Wattenscheid. Vor dem Spiel beim 1. FC Köln spricht Coach Christian Britscho im Interview über die Probleme der Mannschaft, Feierabendfußball und Fan-Support.
- In diesem Artikel finden Sie ein ausführliches Interview mit Wattenscheid-Trainer Christian Britscho vor dem Spiel bei der U21 des 1. FC Köln. Zu unserer Live-Berichterstattung aus Köln geht es hier.
Nach dem spielfreien Wochenende ist die SG Wattenscheid 09 beim 1. FC Köln II gefordert. Am Samstag (14 Uhr, Südstadion) will der ehemalige Fußball-Bundesligist Wiedergutmachung für die 0:4-Heimniederlage gegen Regionalliga-Schlusslicht Straelen betreiben. Im WAZ-Interview erzählt Trainer Christian Britscho (52), wie er die Niederlage aufgearbeitet hat, wo die Probleme seiner Mannschaft liegen und warum er glaubt, dass die SGW bald nachhaltig Regionalliga-Niveau zeigen wird.
Herr Britscho, wie haben Sie die Niederlage gegen Straelen mit der Mannschaft verarbeitet?
Christian Britscho: Das ist jetzt über zwei Wochen her. Von daher ist es in den Köpfen gar nicht mehr existent. Unser Fokus liegt voll auf Köln. Wir haben uns unsere Fehler genau angesehen, und natürlich wollen wir sie bestmöglich abstellen. Jetzt haben wir aber lange genug darauf herumgekaut.
Die Auftritte Ihrer Mannschaft waren bisher sehr wechselhaft.
Ja, und das ist der entscheidende Punkt. Wir haben immer wieder mal gezeigt, dass der eine oder andere Spieler Erfahrungspunkte in der Regionalliga braucht. Dazu gehört, dass es mal Negativerlebnisse gibt, auch innerhalb eines Spiels. Aber dann müssen wir halt den Ball auf den Mittelpunkt legen und weitermachen. Das haben wir gegen Straelen nicht getan.
Welche Erklärung haben Sie dafür?
Vielleicht fehlt einigen von uns die Erfahrung. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir oft die Notwendigkeit haben, die Mannschaft umzustellen. Das passiert oft aus Krankheits- oder Verletzungsgründen.
Zuletzt fehlten aber auch immer wieder Spieler aus privaten Gründen. Wird sich das ändern, wollen Sie da strenger werden?
Könnten die Jungs vom Fußball in Wattenscheid leben, würden wir das tun. So aber war es vorher besprochen und abgemacht. Daher halten wir unser Wort. Dass uns das manchmal nicht passt, ist klar. Aber man muss die Jungs auch verstehen. Sie betreiben einen hohen Aufwand, haben mit Arbeit und Sport teilweise einen 14-Stunden-Tag. So einen Aufwand muss man auch mal verdauen. Von 450 Euro kann man halt nicht mal zur Hälfte leben.
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Der oft benutzte Begriff Feierabendfußball gehört zum Leitbild des Vereins – aber auch der Zusammenhalt mit den Fans. Wie spüren Sie den aktuell?
Nach dem Straelen-Spiel sind wir zu den Fans gegangen und waren darauf gefasst, dass uns danach die Ohren klingeln. Aber wir haben nur Positives und Aufmunterndes gehört. Da kam nicht ein böses Wort. Mit diesem Augenblick haben gar nicht gerechnet. Seit ich in Wattenscheid bin, habe ich diesen riesigen Rückhalt immer gespürt. Aber es lief eben auch gut. Jetzt haben wir eine andere Tabellensituation.
Was haben die Fans denn gesagt?
Dass wir uns über sie keine Gedanken machen sollen. Und dass trotzdem Busse nach Köln fahren werden, damit wir da unterstützt werden. Und am Samstag fahren wirklich zwei volle Busse nach Köln. Das ist etwas, das den Jungs und mir viel Kraft gibt.
