Bochum. . Die Bochumer Fußball-Nationalspielerin Annike Krahn wechselte vor einem Jahr vom FCR Duisburg zu Paris St. Germain – am Samstag kehrt sie ins Ruhrgebiet zurück. Dann trifft die deutsche Nationalmannschaft in Essen auf Schottland. Der Test wird im Free-TV übertragen.

Allein der Name: FC Paris St. Germain. Er klingt nach Glamour, nach internationaler Klasse. Und er assoziiert: Geld spielt nur eine untergeordnete Rolle. Seitdem Scheichs aus Katar den französischen Fußballklub mit ihren Millionen alimentieren, zählt PSG zu den Großen in Europa. Zlatan Ibrahimovic zaubert im Trikot der Neureichen, und Thiago Silva.

Und Annike Krahn.

Obwohl: Der Spielstil der Verteidigerin ist weniger auf Zaubern, sondern mehr auf Attackieren ausgelegt. Selbst im Gespräch pflegt sie ihre Stärke – und kämpft. Gegen die ständigen Vergleiche mit den Männern, oder zwischen Bundesliga und der ersten Liga im Nachbarland. Sie verdreht die Augen, als sie auf ihre berühmten Kollegen angesprochen wird. „Einmal habe ich Ibra mal gesehen, ja“, sagt die deutsche Fußball-Nationalspielerin fast gelangweilt. Sie trennen Welten - und die fünf Kilometer zwischen den Trainingsstätten.

Seit einem Jahr spielt Krahn mittlerweile für Paris St. Germain. „Ja“, sagt sie, „wir haben sicherlich sehr gute Bedingungen und ebenso wie unsere vier hauptamtlichen Trainer sind fast alle Spielerinnen Profis.“ Doch die ständigen Hinweise auf die üppigen finanziellen Möglichkeiten beim Vizemeister der zurückliegenden Saison stören die 27-Jährige. „In Deutschland gibt es das in einer ähnlichen Form bei dem einen oder anderen Verein auch“, erklärt sie.

Die Wohnung ist nur 20 Minuten vom Arc de Triomphe entfernt

Trotzdem entschied sie sich für einen Wechsel ins Ausland und einen Vertrag bis vorerst 2014 in Paris. Sie, das Kind des Ruhrgebiets, die junge Dame, die zwar in den vergangenen acht Jahren vor dem Wechsel für den FCR Duisburg spielte, aber nie woanders als in ihrer Heimatstadt Bochum lebte. Sie tauchte von heute auf morgen ein in die Weltstadt an der Seine. Eiffelturm statt Florian, Montmartre statt Bermudadreieck. „Ich musste mich an viele neue Dinge gewöhnen, eine neue Sprache lernen und fand mich plötzlich in einer ganz anderen Kultur wieder.“

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Schwierigkeiten bereitete dieser Wandel nicht. „Obwohl Französisch nie mein bestes Schulfach war, habe ich einfach drauflos geredet“, sagt Krahn. Und ihre Wohnung im Viertel Saint-Germain, in der sie mit ihrer amerikanischen Mitspielerin Lindsey Horan lebt, ist nur gut 20 Minuten vom Arc de Triomphe entfernt. Kein Wunder, dass sich des Öfteren Gäste aus der Heimat zum Besuch ansagen.

In der Nationalmannschaft zählt sie zu den Ältesten

Annike Krahns Zeit für touristische Ausflüge ist jedoch begrenzt. Der Fußball steht für sie in Paris noch mehr im Mittelpunkt als in den Jahren in Deutschland. „Wäre ich nicht ins Ausland gewechselt, hätte ich versucht, nebenbei in meinem Job zu arbeiten“, sagt sie. Um auf Stand zu bleiben, um nicht später erklären zu müssen: „Ich habe zwar studiert, aber seit zehn Jahren nur Fußball gespielt.“

In Frankreich nehmen sie die Eindrücke und Herausforderungen noch zu sehr in Besitz. Sie benötigt ihre Kraft komplett für den Fußball. Dafür kann sie nach der Premieren-Saison sagen: „Dieses Jahr hat mir bereits einen Schub gegeben. Ich bin reifer geworden.“ Auf und neben dem Platz.

Das soll ihr in der Nationalmannschaft helfen, in dieser mittlerweile sehr jugendlichen Truppe, in der sie nach dem Umbruch zu den ältesten Spielerinnen zählt. „Ich gehöre wohl zu den Führungsspielerinnen“, sagt sie. Ebenso ist sie als Abwehrchefin eigentlich nicht wegzudenken aus dem Team. Aber wie vor zwei Jahren, als ihre Vorbereitung auf die WM im eigenen Land unter einem Kreuzbandriss litt, muss sich die Bochumerin auch vor der EM in Schweden (10. bis 28. Juli) erst wieder in die erste Elf des Titelverteidigers kämpfen. Ausgerechnet im Länderspiel gegen Frankreich riss im Februar das Innenband im rechten Knie.

Das Testspiel wird eine Art Heimspiel

„Ich kenne die Situation, es ist wieder unglücklich gelaufen für mich“, sagt Krahn. Aber verzagen? Oder aufgeben? Solche Gedanken sind der Diplom-Sportwissenschaftlerin fremd. Sie sprüht vor Ehrgeiz. „Jede Spielerin will in den EM-Kader“, sagt Krahn, „deshalb ist die Motivation riesig.“

Außerdem wird das Testspiel gegen Schottland am kommenden Samstag (15.30 Uhr / ZDF) in Essen für sie eine Art Heimspiel. Vor den Augen von Familie, Freunden und Bekannten will sich die 27-Jährige bei Bundestrainerin Silvia Neid weiter empfehlen. Und Ende Juli, da möchte sie die erfolgreiche Titelverteidigung feiern, die Europameisterschaft. „Wenn ich an einem Turnier teilnehme“, sagt Annike Krahn, „will ich es auch gewinnen.“ Zlatan Ibrahimovic hätte es nicht besser ausdrücken können. Entschuldigung, Annike!