Wattenscheid. Ex-Trainer Engin Yavuzaslan nimmt die Punkte mit - beim 3:4 gegen den SV Schermbeck war mehr drin für die Wattenscheider, die vom Ex-Coach aber Komplimente bekamen.

Engin Yavuzaslan brauchte mehrere Minuten für den kurzen Weg von der Kabine an der Berliner Straße zum Platz: Viele Fans der SG Wattenscheid 09 wollten dem Ex-Trainer Hallo sagen, ihm die Hand schütteln, ihn umarmen. Dass der ehemalige 09-Coach einen warmen Empfang bekommen würde, war abzusehen - dass er auch alle drei Punkte mit dem SV Schermbeck mitnehmen würde, gehörte aber nicht zum Plan.

3:4 endete die wilde Partie im Wattenscheider Regen. „Unnötig“ nicht nur aus Sicht von Wattenscheid-Vorstand Stefan Beermann. Die 09er verpassten damit den Sprung in die Spitzengruppe der Oberliga Westfalen.

SG Wattenscheid 09 gegen SV Schernbeck
Eduard Renke wird ermahnt - das Spiel Wattenscheid gegen Schermbeck war emotional, teilweise hitzig. In der Schlussphase schlugen Fans über die Stränge. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Yavuzaslan, als Schermbeck-Trainer weiter ungeschlagen bei vier Siegen aus fünf Spielen, bedankte sich nach dem Spiel mit warmen Worten. Er müsse den Tag erst einmal verarbeiten, sagte der Coach, der bis zum Sommer auf der Wattenscheider Bank saß und sich mit dem Klassenerhalt verabschiedete. „Alleine den Weg hierhin zu fahren war brutal emotional für mich - ich hab im Auto das Wattenscheid-09-Lied gehört, weil ich wahnsinnig schöne Zeiten hier hatte. Ich habe für mich als Trainer entschieden, die 90 Minuten einfach zu genießen.“

Er habe seine Mannschaft darauf eingestellt, was es heißt, in Wattenscheid zu spielen, auf engem Kunstrasen direkt an den Fans - zunächst kam seine Mannschaft damit aber nicht gut zurecht. Mit dem 1:1 zur Pause waren die Schermbecker gut unterwegs, drehten die Partie dann aber auf 4:1.

SG Wattenscheid 09 gegen SV Schernbeck
Engin Yavuzaslan erlebte ein warmes Wiedersehen mit dem Fans der SG Wattenscheid 09. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

In der Schlussphase wurde Yavuzaslans Hinweis auf die Fans dann auf unschöne Art und Weise bestätigt: Beim Stand von 2:4 ließ sich Schermbecks Kevin Schacht zu einer Tätlichkeit hinreißen, in deren Folge die Emotionen ins Negative umschlugen - einige Wattenscheider Fans sprangen in den Innenraum, aufgrund von Auseinandersetzungen unterbrach der Schiedsrichter die Partie - der Tiefpunkt einer spannenden, teilweise wilden Partie, in der Wattenscheid nur noch auf 3:4 herankam.

Wattenscheid 09 mit starker erster Halbzeit

Von Beginn an dominierte Wattenscheid mit seinem Pressing. Joey Gabriel nutzte direkt die erste Chance zum 1:0, traf im Nachsetzen - Keeper Phil Lenuweit, unter Yavuzaslan in der vergangenen Saison die Nummer zwei, verhinderte stark den Ausgleich. Die Wattenscheider spielten stark, ließen rund um die Mittelfeldzentrale um Tom Sindermann, Nico Buckmaier und Eduard Renke den Ball gut laufen.

„„Alleine den Weg hierhin zu fahren war brutal emotional für mich - ich hab im Auto das Wattenscheid-09-Lied gehört.““

Engin Yavuzaslan
Trainer des SV SChermbeck

Vorne gingen Robert Nnaji, Berkan Firat und Jamal El Mansoury immer wieder ins Dribbling, oft mit Erfolg. Nur: Es blieb zu lange beim 1:0, unter anderem Buckmaier, El Mansoury und Luca Pasche vergaben Chancen aufs zweite Tor zwischen der 30. und 40. Minute.

