Bottrop. In den Niederlanden können Frauen ab der kommenden Saison bei den Männern mitspielen. In Bottrop überwiegt die Skepsis - auch wegen der Zuschauer.

Frauen, die in Männer-Fußballmannschaften mitspielen. Bisher ist das im Amateurfußballbereich die absolute Ausnahme und kommt meist nur im Jugendbereich vor. In den Niederlanden könnte es ab der kommenden Saison aber völlig normal sein. In Bottrop herrscht indes viel Skepsis bei dem Thema.

Der niederländische Verband spricht von einem „historischen Moment“

Der niederländische Fußballverband KNVB entschied kürzlich, dass Frauen ab der kommenden Saison in allen Amateurligen gemeinsam mit Männern spielen dürfen. Die Rede war von einem „historischen Moment für den Amateurfußball und auch weltweit“, die Entscheidung sei ein Zeichen für Diversität und Gleichstellung. „Wir wollen, dass Mädchen und Frauen auf der Grundlage ihrer Qualitäten und eigenen Ambitionen einen passenden Platz in der Fußball-Landschaft finden“, sagte Jan Dirk van der Zee, der Direktor des Amateurfußballs beim KNVB.

Der Entscheidung vorausgegangen war ein vom KNVB positiv aufgenommener Test in der vergangenen Saison. Dort spielte Ellen Fokkema bei ihrem Amateurverein VV Foarut in der Männermannschaft in der siebten Liga mit, nachdem sie lange dafür gekämpft hatte.

Fokkema ist schon in dem Verein, seit sie fünf Jahre alt ist und spielte stets gemeinsam mit den Jungs. Durch den Übergang in die Seniorenmannschaften war dies aber nicht mehr möglich. Daraufhin stellte sie und ihr Verein einen Antrag, der dann zur Testfase und zum „Pilotprojekt Genderneutralität“ führte. Es war bereits der dritte Antrag, die ersten beiden hatte der KNVB noch abgelehnt.

Fortuna Bottrops Christian Amthor glaubt, dass sich die Frauen damit keinen Gefallen tun würden

In Bottrop überwiegt die Skepsis bei dem Thema. „Ich habe früher selbst bei der SG Hillen-Flaesheim gespielt. Die Frauen waren damals in der Bundesliga. Technisch waren die nicht schlechter als wir, aber die Kraft und Schnelligkeit war doch sehr unterschiedlich“, sagt Christian Amthor, Trainer der Frauenmannschaft des SV Fortuna Bottrop.

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„Deswegen sehe ich es kritisch. Wenn ich mir vorstelle, eine von meinen Mädels müsste bei der ersten Mannschaft spielen, sie würde untergehen. Selbst in den unteren Kreisligen wird es schwer werden, wenn die Männer körperlich dagegenhalten“, so Amthor. Er findet die Idee an sich gut, glaubt aber, dass sich die Fußballerinnen selbst damit keinen Gefallen tun würden.

„Technisch sind die Frauen oft echt gut, taktisch aber etwas hinten dran, weil es wenig Jugendmannschaften gibt. Bis zur D-Jugend spielen sie mit den Jungs zusammen und dann ist da oft leeres Land. Ich erachte es als nicht sinnvoll, es sei denn, es ist ein mega Ausnahmetalent“, sagt Amthor.

Rhenania Bottrops Marcel Dietzek vermutet Stress auf dem Platz

Ähnlich sieht das auch Marcel Dietzek, der Abteilungsleiter für den Frauenfußball bei Rhenania Bottrop. Für den Fall, dass es in der Nähe keine Frauenmannschaften gibt, sei die Regelung eine gute Lösung, sagt Dietzek, „aber nur für diesen Fall. Ich glaube, wir sind in Deutschland im Frauenfußball gut aufgestellt, da halte ich es nicht für nötig. Frauen- und Herrenfußball sind schon unterschiedlich“, so Dietzek.

Auch er führt die Argumente der Unterschiede bei der Körperlichkeit und der Geschwindigkeit an, weshalb Frauen, die eigentlich in höheren Ligen spielen könnten, bei den Männern vermutlich in der Kreisliga aktiv wären.

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Hinzu käme das Problem des möglicherweise gekränkten Stolzes. „Ich glaube, die Männer würden die Frauen in der eigenen Mannschaft beschützen wollen. Wenn eine Frau einen Gegenspieler nassmacht und der daraufhin die Frau härter angeht, gibt es Stress auf dem Platz“, sagt Dietzek.

Er würde daher eher daran arbeiten, den Frauenfußball zu fördern. „Wenn man das macht und die Vereine dahinter stehen, bekommt man auch attraktiven Frauenfußball hin. Ich finde gut, wenn Mädchen bei den Jungs mitspielen und das so hoch wie möglich. Aber im Frauenbereich sehe ich es nicht.“

Malin Cziuraj glaubt, dass es negative Kommentare der Zuschauer geben könnte

Mit dieser Einstellung stehen die Männer nicht allein da. Auch Malin Cziuraj, Kapitänin bei Rhenania Bottrop, schlägt in die gleiche Kerbe. „Ich finde die Idee grundsätzlich gut, sehe es aber in der Umsetzung problematisch“, sagt sie. Als Mädchen würde es Sinn ergeben, so lange wie möglich bei den Jungs mitzuspielen, später aber nicht mehr.

„Eine Frage ist, wie viele Frauen das schaffen könnten und eine andere ist, ob es Sinn ergibt, in einer niedrigeren Herrenliga statt einer höheren Frauenliga zu spielen“, so Cziuraj, die bei Rhenania Bottrop selbst bis zur D-Jugend-Leistungsklasse mit den Jungs spielte, ehe sie den Verein wechselte.

Hinzu käme noch ein mögliches Problem mit der Akzeptanz der Zuschauer. „Man muss ja nur in die sozialen Medien gucken, was da für Kommentare zum Frauenfußball sind. Es sind mehr negative als positive, es gibt viele, die Frauenfußball nicht anerkennen. Und wenn du dann die Mannschaften mischt, weiß ich nicht, wie das angenommen werden würde“, sagt Cziuraj.

BW Fuhlenbrocks Frauen stehen der Idee positiv gegenüber

Positiver steht dem ganzen Christiane Weidemann von Blau-Weiß Fuhlenbrock gegenüber. Ihre Spielerinnen seien von der Idee angetan und halten sie für gut, gerade bei Vereinen wie Fuhlenbrock. Wenn nämlich nicht genügend Spielerinnen für eine komplette Mannschaft zur Verfügung stehen, könnten sie dennoch in Pflichtspielen auf dem Platz stehen.

„Ja, die körperlichen Unterschiede sind da, aber in den unteren Ligen sehe ich da überhaupt keine Probleme. Die Mädels sind technisch oft besser als die Jungs, da könnten alle von profitieren“, so Weidemann.

Sie merkt auch an, dass es zum Beispiel im Behindertensport bereits völlig normal sei. „Da gibt es gemischte Mannschaften und ich sehe seit 2019 in jedem Spiel, dass es geht“, so Weidemann, die Schiedsrichterobfrau in der Abteilung Fußball im Behinderten- und Rehabilitationssportverband Nordrhein-Westfalen (BRSNW) ist.

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