Bochum. Gäbe es eine Liste mit den größten Enttäuschungen der letzten Saison aus der Sicht der VfL-Anhänger, Slawo Freier würde darauf vermutlich einen Spitzenplatz einnehmen. Nach einigen Rückschlägen gesteht er seine große Liebe zu Fußball.

Gäbe es eine Liste mit den größten Enttäuschungen der letzten Saison aus der Sicht der VfL-Anhänger, Slawo Freier würde darauf vermutlich einen Spitzenplatz einnehmen. Seine Heimkehr aus Leverkusen hatte viele Hoffnungen geweckt, die „Erwartungen”, sagt er im Rückblick, waren „sehr hoch”. Zu hoch offenbar, dass einer, der, wie er selbst sagt, „von der Physis lebt”, ihnen gerecht werden konnte.

Mit einem Zehbruch ging alles los

Manchmal läuft eine Sache schon von Anfang an schief. Bei Freier, der einst - von Rudi Völler hoch geschätzt - vor einer glanzvollen und langen Karriere als Nationalspieler zu stehen schien, war das ein simpler Zehenbruch in der Sommervorbereitung. Die richtige Fitness fehlte, der Rhythmus wohl auch, es klappte einfach nicht so, wie man sich das bei einem Neuanfang vorstellt, wenn man tatendurstig und voller Elan die wenig gloriose und von gesundheitlichen Problemen durchzogene jüngere Vergangenheit hinter sich lassen will.

Unzufriedenheit machte sich breit - auf den Bochumer Stadionrängen wie auch bei Freier, der „Selbstkritik” unbedingt zu seinen Charaktereigenschaften zählt. Innerer und äußerer Druck aber, man kennt das, verschärft in der Regel das Problem, das es doch eigentlich zu lösen gilt. Die Brechstange wird in solchen Fällen gerne zu Rate gezogen, eine milde Form von Autismus führt zur Abkapselung und totalen Fokussierung auf die Vokabeln muss, will und werde.

Freier nicht frei genug

Weil aber ansehnlicher und letztlich erfolgreicher Fußball, wie die Akteure selbst zu sagen pflegen, einer gewissen „Lockerheit” bedarf, fiel der Eishockey-Liebhaber für die Kategorien ansehnlich und erfolgreich vorerst aus. Freiers Spiel war dafür weder frei genug noch Spiel genug; und wenn er sagt, er habe sich „zu sehr Gedanken gemacht”, dann meint er, dass ihm die natürliche Dominanz, die gelegentlich auch Arroganz sein kann und sogar sein muss, des Überlegenen und Unbeschwerten komplett gefehlt habe; wie auch dem Rest des Teams, das sich mit negativen Ergebnissen fortwährend selbst unter Druck gesetzt hat.

Gleichwohl beharrt Slawo Freier darauf, niemals auch nur für einen kurzen Moment die Lust am Spiel, das längst und nahezu ausschließlich verbissene bis verbohrte Arbeit geworden war, verloren zu haben: „Das ist in meinen Gedanken nicht vorgekommen, dazu liebe ich den Fußball zu sehr.” Eine Liebe, die nicht immer erwidert wird. Denn der Winter spielte ihm schließlich ähnlich übel mit wie es zuvor der Sommer getan hatte. Diesmal war es eine Sehnenentzündung am Sprunggelenk, die verhinderte, dass er sich für den Rest der Saison voll und frei entfalten konnte.

Wie es weiter geht mit Slawo Freier, dem Fußball und dem VfL Bochum? Zurzeit, sagt er, „fühle ich mich sehr gut und habe noch keine Trainingseinheit verpasst”. Das zählt. Sportler leben für den Moment oder den Tag danach und den darauf, das Verharren in der Vergangenheit, die Beschäftigung mit dem kleinen Zipfel Selbstzweifel aber bedeutet Stillstand, Rückschritt, Ende. Alles ist also Hoffnung, wir fangen bei Null wieder an. Oder, wie Slawo Freier sagen würde: „Das Schöne am Fußball ist doch: Es geht immer wieder aufs Neue los.”