfußball zielt eindeutig auf ein Familienpublikum ab. Eine Krawallszene gibt es hier nicht, man kann gefahrlos Kinder mitnehmen“, erklärt Ulrich Meier, Vorsitzender der SG Schönebeck. Willi Wißing als Manager des Essener Bundesliga-Teams ergänzt: „Die kräftigen Männerstimmen fehlen dann natürlich, aber die Stimmung war trotzdem toll.“
Bloß keine Vergleiche
Alle legen ohnehin viel Wert darauf, Frauen- und Männerfußball nun ja nicht zu vergleichen. So oder so: Als Anja Mittag nach 13 Minuten die erste aussichtsreiche Chance vergab, wurde es erstmals laut. 20 Minuten später durften dann endlich die Fahnen geschwenkt werden: Es stand 1:0. Die Nationalelf erwischte ihre stärkste Phase und erhöhte noch vor der Pause standesgemäß auf 3:0. Es wurde auch das Endergebnis. Eine Spielerin fiel Wißing dabei besonders ins Auge: Celia Okoyino da Mbabi: „Die hat doch in der Liga hier gegen uns auch schon zwei Mal getroffen. Vielleicht sprechen wir sie mal an, sie scheint sich ja bei uns recht wohl zu fühlen.“ Keine schlechte Idee, ein Geheimtipp ist die deutsche Ausnahme-Stürmerin aber nicht. Das weiß natürlich auch Wißing, der sich schmunzelnd längst wieder der zweiten Halbzeit widmet.