Essen. . Auf Facebook kann man mit Daumen-hoch-Symbol Beiträge “liken“, auf Youtube mit Daumen-runter-Zeichen Missfallen äußern. Wenn an diesem Sonntag das DFB-Team im Finale der Fußball-WM gegen Argentinien antritt, werden Millionen Fans etwas anderes tun: Daumendrücken. Wo kommt diese Geste eigentlich her?
Ein Voodoo-Priester hatte es vor dem Halbfinale gegen Brasilien mit schwarzer Magie versucht - um das DFB-Team negativ zu beeinflussen. Millionen hiesiger Fans werden an diesem Sonntag ebenfalls mit einer Art Zauber versuchen, die deutsche Fußball-Nationalelf im Spiel gegen Argentinien zu beeinflussen. Allerdings positiv: durch Daumendrücken.
Dabei ist der Unterschied zwischen Voodoo und Daumendrücken gar nicht so groß. Denn letztlich, sagen Forscher, wird beides zum Aberglauben gezählt.
Der Daumen steht für einen Dämonen
"Daumendrücken ist ein ganz alter Abwehrzauber", erklärt der Kölner Germanist und Kulturgeschichtler Prof. Karl-Heinz Göttert, der zu dem Thema ein Buch veröffentlicht hat. Schon bei den Römern, vor 2000 Jahren also, war der Brauch weit verbreitet, so habe es der römische Gelehrte Plinius der Ältere in seinem Hauptwerk "Naturalis Historia" beschrieben. Dabei steht der Daumen als stärkster Finger der Hand "stellvertretend für einen der Dämonen, der für Unheil sorgt", erklärt Göttert. In dem man ihn mit den anderen Fingern umfasst, "hält man den Dämonen im Zaum".
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Der Frankfurter Ethnologe Karl-Heinz Kohl hebt zudem "das altruistische Motiv" des Daumendrückens hervor, im Sinne eines Segnungsrituals. Denn mit Blick auf das WM-Endspiel "will man ja andere, nämlich die Fußballspieler vor Bösem bewahren". Daumengesten seien weltweit relativ verbreitet, sagt Kohl. Die Symbolik solcher Gesten sei allerdings nicht einheitlich, "jede Region hat ihre eigenen Gesten entwickelt".
Das gegnerische Fußballtor "stählen"
So sei das Daumendrücken auch in Europa nicht überall verbreitet. In Frankreich etwa oder in England, heißt es, werden statt dessen die Finger gekreuzt. "Auch das ist", sagt Karl-Heinz Göttert, "eine Abwehrgeste".
Voodoo-Bräuche, bei denen zum Beispiel Nadeln in Puppen gesteckt werden, sind im übrigen auch in Europa bekannt. Göttert spricht vom "Stählen". Dabei würden ebenfalls Nadeln an oder in Objekte gesteckt. Wer also als Deutschland-Fan das Spiel Argentiniens negativ beeinflussen will, könnte deren Tor im Stadion in Rio de Janeiro "verstählen".
Göttert selbst hält von diesen Relikten alten Aberglaubens allerdings nichts, sagt er. Der Zauber des brasilianischen Voodoo-Priesters hatte im Halbfinale gegen Deutschland seine Wirkung jedenfalls verfehlt. Wobei: die deutsche Elf spielte beim 7:1-Sieg gegen den Rekord-Weltmeister Brasilien irgendwie wie verzaubert, oder nicht?