Wattenscheid. Nils Hönicke ist einer der Anführer der SG Wattenscheid 09. Er erklärt seine emotionale Spielweise - und wie viel für den Wiederaufstieg fehlt.

Mit 28 Jahren gehört Nils Hönicke zu den erfahrenen Spielern des Fußball-Oberligisten SG Wattenscheid 09. Der Blondschopf besticht als vielseitig einsetzbarer Mittelfeldspieler, vor allem aber als lautstarker Antreiber. Im Interview erzählt er, wie er seine Rolle interpretiert, warum er gern mit Trainer Christian Britscho streitet und dass er ein ambitioniertes Ziel mit seinem Klub verfolgt.

Herr Hönicke, Sind Sie der emotionalste Spieler der Mannschaft?

Nils Hönicke: Ich sehe, Sie haben sich vorbereitet (lacht). Ja, das stimmt wohl. Aber ich bin in den vergangenen Jahren schon etwas ruhiger geworden. Trotzdem versuche ich, die emotionale Schiene zu fahren. Unsere Mannschaft ist brutal jung, da ist es wichtig, mit Kopf und Herz da zu sein. Ich freue mich, wenn ich darauf positives Feedback bekomme. Wenn jemand nichts damit anfangen kann, ist das eben so.

Gab’s denn schon negatives Feedback?

Wenn man’s so will: Unser Co-Trainer Timo Janczak kommt in jeder Pause zu mir und sagt mir, dass ich gelb-rot-gefährdet bin. Aber soll ich mich jetzt noch ändern? Ich trage mein Herz auf der Zunge. Das hat mich schon ein paar Spielminuten gekostet und mir das eine oder andere persönliche Gespräch mit Trainer Christian Britscho beschert. Wenn ich dafür jemanden packen kann, nehme ich das in Kauf.

Auch interessant

Sie wirken neben dem Platz dafür sehr ausgeglichen und reflektiert.

Klar, auf dem Platz suche ich ja auch keine Freunde. Aus diesem Grund bin ich in Wattenscheid, da passt meine Mentalität hin. Ich betreibe großen Aufwand, um für den Verein spielen zu können. In Münster habe ich meinen Lebensmittelpunkt, bin angehender Lehrer und übe dort ein Ehrenamt aus.

Obenauf: Nils Hönicke haut sich hier im Spiel der SG Wattenscheid 09 gegen Westfalia Hernes Lokman Erdogan rein.
Obenauf: Nils Hönicke haut sich hier im Spiel der SG Wattenscheid 09 gegen Westfalia Hernes Lokman Erdogan rein. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Was machen Sie da?

Ich leite ein Seminar des Sportpatenprojekts an der Uni. Es ist super spannend, wir fördern Kinder durch sportliche Aktivitäten. Das gibt ihnen viel und uns Helferinnen und Helfern auch.

Wattenscheid 09: Hönicke ist einer der Anführer der Mannschaft

Setzen Sie Ihr Auftreten bei der SGW auch pädagogisch ein?

Ich spiele mit Jungs aus einer anderen Spielergeneration zusammen. Einige von ihnen haben in Junioren-Bundesligen gespielt und sind der Überzeugung, dass sie die Ober- und Regionalliga auf dem Weg nach oben einfach durchlaufen müssen.

Aber?

Wenn ich an meine jungen Jahre zurückdenke, kann ich sagen, dass es mir gut getan hat, dass ich erfahren Spieler neben mir hatte, die vorangegangen sind. Da musste ich teilweise nur mitlaufen und konnte trotzdem glänzen. Es gibt auf dem Platz Häuptlinge, und es gibt Schafe. Ich versuche, den jüngeren Spielern zu sagen: „Genießt, dass ihr noch Schafe sein dürft.“

Auch interessant

Haben Sie also den Wandel zum Häuptling geschafft?

Wenn ich kurz nachdenke, merke ich, dass es vielleicht ein zu starkes Wort ist. Wir haben mehrere Spieler, die vorangehen. Norman Jakubowski und ich zähle ich zum Beispiel dazu. Wir wissen ganz genau, was es bedeutet, für Wattenscheid 09 zu spielen. Und wir greifen auch ein, wenn wir beim Training 18- oder 19-jährige Jungs sehen, die mit leeren Händen vom Platz gehen. Hätte ich das in dem Alter gemacht, dann hätte mir mein damaliger Trainer Marco Antwerpen die Ohren langgezogen.

Und warum macht Christian Britscho das nicht?

Eine besonders positive Eigenschaft von ihm ist, dass er brutalst empathisch ist. Er war sehr lange Jugendtrainer und hat ein super Gespür dafür, wie junge Spieler ticken. In manchen Fragen reiben wir uns, aber er nimmt sich davon sehr viel an und lässt sich kritisieren.

Für Hönicke ist der Erfolg knallharte Arbeit

Er sagte neulich, dass in Wattenscheid vieles gut ist. Liegt das an der glücklichen Fügung, dass die Konstellation so ist, wie sie ist, oder ist das harte Arbeit?

Es ist knallharte Arbeit. Wenn ich an die Organisation denke, die da im Verborgenen läuft. Oder daran, wie viele Spieler wir damals abgeklappert haben, um sie von uns zu überzeugen. Und wir dürfen nicht die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer vergessen. Bei mir schließt sich so der Kreis. Das alles gilt es mit viel Liebe zu pflegen.

Steht die Mannschaft in der Tabelle da, wo sie hingehört?

Auch interessant

Vielleicht hört das im Verein niemand gerne, aber ich spreche das aus: Mit dieser Mannschaft können wir aufsteigen. Momentan sind wir bei 70 Prozent unseres Könnens. Bisher haben wir es aber noch nicht geschafft, ein Feuerwerk abzubrennen, wie wir es in der Vorbereitung gegen Emden oder im Pokal gegen Verl gemacht haben. Aber wir besitzen diese brutale Qualität, dass wir die Spiele immer wieder gewinnen. Wir können aufsteigen, deshalb spiele ich auch bei Wattenscheid 09.

Wattenscheid 09: Mehr aktuelle Artikel zum Lohrheide-Klub: