Bottrop. Im Interview sprechen OB Bernd Tischler und Jürgen Heidtmann unter anderem über die Zukunft von Sportstätten und die Problematik beim Schwimmen.
Die Corona-Pandemie hat den Bottroper Sport hart getroffen. Mittlerweile ist wieder etwas Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Oberbürgermeister Bernd Tischler und Jürgen Heidtmann, der Leiter des Bottroper Sport- und Bäderbetriebs, sprechen im Interview über die Probleme in der Pandemie, Lösungsansätze und werfen einen Blick auf anstehende Aufgaben.
Bernd Tischler, Jürgen Heidtmann, seit Monaten ruht der organisierte Sport mittlerweile wieder. Seit eineinhalb Jahren ist – mit kurzer Unterbrechung – an keinen geregelten Ablauf zu denken. Wie oft erreichen Sie Fragen oder Beschwerden der Vereine, die weiterhin Geduld beweisen müssen?
Bernd Tischler: Der Sport- und Bäderbetrieb trägt die Hauptlast, was Fragen angeht. Aber auch mich sprechen die Sportlerinnen und Sportler an, wenn sie mich in der Stadt treffen. Man spürt durch die Bank diese Ungeduld. Aber sie ist alternativlos. Wir müssen die Dinge umsetzen, die uns von der Bundes- oder Landesregierung vorgegeben werden. Und man darf die Pandemie auch nicht unterschätzen. Wir erleben auch jetzt noch Fälle von Leuten, auch im mittleren Alter, die sehr schwer erkranken. Deswegen geben wir auch an die Vereine immer weiter, dass sie sich an die Regeln halten sollen. Nur so halten wir die Corona-Infektionszahlen gering.
Jürgen Heidtmann: Es war in den vergangenen Monaten schon sehr viel, insbesondere dann, wenn sich die Coronaschutzverordnung wieder ändert. Die Vereine sind ungeduldig, wollen auf die Plätze und in die Halle und stoßen sich auch manchmal an den Widersprüchlichkeiten in der Verordnung. Dann versuchen wir diese zu erklären, auch wenn es manchmal schwerfällt.
Durch die sinkende Inzidenz und den Wegfall der Bundes-Notbremse ist nun aber wieder Hoffnung vorhanden. Ist nun bald wieder alles normal?
Bernd Tischler: Wir sehen diese Perspektive, wir sehen den Impffortschritt und die sinkende Inzidenz. Aber keiner traut sich zu sagen, wann genau der Wert stabil unter 50 liegt. Das wäre ein wenig ein Lesen in der Glaskugel und da darf man auch keine falschen Hoffnungen schüren. Klar ist, dass wir alles tun, damit es so schnell wie möglich wieder starten kann.
Jürgen Heidtmann: Wir haben ständig Kontakt zu den Klubs. Wir helfen den Vereinen und beraten sie, wie sie das Training wieder aufnehmen und wie sie sich an die AHA-Regeln halten und trotzdem Sport betreiben können. Eins von mehreren Beispielen sind die Schwimmer der SVg Bottrop, die nun Trockentraining im Stadion machen.
Was allerdings noch lange nicht vergleichbar ist mit normalem Training im Schwimmbad. Marco Troll, der Präsident des Deutschen Schwimm-Verbandes, klagte im Februar darüber, dass Generationen von Kindern keine Chance mehr haben, Schwimmen zu lernen und den Lebensraum Wasser ohne Gefahr zu nutzen. Zudem werden die Wartelisten bei den Schwimmvereinen immer länger. Auch in Bottrop sind die Schwimmbäder noch geschlossen. Wie geht die Stadt mit dieser Problematik um?
Jürgen Heidtmann: Die Bäder sind momentan noch geschlossen und bleiben das auch, solange die Inzidenz nicht stimmt. Wir machen die nur für die DLRG und für Kinderschwimmkurse auf. Da sind wir nun mit den Vereinen in Gesprächen. Sie könnten Ende Mai wieder Kurse anbieten. Und zudem sind wir gerade auch in Gesprächen, das Lehrschwimmbecken in der Welheimer Mark für Kurse am Wochenende zu öffnen, um diese Situation etwas zu entschärfen.
Bernd Tischler: Es ist gut, dass wir in der Lage sind, zusätzliche Kapazitäten zu organisieren. Das ist auch ein wenig der Bottroper Weg. Wir versuchen, flexibel zu sein und Lösungen zu finden. Da gebe ich auch ein Kompliment an den Sport- und Bäderbetrieb. Jürgen Heidtmann und auch ich haben immer einen Wert daraufgelegt, einen engen Draht zur Sportszene zu haben.
Die scheint ihren Klubs im Vergleich zu den landesweiten Zahlen treu zu bleiben.
Jürgen Heidtmann: Ja, es treten wenige Mitglieder aus, aber es kommen auch keine neuen nach. Insgesamt halten die Mitglieder in Bottrop ihren Vereinen die Treue, mit der Ausnahme des Gesundheitssports. Dort gibt es Austritte, das ist aber der einzige Bereich, der mir bekannt ist.
