Wattenscheid. Christian Pozo y Tamayo, Sportvorstand der SG Wattenscheid 09, spricht über seine Zukunft, Sponsoren, Rücktrittsgedanken und Stürmer Lerche.

Die Ausgangslage ist klar: Regionalligist SG Wattenscheid 09 muss seine letzten beiden Saisonspiele gegen Düren und in Düsseldorf U23 gewinnen, RW Ahlen beide verlieren. Nur dann würde die SG den Klassenerhalt doch noch feiern. Ahlen spielt noch gegen Fortuna Düsseldorf U23 und beim feststehenden Meister Preußen Münster.

Vor dem letzten Saisonheimspiel der SG 09 gegen Düren am Samstag (14 Uhr, Lohrheidestadion) äußerte sich 09-Sportvorstand Christian Pozo y Tamayo zur Situation, seiner Zukunft, die Ziele, Kritik von Fans und Wattenscheidern im Hintergrund, das große Thema Geld und die Chance, Stürmer Dennis Lerche zu halten.

Herr Pozo y Tamayo, die Saison zieht sich wie Kaugummi. Haben Sie sich das im Sommer so vorgestellt?

Christian Pozo y Tamayo: Wir haben immer gesagt, dass es bis zum allerletzten Spieltag um alles gehen und dass es ein Endspiel gegen Düsseldorf II geben wird. Es kann sein, dass wir dieses Ziel erreichen.

Immerhin können Sie mit etwas Glück in der Regionalliga bleiben…

Theoretisch und mathematisch ist das so. Wobei ich darauf hinweise, dass wir in diesem Jahr ein Spiel auf dem Platz gewonnen haben und ein weiteres am Grünen Tisch. Aktuell fehlt mir deshalb noch die Überzeugung, dass wir jetzt zwei Siege in Folge holen. Aber was nicht ist, kann noch werden. Dass dieses Potenzial in der Mannschaft steckt, hat sie im Winter bewiesen. Es wäre schön, wenn sie das jetzt nochmal täte.

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War in dieser Saison aus Ihrer Sicht viel Pech dabei?

Wir stehen seit dem ersten Spieltag im Tabellenkeller. Und jetzt werfe ich gern ein paar Euros ins Phrasenschwein und sage, was einem in so einer Situation am Stiefel klebt. Das ist wohl so ein ungeschriebenes Gesetz, aber manchmal frage ich mich, was wir verbrochen haben, dass wir so leiden müssen. Wenn ich daran denke, dass Felix Casalino in Oberhausen den Pfosten trifft und der Ball wieder rausspringt - das würde 19 von 20 Fällen nicht passieren.

Trotzdem: Kam der Aufstieg zu früh?

Wenn wir nun absteigen und dann wieder oben dabei sind – was ändert sich? Es ist und bleibt eine finanzielle Frage. Um konkurrenzfähig zu sein, fehlen uns knapp 250.000 Euro. So lange wir die nicht haben, ändert sich das nicht, dass ein Aufstieg zu früh kommt. In unserer Situation letztes Jahr hatten wir drei Möglichkeiten: Entweder nicht aufzusteigen, was wir nicht wollten. Oder wir hätten Geld ausgeben können, das wir nicht haben und dann im Dezember merken, dass was schief läuft. Die letzte Option haben wir gewählt, und die war die einzig richtige: Ohne viel Geld den maximalen Erfolg zu erkämpfen.

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Wird sich der Verein für größere Geldgeber öffnen, der dann auch mitsprechen darf?

Denkbar ist alles, wir würden auch das Gespräch suchen, aber es gibt genügend Szenarien, bei denen das nicht gut gefangen ist. Eins davon sind ja wir. Mir wäre es lieber, dass fünf Investoren kommen und uns machen lassen.

Warum nicht nur einer?

Es ist doch so: Wenn jemand viel Geld mitbringt, dann hat der ein Ziel. Er will ja davon profitieren, und das ist im Amateurfußball schwierig. Das geht als Sponsor in der Bundesliga, aber nicht bei uns. Es ist einfach nicht meine Idealvorstellung vom Fußball, dass einer die Kapelle zahlt und bestimmt, was sie spielt.

Der Anspruch auf Erfolg beim Publikum ist aber da. Wie wollen Sie dem auf Dauer gerecht werden?

Die Phantasie habe ich aktuell auch nicht. Deshalb habe ich neulich schon über eine gewisse Identitätskrise bei Wattenscheid 09 gesprochen. Es gibt eine Vorfreude aufs neue Stadion, aber ich weiß nicht, ob das eine große Änderung bringen wird. Es heißt ja nicht, dass man im neuen, schönen Stadion auch schönen Fußball spielen muss. Auch dann muss die Kohle von irgendwoher kommen.

