Bochum. Die Kombination Dariusz Wosz und Peter Neururer klingt wie eine Zeitreise in die neunziger Jahre. Doch sie funktioniert – der VfL hat zuletzt vier Siege in vier Spielen geholt. 11Freunde sprach mit Bochums Co-Trainer über den Abstiegskampf, Ascheplätze und Vorwürfe an seinen Chef.
Dariusz Wosz, 2007 beendeten Sie Ihre Karriere als Profi – und spielen seitdem für einen Bezirksligisten. Ein ehemaliger Nationalspieler als Amateurfußball: Warum tun Sie sich das an?
Dariusz Wosz: Ganz einfach: Ich wollte mich weiter fit halten. Mein ehemaliger Berater und Kumpel arbeitet beim SC Union Bergen im Vorstand, er lud mich ein, für seinen Verein zu spielen. Bis heute habe ich das nicht bereut.
Was war die größte Umstellung von Bundesliga auf Bezirksliga?
Wosz: Der Ascheplatz!
Furchtbar, was?
Wosz: Ach was, auf Asche bin ich doch auch groß geworden. Wenn man so will, bin ich einfach dahin zurückgekehrt, wo ich herkomme.
Welche Position spielen Sie inzwischen?
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Wosz: Ich habe hier schon jede denkbare Rolle gespielt. Mein Trainer sagt: Dariusz, spiel einfach wo du willst. Ich bin also frei wie ein Vogel.
Sie waren Nationalspieler, haben im Uefa-Cup gespielt und sehr viel Geld verdient. Wie viel Divenhaftigkeit mussten Sie sich abtrainieren?
Wosz: Och, das war schon alles im Rahmen. Nur mit den Schiedsrichtern war ich zu Beginn sehr selten zufrieden. Diese jungen Kerle könnten ja teilweise fast meine Söhne sein! Ich habe mich mit ihnen angelegt, sie haben mich verwarnt. Das war es dann aber auch.
Sind schon einmal von einer Bezirkssportanlage geflogen?
Wosz: Einmal. Aber das war ein Missverständnis. Ich wollte den Schiedsrichter gar nicht beleidigen!
Wie viele Kästen Bier mussten Sie springen lassen, um von der neuen Mannschaft akzeptiert zu werden?
Wosz: Einen oder zwei Kästen habe ich bestimmt mal ausgegeben. Aber das war es dann. Die Jungs hatten mit mir nie Probleme und ich mit ihnen nicht. Wir haben unseren Spaß. Allerdings sehe ich meine Mannschaft momentan nur sehr selten.
Weil Sie berufliche Verpflichtungen haben. Bochums neuer Trainer Peter Neururer hat Sie zu seinem Assistenten gemacht.
Wosz: Er sagte: "Darek, wenn, dann mache ich das mit Dir!" Wir kennen uns ja schon lange, waren auch in den vergangenen Jahren immer in Kontakt und schätzen uns sehr.
Neururer trainiert den VfL Bochum
Opel weg, Nokia weg – Bochum braucht den VfL "wie die Luft zum Atmen"
Was zeichnet den Trainer Neururer aus?
Wosz: Er ist in der Lage, eine Mannschaft aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Weil er selber fest daran glaubt und diesen Glauben an den Erfolg auch seinen Spielern einimpft. Das kann er besser als jeder andere Trainer, den ich kenne.
Neururer ist der klassische Feuerwehrmann, nur selten blieb er bei seinen Vereinen länger als ein Jahr. Nur beim VfL blieb er zwischen 2001 und 2005 gleich vier Jahre. Sie spielten damals in Bochum. Warum klappte es irgendwann nicht mehr mit Neururer?
Wosz: Er hatte damals beschlossen: Wenn der VfL absteigt, übernehme ich dafür die volle Verantwortung und verlasse den Klub. Das hat er dauernd gemacht: sich vor die Mannschaft gestellt und die Schläge eingesteckt. Vielleicht hat er das zu häufig gemacht, denn Schuld an der sportlichen Misere hatten ja wir, die Spieler! Wir haben Peter Neururer damals im Stich gelassen, seinen Worten nicht mehr die Bedeutung geschenkt, die es für den Klassenerhalt benötigt hätte. Im Nachhinein müssen wir Spieler uns alle dafür verantworten.
Jetzt ist Neururer wieder da – und das mit Erfolg. Was haben Sie gedacht, als er Ihnen den Job an seiner Seite angeboten hat?
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Wosz: Ich dachte: Man müsste schon verrückt sein, um die Mannschaft in dieser Situation zu übernehmen. Der VfL lag auf der Intensivstation! Nur gut, dass Peter und ich verrückt genug waren. Einen Vorwurf muss ich meinem Chef aber machen.
Und zwar?
Wosz: Er hätte sich in seinen Vertrag reinschreiben lassen müssen, dass er für jeden Zuschauer, der wegen ihm wieder zum VfL kommt, zehn Euro bekommt. Dann hätte er schon jetzt ein Vermögen kassiert.
Dariusz Wosz, warum muss der VfL Bochum in der 2. Bundesliga bleiben?
Wosz: Weil hier doch sonst nichts mehr ist! Opel weg, Nokia weg – wenn jetzt noch der VfL in der Versenkung verschwindet, können wir gleich auf die Ortsschilder schreiben: "Bochum - bitte fahren sie weiter. Hier gibt es eh nichts zu sehen." Die Stadt braucht den VfL wie die Luft zum Atmen. (11Freunde)