Wattenscheid. Wattenscheid-Fans hätten fast für den Abbruch der Partie gegen Schermbeck gesorgt - ein Tiefpunkt. Der Verein will und muss sich nun wehren, denn der Zusammenhalt bröckelt.
Hat die SG Wattenscheid 09 ein Fan-Problem? Man kann die Frage sicher nicht pauschal mit ja beantworten. Aber fest steht: Wattenscheid 09 hat immer wieder Probleme mit seinen Fans. Bei Auswärtsspielen fielen Wattenscheider zuletzt fast regelmäßig negativ auf. Beim Heimspiel gegen Schermbeck am Sonntag sorgten Anhänger der SGW für eine Spielunterbrechung, die fast zum Abbruch der Partie führte - ein Tiefpunkt.
Wattenscheid-Sprecher Tobias Boccarius wurde nach der Partie deutlich: „Hier wurden Grenzen überschritten. Bei aller Emotionalität darf uns das nicht passieren. Einige Leute leisten dem Verein einen Bärendienst für Wattenscheid 09. Das war einfach nur scheiße.“ - Vorstandsmitglied Stefan Beermann sagte zur WAZ: „Wir werden daraus Konsequenzen ziehen.“
Wattenscheid 09: Mannschaft und Trainer ärgern sich über die Fans
Eine denkbare Reaktion sind Stadionverbote. Möglich ist aber auch, dass der Verein versucht, Geldstrafen an die Verursacher weiterzugeben. Liga-Konkurrent Spvgg. Erkenschwick kündigte zuletzt an, so bei Pyro-Strafen vorzugehen.
So stolz die Wattenscheider auf ihre Tradition und die Unterstützung der leidgeplagten Fans sind, so genervt sind Fans, Spieler und Verantwortliche davon, wie sich die Negativ-Ereignisse häufen. Der Zusammenhalt bröckelt.
Der Sportliche Leiter Richard Weber wollte keinen Kommentar abgeben. Er war am Sonntag mal wieder als Streitschlichter gefragt, ging wie schon in Ennepetal und in Wiemelhausen dazwischen. Mittelfeldspieler Tom Sindermann meinte: „Wir müssen zusehen, dass wir das wieder in den Griff bekommen.“ Trainer Christopher Pache sprach von einem „No-Go“.
Regenschirm-Wurf im Publikum
Dass sich auch Wattenscheider Fans an Wattenscheider Fans stören, wurde Sonntag deutlich: Schermbecks Kevin Schacht provozierte nach seiner Tätlichkeit, einige SGW-Anhänger sprangen über die Bande in den Innenraum, wurden handgreiflich gegenüber den Ordnern, die dazwischengingen. Aus dem Publikum gab es daraufhin Rufe wie „Reißt euch mal zusammen“ und „Es reicht jetzt“ - einer warf sogar seinen Regenschirm, was wiederum zu neuen Auseinandersetzungen im Publikum führte.
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Die Ereignisse vom Sonntag reihen sich ein: In Rheine war es noch relativ harmlos, Wattenscheider demolierten aus Frust eine Werbebande. In Ennepetal gab es erst eine handfeste Auseinandersetzung im Gästeblock, die zu einem Polizeieinsatz führte - nach dem Spiel bedrängten dann SGW-Fans den Schiedsrichter auf dem Weg in die Kabine. Beim Spiel in Wiemelhausen gerieten Wattenscheider mit Fans des VfL Bochum aneinander. Nun der Fast-Abbruch gegen Schermbeck.
Wattenscheid 09 muss Strafe zahlen
Der Verein leidet aus mehreren Gründen an seinen Fans. Vor allem tun die Geldstrafen weh. Alleine für die Vorkommnisse nach dem Spiel in Ennepetal, die der Schiedsrichter im Spielbericht festhielt, muss 09 eine vierstellige Strafe zahlen (laut Klub 1300 Euro). Die Strafe dafür, dass Fans am Sonntag in den Innenraum eindrangen und für die Spielunterbrechung sorgten, dürfte etwa doppelt so hoch ausfallen, vielleicht noch höher. Und das in einer Phase, in der der Stadionumbau den Verein sowieso vor Herausforderungen stellt, weil etwa Ticket-Einnahmen geringer ausfallen.
Der Zusammenhalt im Verein geht darüber hinaus kaputt, wenn Wattenscheider gegen Wattenscheider kämpfen, wenn ehrenamtliche Ordner von den eigenen Fans angegriffen werden.
Christopher Pache sagte: „Wir leben sowohl auf dem Platz als auch finanziell von den Fans. Deswegen müssen wir arg aufpassen. Ich hoffe, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen.“ Dazu leidet der Ruf des Vereins - und auch die Verhandlungsposition gegenüber der Stadt sowie die Perspektive an der Berliner Straße.
Wattenscheid spielt an der Berliner Straße auf Bewährung
Aufgrund der Bauarbeiten im Stadion wichen Polizei und Stadt bei ihrer Risikobewertung von der bisher gültigen Regel ab, dass Wattenscheid 09 keine Liga-Heimspiele an der Berliner Straße austragen darf: „Wir spielen hier auf Bewährung“, heißt es aus dem Klub. An der Berliner Straße gibt es anders als im Stadion keine richtige Fantrennung und nur eine niedrige Bande statt Zäunen.
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Für Wattenscheid 09 ist die Anlage an der Berliner Straße eine attraktive Ausweichmöglichkeit, eben weil die Sicherheitskosten hier im Vergleich zum Stadion niedrig sind und Ehrenamtliche den Ordner-Job übernehmen können. Fehlverhalten der Fans kann aber auch höhere Sicherheitsauflagen nach sich ziehen, und damit auch höhere Kosten. Im schlimmsten Fall dürfte die SGW gar nicht mehr hier spielen - daher will und muss der Verein reagieren.
Dabei sind es nicht immer die gleichen Fans, die unangenehm auffallen, es ist auch nicht immer die aktive Fanszene, auf die einige andere 09er gerne schimpfen. Und es sind auch nicht immer die gleichen Probleme - mal ist der Schiedsrichter involviert, mal ein Gegenspieler, mal VfL-Fans, mal geraten Wattenscheider untereinander aneinander. Nur eins stimmt immer öfter: Wo Wattenscheid spielt, gibt es Ärger.
SG Wattenscheid: News und Hintergründe zum Traditionsclub aus der Lohrheide
- Spielbericht: Sieben Tore in 103 Minuten - Wattenscheid 09 nach wildem Heimspiel enttäuscht
- Fan-Ärger: Spielunterbrechung, Angriff auf Ordner - wieder Fan-Ärger bei Wattenscheid 09
- Video-Zusammenfassung: Alle Tore und strittigen Szenen zur Wattenscheider 3:4-Niederlage gegen Schermbeck im Video.
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