Bochum. Knapp 1000 Zuschauer verfolgen die Partie der SG Wattenscheid Stadion und feiern nach zwei schwierigen Jahren eine junge, hungrige Mannschaft.
In der 80. Minute wurde es dem Mann hinterm Tresen zu viel. Den ganzen Abend, ließ er die Umstehenden lautstark wissen, sei er noch nicht zum Rauchen gekommen. Es war einfach zu viel los vor seiner Theke. Und das trotz nasskalter Wetterlage. Wann der freiwillige Helfer dieses scheinbar dringende Bedürfnis stillen konnte, ist nicht überliefert.
Am Bierstand im Lohrheidestadion aber war noch lange nach dem Abpfiff ordentlich Betrieb. Dort sangen die Fans der SG Wattenscheid 09 so laut, dass Trainer Christian Britscho auf der Pressekonferenz kurz innehielt und darauf hinwies. „Ihr hört ja, was draußen los ist“, sagte der 51-Jährige und schloss an: „In der Kabine unten wird es nicht anders sein.“ In den Katakomben wummerten Bässe etwas flotterer Musik, die Spieler des Oberligisten feierten den 1:0-Sieg über den TuS Ennepetal so, wie junge Fußballer das eben tun.
Erste Pressekonferenz in der Geschäftsstelle seit zwei Jahren
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Dass draußen aber ein nicht unerheblicher Teil der 956 Zuschauerinnen und Zuschauer noch im Stadion geblieben war, gehörte zu den Besonderheiten des Abends. Oder - besser gesagt - der gesamten Entwicklung. Zu Beginn der PK - es war coronabedingt die erste, die wieder in der Geschäftsstelle stattfinden durfte - hatte Pressesprecher Björn Biberich darauf hingewiesen, dass das letzte Ereignis dieser Art fast auf den Tag genau vor zwei Jahren stattgefunden hatte.
Damals hatte die SGW das vorerst letzte Regionalliga-Spiel absolviert. Gegner war Fortuna Düsseldorf II. Und nun war Ennepetal zu Gast. Ein Gegner, bei dem allenfalls Trainer Alexander Thamm der Charme traditionsreichen Fußballs innewohnt, er spielte schließlich selbst mal in Wattenscheid. Und trotzdem wollten fast 1.000 Menschen das äußerst zähe Flutlichtspiel sehen, dessen Liebreiz man sich eigentlich schnell hätte entziehen können. Es sei denn, man hielt den Herrn am Bierstand mit weiteren Bestellungen weiter vom Rauchen ab.
„Das Wetter hat uns ein paar Zuschauer gekostet“
„Das Wetter hat uns ein paar Zuschauer gekostet“, mutmaßte Sportvorstand Christian Pozo y Tamayo nachher. Bemerkenswert: Vor rund zwei Jahren war er einer derjenigen, die rund um den Verein ganz andere Gedankenspiele veranstalteten. Spielt die SGW überhaupt noch einmal Fußball? Und wenn ja - wie schmerzhaft wird im schlimmsten Fall der Absturz aus der Regional- in die Kreisliga?
Aufgrund der Ereignisse der vergangenen zwei Jahre im Allgemeinen und bei der SG Wattenscheid im Besonderen ist somit alles relativ zu betrachten. In Wattenscheid wird längst wieder gekickt - mitunter sogar sehr gut, wovon Platz drei zeugt. Und dass an einem scheußlich kalten Freitagabend zu einem Spiel gegen ein Team aus dem Tabellenmittelfeld derart viele Besucherinnen und Besucher kamen, war angesichts des Regionalliga-Schnitts von deutlich unter 500 eine kleine Sensation.
Mike Lewicki stimmt die Welle an
Und so lieferte die Ehrenrunde der Mannschaft viele schöne Bilder. Wie etwa das von den lange nach Abpfiff noch gut gefüllten Rängen. Oder vom verletzten Mike Lewicki, der mit seinen Krücken die Welle anstimmte. Und schlussendlich Alexander Thamm und Christian Britscho, die von den Leistungen ihrer Teams schwärmten.
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So gab Wattenscheids Trainer mit seinen letzten Worten die Marschroute für den Rest des Tages vor: „Die Jungs können richtig gut feiern, und das werden sie heute Abend auch machen. Das haben sie sich verdient.“ Draußen sangen sie nach der PK immer noch. Im Keller dröhnte Musik aus den Boxen. Nur hinterm Bierwagen blieben die Rauchzeichen vorerst aus.