Bottrop. VfL Grafenwalds Kathrin Schaffrath stieg einst in die 2. Liga auf. Gerne würde sie bei den Männern spielen und könnte es auch. Warum auch nicht?
Warum denn auch nicht? Spricht man mit Kathrin Schaffrath über ihre bisherige Fußballerinnen-Karriere, ist es diese Frage, die einem fast automatisch in den Sinn kommt.
Denn die 29-jährige Torhüterin vom VfL Grafenwald hat keine Lust, sich irgendwelchen künstlich erschaffenen Abgrenzungen zu fügen, sie sucht einfach die ganz persönliche Herausforderung – egal, ob bei den Frauen oder bei den Männern.
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Schaffrath spielt mit dem VfL Grafenwald in der Bezirksliga eine hervorragende Saison, steht sicher im Tabellenmittelfeld und könnte eventuell sogar noch auf Rang zwei klettern.
„Als Aufsteiger kann man damit zufrieden sein“, sagt sie, die sich beim VfL enorm wohl fühlt und angekommen zu sein scheint, nachdem sie in ihrer Karriere bei vielen Vereinen spielte.
VfL Grafenwalds Kathrin Schaffrath mag die Sonderrolle als Torhüterin
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Mit acht Jahren begleitete Schaffrath ihren Bruder zum ersten Mal mit eigenen Fußballschuhen zum Training, stellte sich in Velbert beim Verein Stella Azzurra vor, begab sich direkt ins Tor und blieb dort einfach bis heute.
„Wenn man einen Fehler macht, ist der Ball direkt drin. Mich reizt diese Sonderposition“, erklärt Schaffrath ihre Wahl auf die Rolle als Torhüterin, für die gerade im Frauenfußball händeringend nach talentiertem Nachwuchs gesucht wird.
„Wie viele Anrufe man in den Transferphasen bekommt, ist schon der Wahnsinn“, gibt Schaffrath zu, die unter anderem auch schon von Schalke 04 für deren neues Frauenfußballprogramm angefragt wurde
Der Aufstieg in die zweite Liga gelingt nur sportlich
Von Stella Azzurra ging es zunächst zur SSVg Velbert, auch dort spielte sie mit den Jungs zusammen. Nach der C-Jugend erlaubten dies die Statuten des Fußballverbandes Niederrhein aber nicht mehr, Schaffraths Weg führte deshalb nach Düsseldorf zum SV Lohausen, einer damals großen Nummer im Mädchenfußball und der richtige Klub für die heutige Bottroperin, die schon in frühen Jahren in Auswahlmannschaften des Verbandes spielte.
Über die Kontakte dieses erlesenen Kreises fand sie dann auch den Weg im Seniorinnenbereich zu Eintracht Solingen. „Das war eine super Mannschaft. Im ersten Jahr haben wir noch in der Niederrheinliga gespielt und sind dann aufgestiegen. Im Jahr darauf wären wir aus der Regionalliga sportlich auch direkt wieder aufgestiegen, konnten das aber nicht bezahlen. Unter anderem wäre die Platzanlage für die 2. Bundesliga zu klein gewesen, da hat so ein kleiner Verein keine Chance“, blickt Schaffrath zurück.
Als sie sich beruflich Richtung Oberhausen orientierte, wechselte sie zur Concordia in die Bezirksliga, dann zum RSV Klosterhardt in die Niederrheinliga. Da sich diese Mannschaft aber auflöste, führte Schaffraths Weg schlussendlich – mit einem halbjährigen Ausflug zu Rhenania – zum VfL Grafenwald.
Kathrin Schaffrath trainiert gemeinsam mit der Männermannschaft
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Dort spielt sie nun in der Bezirksliga, viel mehr ist trotz des großen Talents aufgrund von Knieproblemen leider nicht mehr wirklich drin.
Dennoch beschränkt sie sich nicht nur darauf, sondern sucht immer weiter nach Herausforderungen: „Es lief wie schon bei Concordia Oberhausen so, dass ich erst beim Torwarttraining des Vereins mitgemacht und dort auch mit den Männern trainiert habe. Das sah nicht so schlecht aus. Und deshalb trainiere ich nun auch so in der ersten Männermannschaft mit. Am Anfang haben mich ein paar schief angeguckt, aber das hat sich schnell gelegt.“
Gemeinsamer Spielbetrieb der Männer und Frauen hätte Vor- und Nachteile
Was ungewohnt klingt, ist beim VfL längst die Normalität, von der sowohl Schaffrath als auch die Männer profitieren. „Sie ist eine nette Person, sehr engagiert und könnte locker auch bei uns in der Liga spielen“, sagt Sven Koutcky, der Trainer der VfL-Herren. Genau dies würde Schaffrath auch gerne tun, wären da nicht – anders als in den Niederlanden – diese starren Begrenzungen des DFB.
„Es ist schade, dass man als Frau nicht bei den Herren spielen darf. Ich hätte da auf jeden Fall Lust drauf. Im Training ergibt es keinen Unterschied und ich glaube, im Spiel würde es das auch nicht tun“, so Schaffrath ganz nach dem Motto „Warum denn auch nicht?“.
Sie sieht aber auch die andere Seite der Medaille, so traurig es auch klingt: „Es ist ein zweischneidiges Schwert. Die talentierten Spielerinnen könnten zum Beispiel in eine Männer-Landesliga-Mannschaft gehen, weil sie dort teilweise schon mehr verdienen als in der Frauen-Bundesliga. Das fördert den Frauenfußball dann auch nicht.“
Trainerin beim Verband – aber zunächst einmal eine Weltreise
Für sie jedoch sind die Grenzen zwischen Männer- und Frauenfußball fließend, auf dem Platz sowie daneben. Aktuell coacht Schaffrath neben ihrer eigenen Spielerinnenkarriere beim Fußballverband Niederrhein die U11 und die U13-Mädchen-Auswahlmannschaft und stellt sich nun nach und nach im Trainerinnenbereich neuen Herausforderungen – allen vermeintlichen Grenzen zum Trotz- Schaffrath: „Ob ich Mädchen oder Jungen trainiere, ergibt gar keinen Unterschied.“
Wo auch immer sie ihre Trainerinnen-Laufbahn in der Zukunft auch hinführen wird, als Grenzgängerin kann sie auf ihren Erfahrungsschatz dabei sicherlich zurückgreifen und füllt diesen zudem immer weiter. Denn an dem 1. Juni steht zunächst eine einjährige Weltreise an. Ein halbes Jahr Südamerika, ein halbes Jahr Südostasien. Mit 29 – warum denn auch nicht?