Wattenscheid. Torhüter Neufeld ist der einsamste Mann nach Wattenscheids 0:2 gegen Lippstadt. Der Auftritt war nicht nur schlecht, macht aber wenig Hoffnung.

Ein Mann in Schwarz machte sich auf Richtung Wattenscheider Strafraum. Dort lag Kilian Neufeld, der, so sagte er später, über seinen Fehler nachdachte. Wer das war, der da zu dem Torhüter der SG Wattenscheid 09 eilte, war zunächst nicht zu erkennen. Erst als er sich zur Haupttribüne umdrehte der Aufdruck des Sponsors deutlich zeigte, dass es sich um einen Vertreter des SV Lippstadt 08 handelte, war klar, dass Wattenscheids Torhüter in diesem Moment wohl der einsamste Akteur seiner Mannschaft war.

Mit 0:2 (0:0) hatte der Aufsteiger eine insgesamt schwache Partie verloren, die Initialzündung aber war von einem haarsträubenden Fehler des Schlussmanns der Schwarz-Weißen ausgegangen. Keiner seiner Team Kollegen aber kam herüber, den Unglücksraben wieder aufzubauen. Stattdessen war Lippstadts Torwart Trainer gekommen, um Neufeld zumindest für den Moment wieder gut zuzureden.

SG Wattenscheid 09: Sieben Spiele in Serie ohne Sieg in der Regionalliga

Es war eine Szene, die auch Trainer Timo Janczak nach dem Spiel indirekt kritisierte. Zuspruch hätte dem Torhüter sicher gut getan, sagte der Vertreter des rotgesperrten Christian Britscho. „Wäre gut, wenn in so einer Situation der eine oder andere hingeht und ihm mal auf die Schulter klopft“, betonte Janczak auf Nachfrage. Die Szene nach dem Schlusspfiff zeigte, dass sich in der Mannschaft wohl nicht nur aufgrund des Ergebnisses, sondern vor allem aufgrund des Zustandekommens Frust aufgestaut hatte. So standen sie da, mit sich selbst beschäftigt und sichtlich unzufrieden - und mussten das siebte sieglose Spiel in Serie rekapitulieren.

45 Minuten hatte der Aufsteiger das Spiel völlig offen gestaltet, war phasenweise sogar die bessere Mannschaft gewesen. Lippstadt wirkte uninspiriert, doch auch die Gastgeber hatten keine exotischen Ideen, um der drögen Partie Leben einzuhauchen, etwa in Form eines Treffers. Emre Yesilova wurde ein Tor kurz vor der Pause aufgrund einer Abseitsstellung aberkannt, Umut Yildiz und Kim Sane vergaben in dieser guten Wattenscheider Phase die besten Chancen.

Individueller Fehler führt zum 1:0

Und dann kam kurz nach der Pause die Szene, die zur Schlüsselszene des gesamten Spiels wurde, das eigentlich keinen Sieger verdient gehabt hätte. Neufeld nahm einen Pass seines Mitspielers auf, zögerte mit der Weitergabe und ermöglichte Henri Carlo Matter das 1:0 (47.). „Es war ein individueller Fehler von mir. Darüber habe ich mich geärgert, weil ich weiß, dass ich das besser kann. Das war blöd“, erzählte Neufeld selbstkritisch nach dem Spiel.

Wattenscheids Torwart Kilian Neufeld.
Wattenscheids Torwart Kilian Neufeld. © FUNKE Foto Services | Biene Hagel

Was auffiel: Kaum ein Wattenscheider war danach sichtbar Willens oder gar in der Lage, Verantwortung zu übernehmen. Kapitän Marvin Schurigs Motivationsrufe waren erstmals in der 82. Minute deutlich auch auf der Tribüne zu vernehmen, doch zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Gastgeber offensichtlich mit der Niederlage abgefunden. Spätestens nach dem 0:2 von Viktor Maier (64.) war ohnehin klar, dass es wieder einmal ein Tag ohne Ausbeute werden würde. „Das Tor hat uns komplett den Stecker gezogen“, analysierte Co-Trainer Janczak. „Wir kommen nicht mehr in die Bahn, kommen nicht mehr in unser Spiel. Es war von der ersten Halbzeit war es okay, von der zweiten war es gar nicht okay.“

Eine Aufholjagd gibt es diesmal nicht – Neufeld rettet

Nach dem Wechsel hatte es lediglich zwei Torschüsse gegeben: In der 81. Minute hielt Julian Meier aus der Distanz drauf, stellte Lippstadt-Keeper Christopher Balkenhoff damit aber ebenso wenig vor Probleme wie mit seinem Freistoß in der 90. Lippstadt spielte derweil munter auf das dritte Tor, während Wattenscheid 09 auf das erste hoffte. Mehr kam nicht, gegen Lippstadt fehlte am Ende sogar der Kampf.

Den lieferte in erster Linie Kilian Neufeld, der sich zwar einen zweiten Treffer fing, aber in den anspruchsvollen Eins-gegen-eins-Situationen souverän agierte. „Da konnte ich mich noch einmal zeigen“, erklärte der Keeper. Er war bedient, ebenso wie die Kollegen, die sich erstmals in dieser Saison nicht von den Fans verabschiedet hatten. Der harte Kern der Anhänger war nach der obligatorischen Aussprache des Teams am Mittelkreis schon nicht mehr an seinem Platz. Auch auf den anderen Tribünen hatten sich die Reihen gelichtet.

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Ein gebrauchter Tag, aber ganz sicher nicht nur, weil Kilian Neufeld einen dunklen Moment erwischt hatte. Für den Keeper eben, der während der Saison den eigentlich starken Bruno Staudt abgelöst und bisher auch gut gehalten hatte. Es war lediglich ein winziges Mosaiksteinchen des Bildes eines Vereins, der nach elf Spieltagen in einer echten Krise steckt. Denn erneut musste die folgerichtige Frage nach der Partie lauten: Was soll Hoffnung machen, wenn die SGW selbst solche Spiele verliert?

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