Neben den Breitensportlern sind auch die Spitzensportler weiterhin zum Warten verdammt. Zum Beispiel fällt die Judo-Bundesliga erneut aus. Fehlt der Stadt somit nicht auch ein Aushängeschild?
Bernd Tischler: Ja, aber das geht allen Städten so. Ein anderes Aushängeschild war in der Vergangenheit aber zum Beispiel auch das sehr erfolgreiche Sportförderungsprogramm. Dafür sind auch in diesem Jahr schon die Termine festgelegt und es soll eine Art Restart sein, um die jungen Sportlerinnen und Sportler wieder fördern zu können. Da geht es auch nicht nur im Judo sondern auch um Leichtathletik, Schwimmen oder Tennis. Damit wollen wir auch ein Zeichen setzen, dass es wieder losgeht.
Kurz vor der Pandemie ging es auch mit den CO2-Ampeln in den Bottroper Sporthallen los. Wie sind die bisherigen Erfahrungen?
Jürgen Heidtmann: Das System scheint zu funktionieren. Aber noch müssen wir das mit einer Einschränkung versehen, denn wir konnten es noch nicht bei Vollbelastung der Hallen ausprobieren.
Hat die Pandemie auch andere strukturelle Projekte im Sport betroffen, die ohne sie schon viel weiter wären?
Jürgen Heidtmann: Auf Eis gelegt worden, ist eigentlich nichts. Die Zeit, in der wir etwas mehr Ruhe hatten, haben wir auch genutzt, um einzelne Projekte weiterzuentwickeln. Dabei geht es um Talentsichtung, Talentförderung oder auch um die Einführung eines neuen Kassensystems in den Hallen- und Freibädern, das ab dem 1. Juni starten könnte. Wir gehen hier weg von dem alten Preistableau und haben es total verschlankt. Wenn der Rat zustimmt, werden wir keine Eintrittsgelder für Kinder bis sechs Jahre mehr nehmen und eine Geldwertkarte anbieten, wobei man auch online bezahlen. Dieses Projekt hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen, das wäre beim laufenden Betrieb in dieser Form so nicht möglich gewesen.
Bernd Tischler: Zudem sollen die Hallen- und Freibäder im Sommer wieder umsonst für die Bottroper Schüler sein. So etwas gibt es glaube ich nur hier.
Welche weiteren Aufgaben stehen im Bottroper Sport demnächst auf der Agenda?
Bernd Tischler: Nach der Sommerpause wird die Sportstättenentwicklungsplanung ein großes Thema sein. Hier gucken wir uns in der gesamten Stadt an, welche Sportanlagen in welchem Zustand sind, wie sie genutzt werden und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Wir entscheiden, wo investiert wird und wo nicht mehr viel gemacht werden kann. Und wir planen und bauen gerade zwei große Sporthallen. Die Halle am Josef-Albers-Gymnasium ist schon weit fortgeschritten und für die zweite in Kirchhellen laufen die Vorarbeiten. Dazu kommen Fördermittel für das Stenkhoff-Bad, um es umzubauen. Das sind Millioneninvestitionen in den Sport, es ist eine Riesen-Nummer.
Durch die Sportstättenentwicklungsplanung könnten aber auch weitere Sportanlagen verschwinden. Wirft man einen Blick auf den Fußball, kommen da schnell die Ascheplätze in den Sinn. Die Anlage Am Langen Damm in der Welheimer Mark ist zum Beispiel schon geschlossen.
Bernd Tischler: Wir gucken uns jede Anlage an. In Welheim muss man aber auch die neue Anlage an der Welheimer Straße sehen. Dort ist durch die Kombination der Investition von Manuel Neuer mit seiner Manuel Neuer Kids Foundation und unserer Investition ein super Angebot für Kinder und Jugendliche im Stadtteil entstanden. Und das nicht nur im Sport sondern auch in der Bildung.
Jürgen Heidtmann: Es geht nicht nur um Schließungen, sondern darum, den Sportbereich an sich weiterzuentwickeln. Wenn man an einem Standort sagt, dass wir ihn leider aufgeben müssen, müssen wir auch andere Standorte weiterentwickeln und die fördern, damit sie zu einem Magnet werden. Es gibt Sportstätten, die das Potenzial haben, zu etwas Großem zu werden. Und es geht auch nicht nur um die Sportstätten an sich, sondern auch um Bewegungsräume wie die Halde oder der Wald. Es ist ein allgemeiner Blick drauf.
Werfen wir genau den doch noch einmal in die Zukunft. Bei welchem sportlichen Großereignis werden wir Sie – immer unter der Voraussetzung einer positiven Entwicklung bei der Bekämpfung der Pandemie – wieder vor Ort treffen können?
Bernd Tischler: Es gibt die Tradition, dass der Oberbürgermeister beim Herbstwaldlauf den Startschuss geben darf. Darauf freue ich mich jetzt schon.