Rheinberg. Zwei kuriose Platzverweise, ein verwehrtes Tor und ein verweigerter Elfmeter. Der VfB Bottrop brachte sich beim SV Budberg um den verdienten Lohn.

In der 67. Minute platzte Tim Wilke der Kragen. Der kahlköpfige Coach des SV Budberg hatte das Gemecker einzelner Zuschauer satt. Wilke drehte sich Richtung Zuschauerbande, nahm sein Gegenüber fest in den Blick und brüllte: „Du kannst mit deinem Arsch zu Hause bleiben. Ich bin noch zwei Jahre hier. Dich und deine Kommentare können wir hier nicht gebrauchen.“

Wilke war auf 180 und aus ihm sprach auch ein wenig Ratlosigkeit. Denn ganz egal, was er sich an diesem Sonntag auch einfallen ließ, egal wie sehr sich seine Spieler ins Zeug schmissen: Der SV Budberg fand kein Mittel, um dem VfB Bottrop gefährlich zu werden. Die Schwarz-Weißen führten zu diesem Zeitpunkt hochverdient mit 1:0, beherrschten Ball und Gegner.

Zwei Fehler des VfB Bottrop werden eiskalt bestraft

Dass es am Ende Wilke und seine Jungs sein sollten, die mit hochgerissenen Armen den Schlusspfiff und einen 2:1-Sieg feierten, hatte etwas Unwirkliches. Zwei Unaufmerksamkeiten der Bottroper drehten das Spiel innerhalb von nur 60 Sekunden komplett auf links.

Tim Wilke ließ seiner Freude nach dem Schlusspfiff freien Lauf. Der Trainer des SV Budberg bejubelte mit seinen Spielern einen 2:1-Erfolg gegen den VfB Bottrop.
Tim Wilke ließ seiner Freude nach dem Schlusspfiff freien Lauf. Der Trainer des SV Budberg bejubelte mit seinen Spielern einen 2:1-Erfolg gegen den VfB Bottrop. © WAZ | Felix Hoffmann

VfB-Trainer Dusan Trebaljevac kommentierte die kuriose Schlussphase und die erste Saisonniederlage mit ruhigen Worten, aber einer unmissverständlichen Botschaft: „Wenn noch immer irgendeiner denkt, dass wir durch diese Liga durchmarschieren, dann ist er schief gewickelt. Wir sind Aufsteiger, Herausforderer. Fast alle Jungs, die wir dazu geholt haben, kommen aus Verletzungen. Heute muss jeder gesehen haben, dass wir noch nicht so weit sind, dass noch ein Stück fehlt.“

VfB Bottrop dominiert die Partie von der ersten Minute an

Aber der Reihe nach: Der VfB Bottrop war vom Start weg das dominierende Team. Die Schwarz-Weißen setzten Budberg früh unter Druck. Vor allem über die linke Außenbahn, auf der Ahmet Jemaiel immer wieder seine Schnelligkeit und Technik ausspielte. Budberg konnte die Lücken nicht schnell genug schließen, die Raphael Steinmetz mit feinem Fuß und klugen Pässen aufdeckte und Gino Pöschl wirbelte mit Spielwitz und Doppelpässen von der Außenbahn ins Zentrum.

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Bis zur Halbzeit hatte sich der VfB Bottrop ein überdeutliches Chancenplus herausgearbeitet. Die von Emre Köksal und Aldin Kljajic orchestrierte Defensive stand bombenfest. Aber, und das kritisierte Trebaljevac: „Wir lassen den Gegner leben. Wir haben schon in der ersten Halbzeit die Chance, drei oder sogar vier Tore zu erzielen. Dann ist hier Ruhe.“

Die erste Chance vergab Enes Bilgin in der neunten Minute. Nach einem Querpass von Gino Pöschl bekam er nicht genug Druck auf den Ball. Nur Sekunden später setzte sich Jemaiel auf der Außenbahn durch. Sein Schuss aus spitzem Winkel verfehlte das Tor nur knapp. Die dickste Chance auf das 1:0 verspielte Steinmetz. Er fing einen völlig verunglückten Budberger Rückpass ab und hatte nur noch den vielbeschäftigten Torhüter Marc Anders vor sich. Im 1-gegen-1 siegte Budbergs Nummer 1.

Schiedsrichter Maik Heinen mit vielen kuriosen Entscheidungen

Neben den vielen vergebenen Torchancen wartete die erste Halbzeit noch mit zwei Kuriositäten auf. Beide Male im Mittelpunkt: Schiedsrichter Maik Heinen. In der 15. Minute sprintete Steinmetz Richtung Ersatzbank, versteckte sich dort hinter vier Spielern, um seine Radlerhose zu wechseln. Heinen hatte die Farbe moniert. Etwas Weißes hinter einer grauen Hose, das sieht das Regelwerk nicht vor.

