Essen. Essenerinnen stehen zum zweiten Mal in der Klub-Geschichte im DFB-Pokalfinale. Schon 2014 saß Trainer Högner bei der SGS auf der Bank.
Das Finale – was für ein Tag. Im DFB-Pokal will sich der Deutsche Meister VfL Wolfsburg gegen die SGS Essen auch die zweite nationale Trophäe sichern, bevor der Klub in der Champions League das Triple anstrebt (16.45 Uhr, live in der ARD). Natürlich sind die Essenerinnen, Tabellenfünfter in der Endabrechnung, krasser Außenseiter, denn in dieser Saison hat der Widersacher nicht ein einziges Mal verloren und die direkten Vergleiche mit 5:1 und 3:0 gewonnen.
Die Konstellation ist fast identisch mit der vor sechs Jahren, als die SGS erstmals das Pokal-Endspiel erreicht hatte. Auch damals gegen den 1. FFC Frankfurt war es ein ungleiches Duell, denn die Frankfurterinnen waren wie Wolfsburg heute eine Ausnahmemannschaft. Der große Favorit gegen die „kleine“ SG Schönebeck aus Essen – Markus Högner (53) kennt das schon, denn er war auch 2014 Trainer an der Ardelhütte.
Bestätigung und ein Zeichen von Kontinuität
Herr Högner, ist das Pokalfinale am Samstag nicht irgendwie auch ein Déjà-vu für Sie?
Ich finde, die Voraussetzungen sind diesmal schon ein stückweit anders.
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Vor sechs Jahren war eine Lea Schüller erst 16, heute ist sie Nationalspielerin. Wir hatten damals eine blutjunge Mannschaft auf dem Rasen, nun können wir in Lea Schüller, Marina Hegering, Turid Knaak und Lena Oberdorf immerhin vier Nationalspielerinnen aufbieten. Damals war allein die Finalteilnahme ein riesiger Erfolg, diesmal ist es auch eine Bestätigung für unsere Arbeit und ein Zeichen der Kontinuität. Wir waren in der Bundesliga in den vergangenen zehn Jahren zum Saisonende nie schlechter als Rang sechs.
Sie haben nach der 0:3-Niederlage im Finale 2014 gesagt: „Wir kommen wieder, uns gehört die Zukunft.“ So ganz hat das aber nicht geklappt...
Als ich 2010 in Essen anfing, haben wir auf den Nachwuchs gesetzt, wollten junge Spielerinnen weiterentwickeln. Das ist uns gut gelungen. Vor allem aber haben wir immer an dieser Philosophie festgehalten und uns auch bei Gegenwind nicht umwehen lassen, sondern an den Dingen festgehalten. Das wird langfristig belohnt.
Nationalspielerinnen sind nicht zu halten
Aber ist es nicht auch frustrierend, dass nach dieser Saison gleich vier Leistungsträgerinnen den Verein verlassen und drei davon zu den Top-Teams nach Wolfsburg oder Vizemeister München wechseln?
Nein, das beweist doch ebenfalls, dass wir sehr gut gearbeitet haben. Bei uns machen die Talente den ersten und zweiten Schritt, der dritte ist dann hin zu einer Spitzenmannschaft. Es war klar, dass die vier uns irgendwann verlassen werden, das muss man ganz realistisch sehen. Die SGS ist nicht in der Lage, solche Spielerinnen zu halten, weder infrastrukturell noch finanziell.
Immerhin sind sie in der Bundesliga eine anerkannte Talentschmiede.
Das ist so und wird selbst im Ausland registriert, auch dort besitzen wir einen guten Ruf. Wir haben bei den Verpflichtungen der Talente sehr oft ein gutes Näschen bewiesen. Da macht auch unserer Nachwuchskoordinator Christian Kowalski einen sehr guten Job. Zur kommenden Saison wird es nun bei uns einen großen Umbruch geben, da gilt es zehn neue Talente zu entwickeln und auf ein höheres Niveau zu bringen.
So spielten sie im Pokalfinale 2014
1. FFC Frankfurt - SGS Essen 3:0 (3:0).
SGS Essen: Lisa Weiß – Jacqueline Klasen, Dominique Janssen (46. Isabelle Wolf), Vanessa Martini, Sabrina Dörpinghaus (65. Madeline Gier) – Ina Mester, Sara Doorsoun-Khajeh – Sarah Freutel (77. Lea Schüller), Linda Dallmann, Irini Ioannidou – Charline Hartmann.
Trainer: Markus Högner.
Tore: 0:1 Andō (3.), 0:2 Kuznik (28.), 0:3 Laudehr (36.).
Zuschauer: 16.620.
Eine lehrreiche Zeit beim VfL Wolfsburg
Sie kennen den VfL Wolfsburg sehr gut, waren sogar schon ein halbes Jahr dort Co-Trainer. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Es war sehr lehrreich für mich, mit absoluten Top-Spielerinnen zu arbeiten, das hilft mir auch jetzt bei der SGS. Ich habe größten Respekt vor dem, was sie in Wolfsburg leisten, der Sportliche Leiter Ralf Kellermann hat die Abteilung sehr professionell aufgestellt und Stephan Lerch ist ein Top-Trainer.
Zuvor wurden sie selbst zu Höherem berufen und Co-Trainer von Bundestrainerin Steffi Jones.
Es war wohl der falsche Zeitpunkt für mich, denn es war klar, dass man nach dem Olympiasieg von 2016 eigentlich nur verlieren konnte. Man hätte damals einen Cut machen müssen. Trotzdem war es eine Superzeit beim DFB. Ich habe dort viel gelernt und mich als Trainer weiterentwickelt. Aber irgendwann habe ich auch festgestellt, dass ich ich lieber Vereinstrainer bin und jetzt bin ich froh, wieder in Essen zu sein.
Spitzenduo ist der Konkurrenz enteilt
Wo Sie mit der SGS aber wohl nie den Gipfel erklimmen werden. Kann die Liga Wolfsburg und München überhaupt noch einholen?
Man muss abwarten, aber so schnell wohl nicht. Hoffenheim hat aber in dieser Saison lange Paroli geboten und es ganz gut gemacht. Am Ende fehlten ein paar Prozentpunkte. Man muss sehen, was nach der Fusion in Frankfurt passiert oder mittelfristig beim Zweitliga-Aufsteiger RB Leipzig. Fest steht, dass es für uns nicht einfacher wird, dennoch werden wir unserer Philosophie treu bleiben.
Aber wie jetzt gegen Wolfsburg wird die SGS bei Titelkämpfen wohl immer Außenseiter sein.
Natürlich sind wird Außenseiter, wir treffen schließlich auf eine der besten Frauen-Mannschaften im Weltfußball. Für eine Überraschung müsste bei uns schon alles passen, wir brauchen einen Sahne-Tag und natürlich Spielglück. Gleich nach drei Minuten in Rückstand zu geraten wie damals gegen Frankfurt, das dürfen wir uns sicherlich nicht erlauben.
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Aber wir sind jetzt einen Tick erfahrener als 2014 und können sicherlich mit dem Druck besser umgehen. Auf alle Fälle haben wir auch eine Chance, dieses Spiel für uns zu entscheiden.