Essen. Die Ballfreunde sind für Frank Vogelpoth (53) „eine Herzensangelegenheit“. Schon mit drei Jahren wurde er Mitglied. Ein Porträt.

Die Zeit muss sein: Kurz klatscht Frank Vogelpoth mit einem Bekannten an der Seitenlinie ab, begrüßt ihn mit einem einnehmenden Lächeln, doch dann muss er sofort wieder nach vorne, an die Seitenlinie – beziehungsweise die mit Hütchen abgesteckte Coachingzone. Die Arme vor der Brust verschränkt ruft er seinen B-Liga-Fußballern von den Ballfreunden Bergborbeck lobende Worte zu. „Gut, Jule“, „Sauber Klotzi“, „Komm Onur“ oder „Ruhig Kalle“, dringt es über den Ascheplatz in Bottrop-Ebel, auf dem gerade das Top-Spiel in der Essener Kreisliga B gegen Rot-Weiss Essen II stattfindet.

Vogelpoths Team liegt da bereits mit 0:1 im Hintertreffen, doch das war zu erwarten, zu groß ist die Übermacht der Zweitvertretung des Profivereins in dieser Liga. Natürlich wolle man gerne die erste Mannschaft sein, die RWE II in dieser Saison ein Beinchen stelle, doch Geld schieße eben doch Tore, sendete Vogelpoth schon vor der Partie eine Mini-Spitze.

Frank Vogelpoth ist seit 50 Jahren bei den Ballfreunden Bergeborbeck

Für ihn und die Ballfreunde, die früher laut dem Trainer einmal ein mittelgroßer Klub und die Nummer eins in Borbeck gewesen seien, geht es so oder so nur um Rang zwei in der Kreisliga B. Auch der würde zum Aufstieg reichen. Und das, so Vogelpoth, sei nun einmal das große Ziel, allen Schwierigkeiten – aktuell weicht die Asche auf der Anlage der Sportfreunde einem Kunstrasenplatz, sodass der Klub vorübergehend in Bottrop-Ebel trainiert und spielt – zum Trotz.

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Ein Aufstieg mit den Ballfreunden wäre für Vogelpoth noch einmal etwas ganz Besonderes. Denn er ist so etwas wie das Gesicht des Vereins. „Ich bin seit 50 Jahren hier im Klub, bin schon mit drei eingestiegen. Meine Eltern haben ihn mitgegründet“, blickt der 53-Jährige nach der Partie gegen RWE zurück.

Irgendwann brauchte er eine Pause, widmete sich dem Tischtennis

Seit seinem 16. Lebensjahr steht er an der Seitenlinie, betreut Mannschaften. Erst die Kinder, dann A-Junioren und später dann die Seniorenteams. „Wenn bei der ersten Mannschaft keiner da war, habe ich halt übernommen“, sagt Vogelpoth mit einem verschmitzten Lächeln. Irgendwer musste es ja machen. Doch dann, nach 20 Jahren, war auch bei ihm irgendwann der Kraftspeicher aufgebraucht. „Ich war durch, hatte abgeschlossen mit dem Trainergeschäft und habe mir eine neue Sportart gesucht“, sagt er. Den Fußballplatz tauschte er ein gegen die Sporthalle der DJK Franz Sales Haus, wo er sich im Tischtennis probierte.

Frank Vogelpoths Eltern waren Mitgründer der Ballfreunde Bergeborbeck. Seit 50 Jahren ist er im Verein.
Frank Vogelpoths Eltern waren Mitgründer der Ballfreunde Bergeborbeck. Seit 50 Jahren ist er im Verein. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Eine Zeit lang ging das so. „Aber vor drei Jahren spielte mein Stiefsohn beim TuS Essen-West 81 in der zweiten Mannschaft. Und sie suchten einen Trainer“, so Vogelpoth mit einem leichten Seufzen. Na klar: er ließ sich überreden. „Dann hatten wir das erste Spiel gegen den SV Borbeck, 0:0. Es war, als ob ich nie weggewesen wäre.“

Über den TuS Essen-West 81 zurück nach Bergeborbeck

Komisch habe es sich aber schon angefühlt, das Wappen der 81er auf seiner Brust zu tragen und dann auch noch gegen die Ballfreunde in der Liga zu gewinnen. Aber es war ja auch nur ein kurzes Intermezzo, schnell kehrte Vogelpoth nach Bergeborbeck zurück, als die Anfrage kam.

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„Es ist eine Herzensangelegenheit. Ich und mein Co-Trainer Dirk Wollenberg hatten Lunte gerochen. Wir haben gesagt, wir machen das und bringen die Kiste wieder nach vorne. Denn unser Verein war eigentlich tot. Aber nun, mit der grünen Wiese...“, lässt Vogelpoth Optimismus durchblicken, dass sich mit dem Kunstrasenplatz alles wieder zum Guten wendet.

Nach der Saison will sich Frank Vogelpoth in die Sportliche Leitung zurückziehen

Er selbst möchte sich dann aber in die Sportliche Leitung zurückziehen und nicht mehr als Trainer aktiv sein. Denn die Spiele, ganz egal in welcher Liga sie auch stattfinden, sind für ihn so anstrengend, als ob er selbst noch über den Platz rennen würde.

Dabei ist es ist nicht die durchdringende, tiefe, sonore Stimme, mit der Vogelpoth seine Spieler erreicht, auch wenn er natürlich auch einmal aus sich herausgehen kann. Zum Beispiel im Spiel gegen RWE, als er sich und seine Sportfreunde vom Schiedsrichter ungerecht behandelt fühlt. Dann streckt er die Arme nach oben, fordert einen Pfiff, wendet sich schnell aber auch wieder lachend zum Plausch mit einem Zuschauer ab. Versuchen kann man es ja mal. Ein anderes Mal pfeift der Schiedsrichter Foul gegen die Ballfreunde und die Ersatzspieler auf der Bank sind erzürnt. Laut äußern sie ihren Unmut. Nur Vogelpoth bleibt ruhig, fährt sich einmal durch die Haare, klatscht dann in die Händer und ruft: „Weiter, weiter“.

Und wenn er sich gerade einmal eine Pause gönnt, dann nur, um mit den Händen in der Hosentasche, vor der Brust oder hinter dem Rücken mitzuwippen, mit dem Spielgeschehen. Kommt ein langer Ball nicht an, schüttelt er kurz den Kopf, fordert einer seiner Spieler eine Wasserflasche, dreht er sich schnellstmöglich um, um diese aufzuheben und ihm zuzuwerfen: Vogelpoth ist mittendrin statt nur dabei.

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