Ebenfalls regelkonform: In der 32. Minute zückte Heinen die Rote Karte gegen einen völlig verdutzten Dusan Trebaljevac. Der Trainer des VfB Bottrop soll einen ins Seitenaus laufenden Ball zu früh aus der Luft gefangen haben. Der Ball habe sich noch im Spielfeld befunden. „Unsinn“, erklärte Trebaljevac später und ergänzte auch mit Blick auf weitere fragwürdige Schiedsrichter-Entscheidungen: „Seine Leitung ist nur als sehr, sehr unglücklich zu beschreiben. Er war ganz offensichtlich überfordert.“

„Wir verlieren das Spiel wegen unserer Nachlässigkeiten.“

Dusan Trebaljevac
Trainer des VfB Bottrop

Tatsächlich bot die Vorstellung des Unparteiischen reichlich Angriffsfläche. Heinen ließ viel laufen. Doch hinter der gespielten Großzügigkeit versteckte sich viel eher die Angst davor, in kritischen Situationen unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen zu treffen. So etwa in der Schlussphase, als er dem VfB Bottrop den vermeintlichen Ausgleichstreffer durch Luka Bosnjak wegen Abseits aberkannte. Wenig später entschied er auf Handspiel, als Seyit Ersoy im Strafraum Elfmeter-würdig zu Fall gebracht wurde.

Hart war auch die Entscheidung, Emre Köksal mit der Ampelkarte vom Feld zu stellen (90+2). Bottrops Kapitän hatte nach etlichen fragwürdigen Entscheidungen Redebedarf. Heinen beendete die Diskussion mit der zweiten Gelben Karte gegen den Innenverteidiger.

Turbulente Schlussphase: VfB Bottrop ist sich seiner Sache zu sicher

Als Ausrede für die Niederlage taugte die Schiedsrichter-Leistung allerdings nicht. Das gab auch Trebaljevac zu: „Wir verlieren das Spiel wegen unserer Nachlässigkeiten.“ Damit traf der Coach einen wunden Punkt: Der VfB war traumhaft in die zweite Halbzeit gestartet, krönte gleich seinen ersten Angriff mit dem 1:0 durch Enes Bilgin (46./Vorlage durch Steinmetz) und wirkte im Anschluss fast unverwundbar.

Budberg versuchte alles, blieb offensiv aber blass und hatte reichlich Mühe, den Gast aus der Gefahrenzone zu halten. Die klaren Verhältnisse stiegen dem VfB in der Schlussphase offensichtlich zu Kopf. Nach einem Ballverlust im Mittelfeld kam der eingewechselte Florian Mordt an den Ball und traf mit einem flachen Schuss zum Ausgleich. Nur wenige Sekunden später war Mordt Vorlagengeber. Moritz Paul köpfte die Flanke zum 2:1 über die Torlinie (84.).

Die Enttäuschung im Lager des VfB Bottrop war groß, als Heinen die Partie in der sechsten Minute der Nachspielzeit abpfiff. Der Aufsteiger hatte ein richtig gutes Spiel abgeliefert, war das mit Abstand bessere Team, bezahlte aber Lehrgeld. Für Trebaljevac kein Grund, schwarz zu malen. Das gehöre zur Entwicklung dazu. Weiter geht es für die Schwarz-Weißen am kommenden Sonntag mit einem Heimspiel. Dann kommt die SG Schönebeck ins Jahnstadion (15.15 Uhr).

Statistik - So haben sie gespielt

SV Budberg - VfB Bottrop 2:1 (0:0)
Tore: 0:1 (46.) Bilgin, 1:1 (82.) Mordt, 2:1 (84.) Paul. Budberg: Anders; Janßen (61. Egging), Severith (46. Häselhoff), Paul, Kocagöz, Kömpel, Hahn (78. Mordt), Weyhofen, Umberg (46. Eckhardt), Nowak (86. Vana), Terfloth. Bottrop: Frenzel; Aydin, Köksal, Bilgin (54. Ersoy), Pöschl (86. Nazarov), Jemaiel (74. El-Moussa), Matthes (85. Biskup), Kljajic, Aksu, Ansah, Steinmetz (67. Bosnjak). Schiedsrichter: Maik Heinen. Zuschauer: 400.

Der Liveticker zum Nachlesen

SV Budberg - VfB Bottrop 2:1 (0:0)

16.54 Uhr: Das Spiel ist raus. Der VfB Bottrop kassiert seine erste Saisonniederlage und unterliegt dem SV Budberg mit 1:2.

