Wattenscheid. Engin Yavuzaslan rettete Wattenscheid 09 vor dem Abstieg, verabschiedete sich mit einigen Nebengeräuschen. Nun kehrt er mit Schermbeck zurück - es wird ein Spiel mit den Emotionen.

Engin Yavuzaslan war nicht einmal ein Jahr lang Trainer der SG Wattenscheid 09, aber die Zeit hat bei ihm Eindruck hinterlassen. Angesprochen auf den Unterschied zwischen seinem Ex-Verein und seinem neuen Arbeitgeber, dem SV Schermbeck, antwortet Yavuzaslan: „In Wattenscheid laufen vor dem Spiel Leute, auch Kinder, im Trikot über die Straßen - das gibt es so in Schermbeck nicht.“

Sonntag kommt es zum Wiedersehen (15.30 Uhr, Berliner Straße, Livestream auf waz.de/waz-live). Und auch wenn sein Abschied im Frühsommer von Nebengeräuschen begleitet war, gilt es auch andersherum: Auch Yavuzaslan hat in Wattenscheid Eindruck hinterlassen. Als vor einigen Wochen bekannt wurde, dass der 43-Jährige in Schermbeck übernimmt, waren alle 09er sicher, dass Yavuzaslan den SVS schnell aus dem Tabellenkeller führen würde.

Wattenscheid 09: Yavuzaslans starker Einstand in Schermbeck hat kaum jemanden überrascht

Und siehe da: Zum Einstand holte Yavuzaslan mit dem SVS ein 2:2 in Ahlen, es folgten drei Siege in der Oberliga und einer im Kreispokal. Als ungeschlagener Schermbeck-Trainer kehrt er am Sonntag nach Wattenscheid zurück, zu einer Partie mit ganz viel Vorgeschichte.

Fußball-Oberliga SG Wattenscheid 09 gegen den FC Brünninghausen
Wattenscheids Trainer Engin Yavuzaslan (von hinten) bejubelt mit Co-Trainer Christopher Pache das 1:0 gegen den FC Brünninghausen im März - Sonntag stehen die beiden sich als Trainer gegenüber. © FUNKE Foto Services | Biene Hagel

Wattenscheids Trainer Christopher Pache war einige Zeit lang Co-Trainer beim SV Schermbeck. Im Sommer wechselten mit dem Sportlichen Leiter Richard Weber und Co-Trainer Alexander Schlüter zwei Schermbecker nach Wattenscheid, die Pache gut kannte - mit Maik Habitz und Semih Sarli kamen auch zwei Verteidiger. Aber im Fokus steht natürlich Yavuzaslan, dessen Co-Trainer Pache in der vergangenen Saison war.

Was für einen Empfang wird er in Wattenscheid bekommen? „Ich glaube, bei den Fans herrscht vor allem Dankbarkeit Engin gegenüber“, sagt Pache. Kontakt zwischen ihm und Yavuzaslan gebe es zwar aktuell nicht, warme Worte findet er schon.

Interna rund um den Abschied sollen intern bleiben

„Wir haben im Sommer die Interna intern behalten, das bleibt auch so. Engin hat als Cheftrainer den Abstieg verhindert, es ist wichtig, dass man dem Respekt zollt“, so Pache, der noch deutlicher wird: „Als ich im letzten Jahr zu Engins Trainerstab gekommen bin, wurden im Verein Szenarien für die Westfalenliga geplant. Er hat dafür gesorgt, dass der Klub in der Oberliga geblieben ist.“

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Yavuzaslan übernahm Wattenscheid mit vier Punkten am Tabellenende, als andere Trainer beim Anruf des damaligen Sportvorstands Christian Pozo nichtmal ans Telefon gingen. Yavuzaslan verließ für die SGW seinen sicheren Posten in Vreden - er hätte sich das nicht antun müssen. Gemeinsam mit Sportchef Hartmut Fahnenstich baute er den Kader gnadenlos um und schaffte vorzeitig den Klassenerhalt.

Yavuzaslan kehrt als Retter zurück nach Wattenscheid

Dabei eckte er an, machte sich im Verein und in der Mannschaft nicht nur Freunde - das war aber an vielen Stellen wohl auch nötig, um den taumelnden Traditionsverein kurzfristig wieder in die Spur zu bringen. Auch wenn einige in Wattenscheid froh sind, dass Yavuzaslan nicht mehr da ist: Er kehrt vor allem als Retter zurück.

Auch Yavuzaslan betonte mehrfach, er sei in Wattenscheid noch nicht fertig gewesen - aber seine Aufgabe habe er erfüllt. Vor seiner Rückkehr sagt er: „Die Größe und Wucht des Vereins sind beeindruckend. Es ist eine Ehre, dass ich mich Wattenscheid-Trainer nennen darf.“

Schermbeck kommt mit hoher Motivation - Pache will bremsen

Wer Yavuzaslan kennt, weiß aber auch, dass er am Sonntag brennen wird - nicht, dass er ein Typ ist, der Extra-Motivation braucht. Er ist ein harter Arbeiter, der emotional und manchmal hitzköpfig ist. Christopher Pache sagt: „Wir wissen, dass Engin mit viel Energie reinkommen wird. Er hebt die Motivation aufs höchste Level.“

Bei dem einen oder anderen Spieler im Wattenscheider Kader dürfte es genau so sein. Was Pache nicht schmeckt. Er sagt: „Wir ordnen das bei den Jungs ein und bremsen, wenn nötig: Das Thema Engin sollte scheißegal sein - das müssen wir beiseite legen und an den Matchplan glauben. Wir dürfen nicht durch Emotionalität unsere Struktur verlieren.“

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Sarli fehlt, Sindermann wieder dabei

Denn mit Ruhe und Cleverness sei seine Mannschaft schwer schlagbar: „Wir haben die wenigsten Gegentore aller Teams, das spricht für uns. Wir sind strukturierter und haben eine brutale Defensive, die wir letztes Jahr nicht hatten. Wir sind da insgesamt um einiges weiter. Wenn wir das am Sonntag über eine lange Distanz hinbekommen, haben wir gute Chancen.“ Der kühlere Kopf werde gewinnen, ist sich Pache sicher, der an seine Schermbecker Zeit wiederum auch nur „brutal schöne Erinnerungen“ hat.

Einer wird das Wiedersehen aber verpassen: Semih Sarli fehlt weiter - Tom Sindermann ist nach seiner Verletzung aus Wiemelhausen dagegen wohl schon wieder fit für das Spiel gegen den Ex-Coach.

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