Essen. Regionalligist Rot-Weiss Essen ist nicht der erste Pokalschreck aus dem Westen. Lotte, Rödinghausen und Verl haben es vorgemacht.

Der Traditionsverein Rot-Weiss Essen, Tabellenzweiter und Titelfavorit in der Regionalliga West, hat die große Chance, als erst zweiter Viertligist nach dem 1. FC Saarbrücken vor einem Jahr das Halbfinale im DFB-Pokal zu erreichen. Nach sensationellen Siegen gegen Arminia Bielefeld (1:0), Fortuna Düsseldorf (3:2) und Bayer 04 Leverkusen (2:1 nach Verlängerung) trifft das Team um Torwart-Held Daniel Davari und Torjäger Simon Engelmann am Mittwoch, 18.30 Uhr, in der Runde der letzten acht Mannschaften auf den Zweitligisten und FC Bayern-Bezwinger Holstein Kiel. RWE ist aber längst nicht der erste unterklassige Pokalschreck aus dem Westen.

Pokalschreck Sportfreunde Lotte:

Christian Neidhart, Cheftrainer des aktuellen Viertelfinalisten RWE, zog mit der dritten Sensation im „Familienduell“ erst gleich. Auch Sohn Nico, der aktuell beim FC Hansa Rostock auf der rechten Seite verteidigt, war 2017 nur noch zwei Siege vom Endspiel in Berlin entfernt. Mit dem damaligen Drittliganeuling Sportfreunde Lotte schaltete Neidhart junior zunächst die Bundesligisten SV Werder Bremen (2:1) und Bayer 04 Leverkusen (6:5 nach Elfmeterschießen) aus.

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Das folgende 2:0 gegen den damaligen Zweitligisten TSV 1860 München war dann schon fast keine Überraschung mehr. Zu stark trumpften die Tecklenburger unter Trainer Ismail Atalan auf, scheiterten dann erst im zweiten Anlauf am späteren DFB-Pokalsieger Borussia Dortmund (0:3). Grund: Die Erstansetzung in Lotte wurde kurz vor dem Anpfiff nach Schneefällen abgesagt, für die Nachholpartie mussten die Sportfreunde nach Osnabrück umziehen – und schieden aus.

Pokalschreck SV Rödinghausen:

Auch zwischen Rot-Weiss Essen und dem amtierenden West-Meister SVR, der in der Pokalsaison 2018/2019 für Aufsehen sorgte, gibt es eine direkte Verbindung. Schließlich steuerte Simon Engelmann, der bislang in allen drei Pokalspielen für RWE traf, auch zu Rödinghausens dramatischer 3:2-Sensation nach Verlängerung gegen den damaligen Zweitligisten Dynamo Dresden (nach 0:1- und 1:2-Rückstand) einen Treffer bei.

In Runde zwei brachten die Ostwestfalen sogar den deutschen Rekordmeister FC Bayern München (1:2) nach dem Anschlusstreffer durch Linus Meyer arg in Bedrängnis. Duplizität der Ereignisse im Vergleich zu Lotte: Auch der SV Rödinghausen bestritt sein „Heimspiel“ in Osnabrück und scheiterte am späteren Titelträger.

Pokalschreck SC Verl:

Mehrfach sorgte der jetzige Drittliga-Neuling SC Verl im Pokalwettbewerb für Aufsehen. So musste im Juli 1999 Borussia Mönchengladbach nach einer 5:6-Niederlage im Elfmeterschießen in der ersten Runde die Poststraße als Verlierer verlassen. Für Verl trafen unter anderem Roger Schmidt (heute Cheftrainer PSV Eindhoven) und Ex-Nationalspieler Arne Friedrich (Sportdirektor Hertha BSC). Die Gladbacher Pleite konnte auch der heutige Manager Max Eberl mit seinem Elfmeter-Tor nicht verhindern.

