Essen. Kevin Großkreutz, Fußball-Nationalspieler von Borussia Dortmund, hat betrunken in einer Hotel-Lobby uriniert. Das gehört sich nicht. Doch die Pinkel-Affäre taugt vor der WM nicht zum Skandal, sie ist: Pipifax. Ein Kommentar.

George Best, der wunderbare Dribbelkünstler aus Nordirland, hat einmal über sein Leben gesagt: „Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich sinnlos verprasst.“ In der Welt der Fußball-Fans lebt George Best auch nach seinem Tod als Ikone weiter.

Helmut Rahn, der Deutschland 1954 zum ersten WM-Titel schoss, war kurz vor dem Turnier aus dem Mannschaftshotel geflüchtet. Er war auf der Suche nach ein paar Bier. Bundestrainer Sepp Herberger wartete in der Lobby auf den Stürmer von Rot-Weiss Essen, redete auf ihn ein, und Rahn wurde zum Helden.

Gute Fußballer gibt es auf der Welt genug, Helden aber sind aus anderem Stoff. Sie sind außergewöhnlich auf dem Platz, und sie leisten sich zudem Ausbrüche aus der Stromlinienförmigkeit des modernen Fußball-Profis.

Eigentlich genau das, wofür Kevin Großkreutz steht. Aber warum gilt der Dortmunder Nationalspieler dann nur im eigenen BVB-Stadion als Held und wird vom Rest der Fußball-Nation als Rotzlöffel in die Schublade einsortiert?

Großkreutz' Skandalen fehlt das Charmante

Die Antwort lautet: Weil seinen Eskapaden das Augenzwinkernde, das Charmante fehlt. Einen angeblichen Döner-Wurf hat er aus der Welt schaffen können. Doch nach reichlich Alkohol mitten in der Lobby eines Hotels zu pinkeln, ist einfach nur blöd. Es gehört sich nicht, und Ende der Debatte.

Auch interessant

Der Deutsche Fußball-Bund mag Verfehlungen nicht, die an seinem Image kratzen. Die Nationalelf ist das Aushängeschild des größten Sportverbandes der Welt, das Sponsoren-Geld kommt von Firmen wie Mercedes oder Adidas. Pinkel-Affären mindern in diesem Umfeld das Ansehen und damit den Werbewert.

Davon abgesehen sind die Nationalspieler Vorbilder für die Jugend, ein paar einfache Regeln sind einzuhalten, das sollte machbar sein.

Großkreutz hat seinen Fehler eingesehen, er hat sich entschuldigt, und damit ist dann auch auf dieser Baustelle gut. Man sollte den Pipifax nicht größer machen, als er tatsächlich ist. In 17 Tagen beginnt die WM, und dann gibt es hoffentlich wichtigere Themen.