Wattenscheid. Nach einem Drittel der Saison ist Wattenscheid 09 Regionalliga-Schlusslicht. Die Gründe sind vielschichtig – in unserer Analyse nennen wir fünf.
Nach dem elften Spieltag ist die SG Wattenscheid 09 Tabellenletzter der Regionalliga West. Seit sieben Spielen hat die Mannschaft nicht mehr gewonnen, einziger Sieg war das 3:0 in der Lohrheide gegen Fortuna Köln, mit dem das Team von Trainer Christian Britscho den Saisonstart mit drei Niederlagen (1:4, 1:4, 0:8) für den Moment vergessen zu machen schien.
Seither sind die Ergebnisse knapper - die 0:4 Heimniederlage gegen das damalige Schlusslicht SV Straelen ausgeklammert. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Wir nennen die fünf größten Probleme des ehemaligen Bundesligisten.
1. SG Wattenscheid 09: Ist der Kader regionalligatauglich?
Optimisten würden wohl auf die lediglich sieben Punkte zum rettenden Ufer hinweisen - bei zwei Dritteln verbleibender Spielzeit. Realisten wiederum dürften dagegenhalten, dass Wattenscheid 09 erst fünf Zähler geholt und in dieser Saison erst ein Spiel gewonnen hat. Noch dazu stellt die Mannschaft die mit deutlichem Abstand schwächste Abwehr der Regionalliga. Nicht nur aufgrund der jüngeren Historie darf die Frage gestellt werden, ob der Aufstieg für die SGW einen Deut zu früh kam.
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Ja – der Vorstand hat stets auf die Schwierigkeiten des einst chronisch klammen Vereins hingewiesen. Der Klub fährt einen finanziell seriösen Kurs, kalkuliert dabei also sportliche Rückschläge bewusst mit ein. Der Etat ist der kleinste der Liga. Die bisherige Bilanz der Mannschaft spiegelt das allerdings, anders als erhofft, auch wider.
2. Es ist kein starker Leader erkennbar
Emotionale Typen sind in Wattenscheid traditionell gern gesehen. In dieser Saison muss der Aufsteiger zwangsläufig über den Kampf in die Spiele finden. Mit Schönspielerei und ansehnlichem Kombinationsfußball dürfte der Oberliga-Zweite der Vorsaison kaum eine Chance haben. Aber wo war dieser Kampf? Und wer hat ihn gefordert, dabei auch die bisher sehr geduldigen Fans mitgerissen?
In der Lippstadt-Partie am vergangenen Sonntag wurde das einmal mehr deutlich: Erst rund zehn Minuten vor Schluss war Kapitän Marvin Schurig laut zu hören. An der Körperhaltung der Kollegen änderte sich in der Folge nichts. Andere Führungsspieler? Schwer zu finden. Berkant Canbulut ist das fußballerische Herz des Teams, ordnet sich selbst aber eher als ruhigen Vertreter ein. Timm Esser und Norman Jakubowski sind grundsätzlich für deutliche Worte bekannt und geschätzt – aber sie spielten (wieder) nicht, auch weil sie eine entsprechende Rolle nicht immer mit Leistung unterstreichen konnten.
Phasenweise fehlt dem Team aber die Führung. Im Außen- und auch im Innenverhältnis, wie aus Mannschaftskreisen zu hören ist, zum Beispiel was klare Kommunikation in Richtung Trainerteam angeht.
3. Offensiv fehlen 09 die Ideen
Langer Ball, Kim Sane startet – und schnell ist der Ball wieder weg. Gegen Lippstadt wollte Wattenscheid 09 über Schnelligkeit ins Spiel kommen. Das funktionierte nicht, weil der Plan einfach auszumachen war. Der pfeilschnelle Sane verfügt zwar über eine ordentliche Technik, aber gegen zwei oder drei Verteidiger kann er sich nicht durchsetzen. Das verlangt auch niemand von ihm, die Situationen sind trotzdem immer wieder da. Unterstützung bekam er kaum.
Und Ersatz von der Bank? Gegen Lippstadt reagierte Co-Trainer Timo Janczak spät, wechselte nach den Gegentreffern Mittelstürmer Timur Kesim ein. Eine echte Verstärkung konnte der beim Stand von 0:2 nicht mehr darstellen. Felix Casalino, bester Schütze der Aufstiegssaison, blieb auf der Bank.
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4. Fehlende Konstanz – auch innerhalb eines Spiels
Das Wattenscheider 2:2 in Mönchengladbach war durchaus beachtlich – am folgenden Spieltag unterlag die SGW aber mit 0:4 gegen dem bis dahin punktlosen SV Straelen. Der Mannschaft fehlt die Konstanz. Von Spiel zu Spiel, aber auch immer wieder innerhalb der 90 Minuten. Das Heimspiel gegen Lippstadt war dafür beispielhaft. Am Sonntag war 09 im ersten Durchgang einen Hauch besser, stand stabil und kämpfte. Nach dem Gegentor war davon nichts mehr zu sehen. Kein Kampf, kein Biss, kaum noch Struktur.
Verteidiger Tom Sindermann sagte danach: „Wir spielen kaum ein Spiel über 90 Minuten gut. Es bringt aber nichts, wenn wir immer nur eine Halbzeit mitspielen. Da kann man uns schon den Vorwurf machen, warum wir das nicht über 90 Minuten auf die Platte bringen.“
Die Konstanz fehlt, wie Spielern und auch dem Publikum besonders nach besseren Phasen wie Sonntag kurz vor der Pause immer wieder brutal bewusst wird.
5. Zu viele Wechsel in der Aufstellung
Der Blick auf den Aufstellungsbogen hält immer wieder Überraschungen bereit: Nahezu Woche für Woche ändert das Trainerteam die Wattenscheider Startelf. Mal sind’s verletzungsbedingte Wechsel, mal leistungsbedingte. Manchmal wird die taktische Ausrichtung dem gegnerischen und eigenen Personal angepasst. Meistens sind die Wechsel erklärbar – hin und wieder aber gibt es auch Personalentscheidungen, die auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar sind, die aber Schlüsselpositionen betreffen.
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Den Torwart etwa. Bruno Staudt war monatelang und vor allem in der Aufstiegsrunde einer der konstantesten Wattenscheider, ließ sich verhältnismäßig wenig zu Schulden kommen. Seit dem Heimspiel gegen Straelen aber stand der im Sommer verpflichtete Kilian Neufeld zwischen den Pfosten. Ein starker Keeper, wie sich mit Ausnahme seiner Slapstick-Einlage auch im Heimspiel gegen Lippstadt mehrmals zeigte. Er war auch nicht der erste Wattenscheider, der in dieser Saison mit einem groben Schnitzer ein Tor verschuldete. Doch der Wechsel hat, so ist zu vernehmen, Unruhe in Teile der Mannschaft gebracht.
Auch der Trainer sagte es zuletzt im Interview mit dieser Redaktion: Die stets wechselnden Aufstellungen sind ein massives Problem für die SG Wattenscheid 09. Es verhindert Konstanz, keine erste Elf, fast nichtmal ihr Gerüst hat sich bisher herauskristallisiert. Ein Problem kommt hinzu: Einen echten Knaller von der Bank konnte der Aufsteiger bislang noch nicht bringen.
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