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Sogar bis in das Achtelfinale (0:1 gegen den 1. FC Union Berlin) ging es für die Verler in der abgelaufenen Spielzeit 2019/2020. Zuvor mussten allerdings der Bundesligist FC Augsburg (2:1) und der nächste RWE-Gegner Holstein Kiel (9:8 nach Elfmeterschießen) in Verl dran glauben. Erst der 18. Elfmeter durch Jan Schöppner (inzwischen 1. FC Heidenheim) brachte die Entscheidung für das spätere Aufstiegsteam von Trainer Guerino Capretti.

Pokalschreck Arminia Bielefeld:

Ein aktueller Bundesliga-Klub als Pokalschreck? Hört sich komisch an. Ist aber so. Denn eine von insgesamt drei Teilnahmen am Halbfinale (nach 2004/2005 und 2005/2006, jeweils als Erstligist) in der Vereinsgeschichte machte die Arminia als Drittligist perfekt und sorgte damit in der Spielzeit 2014/2015 unter Trainer Norbert Meier für ein Novum. Die Bielefelder, schon damals angeführt von Kapitän und Torjäger Fabian Klos, kegelten als Außenseiter den SV Sandhausen (4:1), Hertha BSC (4:2 nach Elfmeterschießen), den SV Werder Bremen (3:1) und Borussia Mönchengladbach (6:5 nach Elfmeterschießen) aus dem Wettbewerb.

Erst im Halbfinale war der VfL Wolfsburg (0:4), der wenige Wochen später in Berlin durch ein 3:1 gegen Borussia Dortmund den „Pott“ gewann, eine Nummer zu groß. Die Verbindung zu Rot-Weiss Essens Pokalhelden darf nicht fehlen: Bei der Arminia war RWE-Vorsitzender Marcus Uhlig als Geschäftsführer tätig.

Pokalschreck Wuppertaler SV:

Mit Rot-Weiss Essen und dem Wuppertaler SV erreichten in der Saison 2007/2008 gleich zwei Teams aus der (damals noch drittklassigen) Regionalliga Nord das Achtelfinale. Während die Essener nach Erfolgen gegen den FC Energie Cottbus (8:7 nach Elfmeterschießen) und den 1. FC Kaiserslautern (2:1) gegen den Hamburger SV, trainiert von Schalke-Legende Huub Stevens, 0:3 den Kürzeren zogen, blieben vor allem die WSV-Auftritte in Erinnerung. Die Mannschaft des 2020 verstorbenen Trainers Wolfgang Jerat kämpfte im heimischen Zoo-Stadion den FC Erzgebirge Aue (5:4 nach Elfmeterschießen) und Hertha BSC (2:0) nieder, ehe es im Achtelfinale gegen den FC Bayern München ging.

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Die Wuppertaler zogen nach Gelsenkirchen um und lieferten dem Starensemble um Oliver Kahn, Philipp Lahm, Franck Ribery und Miro Klose vor der Rekordkulisse von 61.482 Zuschauern beim 2:5 (2:2) ein spektakuläres Duell. Für den WSV trafen Tobias Damm und Mahir Saglik (heute Trainer und Torjäger bei Hessen Klassel). „Natürlich“ gewannen auch die Bayern am Ende den DFB-Pokal.

Pokalschreck SpVg Beckum:

Als eine der größten Sensationen im Westen gilt der Triumph des damaligen Westfalen-Oberligisten SpVg Beckum im August 1995 gegen den ruhmreichen 1. FC Köln. Nach torlosen 120 Minuten unterlag das FC-Team mit Stars wie Bodo Illgner, Bruno Labbadia oder Toni Polster im Elfmeterschießen 3:4. Labbadia scheiterte mit dem letzten Schuss an Beckums Torhüter Jürgen Welp.

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Einen Tag später war der Kölner Trainer Morten Olsen seinen Job los. Beckum verabschiedete sich in Runde zwei (2:3 gegen die SpVgg Unterhaching) aus dem bundesweiten Pokalwettbewerb – und kehrte bis heute nicht mehr zurück.

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