Das Wetter wird gerade mies. Hand aufs Herz: Noch so ein Auftritt, und gegen Lippstadt kommen 500 Leute in die Lohrheide, von denen 50 vom Gegner sind.
Das mag so sein. Aber das können wir nur durch Punkte verhindern. Mir ist klar, dass unsere Zuschauerzahlen leiden werden. Aber die, die vor zwei Wochen da waren und die Niederlage gesehen haben, haben mir nicht das Gefühl gegeben, dass es das letzte Mal war, dass sie da waren. So oder So: Wir werden es spätestens gegen Lippstadt wissen.
Was lässt Sie daran glauben, dass sich Ihre Mannschaft bald stabilisiert?
Die guten, intensiven Trainingsleistungen. Die habe ich auch vor dem Straelen-Spiel schon wahrgenommen. Wenn man die erste halbe Stunde sieht, war das auch okay und der Trainingsleistung entsprechend. Aber es wird zukünftig noch mehr darauf ankommen, Rückschläge wegzustecken. Dann muss der Punkt kommen, an dem wir konstant auf einem guten Level spielen können. Das muss jetzt im Oktober kommen.
Ist die momentan fehlende Konstanz auch ein Resultat der recht kurzen Pause zwischen den beiden Spielzeiten?
Die Vorbereitung war ja nicht kurz, aber wir hatten eine verkürzte Erholungszeit. Die Jungs wurden ins All geschossen, und als sie gelandet sind, mussten sie direkt weitermachen. Der Sprung in die Regionalliga war aber nicht nur der Sprung eine Liga höher, sondern noch viel höher. Das ist sehr schwierig, es sei denn, man kauft sich Regional- oder Drittligaspieler. Haben wir aber nicht gemacht.
Trauen Sie Ihrer Mannschaft denn zu, dass sie nachhaltig Regionalliga-Niveau beweist?
Ja, aber dazu gehört mehr als der Glaube des Trainers. Es sind viele Faktoren, auf die es ankommt. Das Spielglück, die Leidensfähigkeit, aber auch die Konstanz in der möglichen Aufstellung.
Sind eigentlich schon andere Vereine an die Jungs herangetreten, um sie aus Wattenscheid wegzulocken?
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Nein, das habe ich noch nicht gehört. Wenn das aber passieren würde, dann ist davon auszugehen, dass wir das noch nicht wüssten. Man weiß ja, wie es in dem Geschäft läuft. Aber das ist etwas, mit dem ich mich nicht auseinandersetzen möchte. Damit sowas passiert, müsste man die eigene Leistung etwas befeuern. Und bisher gehen die meisten Jungs mit ihrer eigenen Leistung jeweils sehr selbstkritisch um.
Positiv gesehen heißt das doch: Es ist Luft nach oben?
Wenn unser Gerüst über Wochen steht, hat das sicher ein paar Prozentpunkte positive Auswirkung nach oben. Wir hatten schon einige Spiele dabei, die sehr eng waren. In denen hätten wir diese paar Prozent gut gebrauchen können, dann hätten wir vermutlich auch mehr Punkte auf dem Konto. Aber wir wussten, worauf wir uns einlassen.
In Köln wartet eine U-Mannschaft auf Ihr Team. Welche Erwartungen haben Sie an Köln II?
Das ist Profitum, also genau das Gegenteil von uns. Nach Preußen Münster ist das die spielstärkste Mannschaft, die ich bisher gesehen habe. Wer Rot-Weiß Oberhausen mit 4:1 vom Platz schießt - da brauche ich nicht weiterzureden. An einem guten Tag ist Köln eines der Schwerkaliber der Liga. Wir haben den Anspruch, an unsere Leistung in Gladbach anzuknüpfen. Auch, um irgendwann zeigen zu können: Das können wir immer abliefern.
Wie sieht es personell aus?
Emre Yesilova wird krank ausfallen. Ansonsten wird es im Vergleich zum Straelen-Spiel die gleichen Voraussetzungen geben.
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