16.52 Uhr: Kapitän Emre Köksal sieht Gelb-Rot wegen Reklamierens.

16.48 Uhr: Keeper Anders faustet einen verunglückten Flankenball ins eigene Netz. Der Schiedsrichter entscheidet auf Abseits.

16.42 Uhr: 2:1 für Budberg. Mordt ist diesmal Vorbereiter. Seine Flanke wird von Fynn Eckhardt über die Linie geköpft

16.41 Uhr: Der Ausgleich. Das 1:1 durch den eingewechselten Florian Mordt fällt aus heiterem Himmel.

16.27 Uhr: „ Du kannst mit deinem Arsch zuhause bleiben. Ich bin noch zwei Jahre hier. Sowas wie dich können wir hier nicht gebrauchen!“ Budbergs Trainer Tim Wilke wird laut und legt sich mit einem meckernden Zuschauer an.

16.13 Uhr: erster Wechsel beim VfB Bottrop. Für Enes Bilgin kommt Seyit Ersoy.

16.06 Uhr: 1:0 für den VfB. Enes Bilgin trifft nach Vorlage von Raphael Steinmetz.

16.05 Uhr: Die zweite Halbzeit läuft.

15.55 Uhr: Halbzeitfazit: Der VfB Bottrop war die klar bessere Mannschaft in der ersten Halbzeit, konnte sich aber nicht belohnen.

15.49 Uhr: Halbzeitpause

15.44 Uhr: Steinmetz schießt aus 20 Metern knapp links vorbei.

15.35 Uhr: Schiedsrichter Heinen zeigt Dusan Trebaljevac die Rote Karte. Bottrops Trainer soll einen ins Seitenaus laufenden Ball noch im Spielfeld gefangen haben. „Unsinn“, sagt Trebaljevac.

15.30 Uhr: eine halbe Stunde ist hier gespielt. Der VfB Bottrop ist die klar tonangebende Mannschaft, das einzige, was fehlt, sind die Tore.

15.21 Uhr: Jetzt klärt Anders in letzter Instanz gegen Jemaiel. Das 1:0 für Bottrop liegt in der Luft.

15.19 Uhr: Riesenchance für den VfB Bottrop. Ein Budberger spielt Steinmetz den Ball in den Fuß. Doch der verliert im Zweikampf mit Torhüter Anders.

15.15 Uhr: Raphael Steinmetz versteckt sich hinter vier Spielern auf der Ersatzbank. Der Mittelfeldspieler muss seine Radlerhose wechseln.

15.12 Uhr: Jemaiel zieht aus spitzem Winkel ab. Knapp daneben.

15.11 Uhr: Enes Bilgin kommt nach Flanke von Gino Pöschl zum Abschluss, bekommt aber keinen Druck auf den Ball. Leichte Beute für Anders.

15.07 Uhr: Der VfB kommt gut ins Spiel, setzt Budberg früh unter Druck. Budbergs Keeper Anders hat schon reichlich Ballkontakte.

15.02 Uhr: Schiedsrichter Maik Heinen pfeift die Partie an.

14.45 Uhr: Die Aufstellungen sind da. Der VfB setzt auf: Frenzel; Aydin, Köksal, Bilgin, Pöschl, Jemaiel, Matthes Kljajic, Aksu, Ansah, Steinmetz. 35-Tore-Mann Rene Biskup bleibt noch auf der Bank. . Budberg: Anders; Janßen, Severith, Paul, Kocagöz, Kömpel, Hahn, Weyhofen, Umberg, Nowak, Terfloth.

Drei Siege in Serie, Tabellenführer. Viel besser hätte sich der VfB Bottrop den Start in die Landesliga-Saison nicht vorstellen können. Der Aufsteiger hat die ersten Wochen der Punktspielserie genutzt, um seine Visitenkarte abzugeben und Selbstvertrauen zu tanken. Kein anderes Team der Liga ist noch verlustpunktfrei. Kein anderes Team ist noch ohne Gegentreffer.

Trotz der makellosen Bilanz erkannte Dusan Trebaljevac auch nach dem 1:0 gegen den FC Überruhr am vergangenen Sonntag noch viel Verbesserungspotenzial. Bottrops Trainer monierte die ausgelassenen Torchancen, die das Spiel gegen die Essener in der Schlussphase zu einer Zitterpartie werden ließen: „Wir haben den Gegner unnötig im Spiel gehalten, hatten bis zur 70. Minute sicherlich noch die Kontrolle über die Partie. Aber zum Schluss haben wir uns dann zu sehr hinten reindrücken lassen und konnten kaum noch für Entlastung sorgen.“

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