Wie sehen Sie den Verein nach mehr als drei Jahren Vorstandsarbeit?

Wir können immer noch stolz auf unsere Arbeit sein, denn wir sind mit Siebenmeilen-Stiefeln durch die ersten Jahre gegangen. Jetzt haben wir unsere Grenzen kennengelernt, das muss auch sein. Aber wir müssen aufpassen, wie wir vor allem im Fall des Misserfolgs miteinander umgehen. Jeder, der das mitbekommen hat, wird mir da beipflichten. Ich hoffe, dass der eine oder andere wieder zur Vernunft gekommen ist.

Ist denn noch mehr passiert nach dem Appell?

Nein, es war sehr ruhig. Offensichtlich hat die Ansage des Vereins gewirkt, aber die Mannschaft hat auf dem Platz auch eine gute Leistung gezeigt.

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Sie haben sich selbst die Verantwortung für die mangelnde Qualität im Kader gegeben. Was ist Ihre Konsequenz daraus?

Ich habe aber auch gesagt, dass nicht einzelne Personen Schuld an der sportlichen Situation sind. Wenn man zu der Entscheidung kommt, dass wir auf meinem Posten einen neuen Impuls brauchen, dann klebe ich nicht daran.

Sie bleiben aber Sportvorstand?

Wenn es bis jetzt keine Tendenz gibt, dass es jemand anders macht, dann bleibe ich das natürlich. Meine Mission im Verein ist in meinen Augen noch nicht abgeschlossen.

Christian Pozo y Tamayo mit Stürmer Dennis Lerche nach dem Spiel gegen RW Ahlen im Dezember. Der Sportvorstand der SG Wattenscheid hofft noch auf einen Verbleib des Torjägers.
Christian Pozo y Tamayo mit Stürmer Dennis Lerche nach dem Spiel gegen RW Ahlen im Dezember. Der Sportvorstand der SG Wattenscheid hofft noch auf einen Verbleib des Torjägers. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Zuletzt sprachen Sie davon, dass die Stimmung im Verein schlecht geworden ist. Haben Sie zwischendurch Gedanken ans Aufhören verschwendet?

Den Gedanken habe ich schon häufiger gehabt, aber das ist ja nichts Neues. Wir bekommen seit der ersten Sekunde Gegenwehr. Es gab schon den ersten offenen Brief gegen unsere Arbeit, bevor wir im Vereinsregister standen. Es gibt in Wattenscheid das Problem, dass es viele Menschen im Hintergrund gibt, die ein Problem damit haben, wenn es dem Verein gut geht. Ich weiß nicht, warum das so ist, ich bin ja kein Psychologe. Aber wir haben mehrmals Stimmen solcher Leute gehört, und das ist nicht besonders motivierend.

Gibt’s was Neues in Sachen Personalplanung?

Nichts Konkretes, nein. Wir sprechen mit einigen Spielern und hoffen, dass sie uns ihre Entscheidungen bald mitteilen. Tom Sindermann dürfte in dieser Woche den Anfang machen.

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Es hat sich in dieser Saison kein Transfer als echte positive Überraschung erwiesen. Warum, glauben Sie, ist das so?

Die Konkurrenzsituation ist eine andere, nicht nur in der Mannschaft, sondern auch in der Liga. Wir haben mit vielen zusammen gesessen und geredet. Die haben wir am Ende nicht bekommen, weil uns das Geld fehlte. Wenn wir die Mittel gehabt hätten, hätten wir die eine oder andere Überraschung erlebt. Aber es interessiert keinen Spieler, ob da noch der Staub aus der Bundesliga liegt. In der Oberliga vielleicht schon, aber in der Regionalliga geht es nach dem Fußball ganz, ganz schnell ums Geld. Abgesehen davon finde ich, dass Dennis Lerche eine Überraschung war. Ich hätte nicht gedacht, dass er so eine starke Bilanz schafft.

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Bleibt er denn?

Wir strecken uns für ihn, wir sind auch noch in der Verlosung. Ich würde mich freuen, wenn er bleibt.

Die Standardfrage fehlt noch: Was ist Ihr Wunsch für die kommende Saison?

Erstmal würde ich gern wissen, in welcher Liga wir dann spielen. Gerade versuchen wir, ein Trainingslager zu planen. Das können wir aber nur dann seriös machen, wenn wir wissen, wann unsere Saison beginnt. Und dann wollen und werden wir realistisch an die Sache gehen und hoffen, dass die Jungs wieder Kredit von den Fans bekommen.