Bochum. Kevin Vogt will in drei Jahren sein Abitur machen - und parallel sich im Profifußball durchbeißen. Der 17-jährige Jungprofi gibt im Trainingslager richtig Gas - und will vor allem eines: lernen. Schnell und viel.
Kevin Vogt lernt schnell. Bevor das Gespräch mit dem Reporter beginnt, vergewissert er sich erst einmal, ob nicht Pressesprecher Christian Schönhals anwesend sein möchte. So etwas ist mittlerweile Usus in Bundesliga-Kreisen, nun auch beim VfL Bochum. Es könnten ja kontroverse Themen erörtert werden, die eine oder andere spontane und unbedachte Äußerung könnte das Licht der Öffentlichkeit erblicken und für Ärger sorgen. Aber Schönhals winkt in diesem Fall ab. Vogt hat keinen Grund unzufrieden zu sein. Er ist frische 17, hat bereits ein schmückendes Bundesliga-Spiel in seiner Biographie stehen und ist Jungprofi; Vogt hat nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen.
Außerdem strahlt er Lockerheit aus, ohne dabei überheblich zu wirken. Seine schulischen Leistungen, die nicht schlecht seien, aber besser sein könnten, fasst der Gymnasiast in einem prägnanten Spruch zusammen: „Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss.” Drei Jahre sind es noch für Vogt, der den „ziemlich festen Vorsatz hat durchzuhalten” bis zum Abitur, drei Jahre des Spagats zwischen schulischen Anforderungen und dem Wunsch, so schnell wie möglich richtig dazuzugehören zum Kreis der Bochumer Profis.
Die Zukunft wird's zeigen
Mit der Leitung des Lessing-Gymnasiums wurde vereinbart, dass Vogt künftig ein bis zwei Mal pro Woche vormittags fehlen darf, wenn er nachmittags das Pensum im Wattenscheider Olympia-Stützpunkt nacharbeitet. Ob das funktionieren kann – die Zukunft wird's zeigen.
Denn Kevin Vogt, der bereits im Winter mit dem Bundesliga-Team im Trainingslager war und dem jetzt in der Schweiz deshalb alles „etwas leichter” fällt als damals, weiß nicht nur, dass er „noch viel” an sich arbeiten und „lernen” muss, er will es auch. Den nächsten Schritt machen, sich „präsentieren”, egal ob bei den Profis oder in der Regionalliga-Mannschaft, das ist sein primäres Ziel. „Überall” will er „Gas geben”, und wenn die A-Jugend, für die er noch spielen darf, ein wichtiges Spiel hat und einen wie ihn braucht, dann eben auch da.
Vogt, in Witten geboren, aber „Bochumer, seitdem ich klar denken kann”, ist derzeit der Hoffnungsträger der Nachwuchsabteilung, die seit Dennis Grote keinen Bundesliga-Akteur mehr hervorgebracht hat. Fast auf allen Positionen hat er unter seinem Jugend-Trainer Dariusz Wosz schon gespielt, hat bei Bedarf den rechten Verteidiger gegeben, auch den Innenverteidiger, oder ist im Sturm auf Torejagd gegangen. Seine eigentliche Bestimmung liegt aber im Mittelfeld, besonders zentral vor der Abwehr. Doch festlegen will er sich ebenso wenig, wie er Auskunft geben möchte über seine Stärken. Auch das hat Kevin Vogt rasch gelernt: Es ist verpönt, sich in den Vordergrund zu stellen.
Man darf nun nicht erwarten, dass ein 17-Jähriger, auch wenn er gelegentlich so erwachsen wirkt wie Kevin Vogt, die Bundesliga im Sturm erobern wird. Da bauen sich vor den Talenten Spieler als Hindernisse auf, die zehn und mehr Jahre älter sind, deren Erfahrung aus zig Liga- und Länderspielen rührt und deren Cleverness und Physis unabdingbar sind für den Erfolg. Andererseits braucht jede Mannschaft, auch die des VfL Bochum, junges Blut, am besten aus dem eigenen Haus.
Als Vogts ehemalige Mitspieler Gündogan und Welnicki ihre Zukunft bei ihrem Ex-Trainer Michael Oenning in Nürnberg sahen und Kaya, der sich nach dem Trainingslager mit den Bochumer Profis noch so begeistert gab, plötzlich spekulierte, taktierte, pokerte und - unter dem Strich - wohl extrem falsch beraten war, da stand Marcel Koller in einem schlechten Licht da. Er könne nichts mit jungen Spielern anfangen, lautete die Kritik, die Kevin Vogt jedoch keineswegs teilen will. „Ich sehe das komplett anders”, sagt der lange Blonde: „Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass er auf mich baut. Er ist ein sehr guter Trainer, dem ich schon jetzt viel zu verdanken habe und der mir immer wieder viele kleine Tipps gibt, die mir helfen.”
So weit, so gut. Aber das mit dem zur Bequemlichkeit neigenden Pferd sollte er dem Cheftrainer des VfL besser nicht erzählen.