Schacht sorgt für den Ausgleich und fliegt dann spät vom Feld

Die Strafe war der Ausgleich kurz vor der Pause: Die Wattenscheider verloren im Vorwärtsgang den Ball in der gegnerischen Hälfte, die Schermbecker gingen 60 Meter, ohne einen Zweikampf bestreiten zu müssen. Sindermann klärte vor dem Tor nicht weit genug, Kevin Schacht glich aus.

SG Wattenscheid 09 gegen SV Schernbeck
Tom Sindermann und die SG Wattenscheid 09 unterlagen gegen Schermbeck. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Nach der Pause hatten die Schermbecker es dann leicht: Ein einfacher langer Ball die linke Seite hinunter erreichte Miles Grumann, der frei vor Lenuweit das Tor machte - Schermbeck nun vorn (50.). Nach gut einer Stunde regnete es in Strömen und auch mit der Wattenscheider Abwehr ging es dahin: Löbler erzielte das 3:1, nachdem die SGW erst den Ball verloren und dann mehrmals nicht richtig geklärt hatte (64.). Per Strafstoß erhöhte Schacht in der 78. Minute sogar auf 4:1 für den SVS.

Spiel wird in der Schlussphase nochmal spannend

Ein Eigentor nach einem Standard machte das Spiel wieder spannend, dann flog wie geschildert Schacht vom Platz, „dumm und naiv“ fand Yavuzaslan die Aktion. In der Folge wurde das Spiel für mehrere Minuten unterbrochen und stand sogar kurz vor dem Abbruch; Wattenscheider Spieler und Sportdirektor Weber mussten schlichten.

Als es weiterging, verlor die SGW auch noch den eingewechselten Loheider, der nach einem Zusammenstoß eine Platzwunde am Kopf hatte, nach dem Spiel mit einem blutigen Turban im Mannschaftskreis stand. In der 103. Minute erzielte Kouonang per Strafstoß noch das 3:4, aber kurz drauf war Schluss. Zu viele vergebene Chancen und zu viele defensive Fehler: Nach neun Gegentoren in acht Spielen gab es diesmal gleich vier in einer halben Stunde.

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 „Vier Gegentore sind zu viel. Wir haben uns in einer Viertelstunde den Schneid abkaufen und von den Emotionen anstecken lassen“, ärgerte sich Pache, der auch viel Lob für den Auftritt seines Teams hatte - er hatte im Vorfeld davor gewarnt, dass der kühlere Kopf gewinnen würde.

„Wir haben Wattenscheid genau in ihrer unorientierten Phase gepackt und eiskalt erwischt“, so Gäste-Coach Yavuzaslan auf der Pressekonferenz - danach gab es wieder Händeschütteln und ein Selfie mit alten Wattenscheider Bekannten für den Coach, der seinem Ex-Klub ausdrücklich alles Gute wünschte, auch seinen ehemaligen Co-Trainer und Nachfolger Pache sehr lobte.

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Wattenscheid 09 verpasst Sprung in die Spitzengruppe

Der hätte statt Komplimenten allerdings sicher lieber die drei Punkte gehabt, damit wäre die SGW nämlich bis auf einen Punkt an den VfL Bochum II und zwei Zähler an Spitzenreiter ASC 09 herangerückt. So bleibt die SGW vorerst Neunter vor den Duellen mit den Zweitvertretungen vom SC Verl und von Preußen Münster an den beiden kommenden Wochenenden, die direkt vor der SGW stehen.

  • SG Wattenscheid 09: Lenuweit - Kaminski (60. Seltana), Kacmaz (73. Ko), Gabriel, Pasche (65. Loheider) - Sindermann, Renke (73. Habitz), Firat, Buckmaier (46. Kouonang), El Mansoury - Nnaji
  • Tore: 1:0 Gabriel (10.), 1:1 Schacht (44.) 1:2 Grumann (50.), 1:3 Löbler (64.), 1:4 Schacht (78. / Foulelfmeter), 2:4 Ovelhey (82. / Eigentor), 3:4 Kouonang (90. + 13 / Foulelfmeter)
  • Zuschauer: 619
  • Rote Karte: Schacht (85. / Tätlichkeit)