Bochum. Der VfL Bochum steht vor dem Abstieg und dadurch wird sich im Klub viel verändern. Vor allem - aber nicht nur - auf sportlicher Ebene.

Der Sturmlauf der Entrüstung blieb am Donnerstagabend aus. Trotz aller Enttäuschung nach der 0:3-Pleite zu Hause im Hinspiel der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf hielten sich die Fans des VfL Bochum zurück. Zwar bepöbelten sie ihre Mannschaft mit deftigen Worten, doch die oftmals herrschenden chaotischen Bilder nach einem nahezu feststehenden Abstieg aus der Bundesliga blieben aus. Einige Anhänger in der Ostkurve spendeten sogar aufmunternden Applaus.

Zu diesem Zeitpunkt war Torhüter Andreas Luthe schon längst wutentbrannt in die Katakomben gestürmt. Es schien, als wolle er sich den Scherbenhaufen nicht angucken, den er und seine Mitstreiter beim VfL Bochum hinterlassen werden nach dieser Saison. Dass am Montag im Rückspiel in Düsseldorf ein kleines Fußball-Wunder geschehen wird, das bezweifeln wohl auch die Akteure selbst. Trotz Durchhalteparolen. Dass spätestens Ende Juni daher die Vorbereitung an der Castroper Straße auf eine Zweitliga-Saison beginnt, die bereits am 2. August beginnt - das scheint nach der Vorstellung am Donnerstag sicher.

VfL Bochum: viele Projekte werden ins Stocken geraten

Mit diesem vermeidbaren Abstieg, den sich der Verein und die Mannschaft selbst zuzuschreiben haben, beginnt für den VfL Bochum eine neue Zeitrechnung. Das Ziel 100+, also den Umsatz des Gesamtvereins über die magische Marke von 100 Millionen Euro zu bringen, rückt in weite Ferne. Die frische Internationalisierungsstrategie, die kürzlich mit der ersten Partnerschaft eines Bundesligisten mit einem Verein aus Kanada richtig Fahrt aufgenommen hatte, bekommt Kratzer. Genauso wie das eine oder andere Projekt abseits des Sports. Der Wert in Verhandlungen mit einem möglichen Investor sinkt durch den vermeintlichen Abstieg enorm.

Verabschiedeten sich von ihren Fans - zum vorerst letzten Mal als Bundesligist? Die Spieler des VfL Bochum.
Verabschiedeten sich von ihren Fans - zum vorerst letzten Mal als Bundesligist? Die Spieler des VfL Bochum. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Immerhin: Der Verein spart sich 1,5 Millionen Euro Klassernerhaltsprämien und Gehalt in ähnlicher Höhe für den freigestellten Ex-Cheftrainer Thomas Letsch sowie dessen Ex-Co-Trainer Jan Fießer, deren Verträge noch zwei Jahre laufen - und auch für die 2. Liga gelten, wenn auch zu deutlich geringeren Bezügen.

Die größten Probleme kommen aber auf eben jenen Bereich zu, der den VfL Bochum zu einer wichtigen Marke im Ruhrgebiet, aber vor allem der Stadt Bochum macht: die Profi-Abteilung. Der sportliche Bereich steht vor einem Umbruch XXL. Der Etat wird um die Hälfte reduziert auf rund 20 bis 22 Millionen Euro, schon im Sommer griff man eigentlich einem Klassenerhalt in dieser Saison vor und erhöhte das Budget etwas auf gut 40 Millionen Euro. Ohne Erfolg.

Immerhin: Der VfL stürzt wirtschaftlich nicht ins Bodenlose, er ist gesund, hat die Lizenz für beide Ligen ohne Auflagen und Bedingungen erhalten. Auch die meisten Sponsoren wie etwa Hauptsponsor Vonovia halten dem Klub in der 2. Liga die Treue, die Großprojekte Stadion-Modernisierung und Investitionen ins Talentwerk laufen ungeachtet eines Abstieges weiter.

Kaderumbruch: Mindestens 15 Profis dürften den VfL Bochum verlassen

Der Kader aber fällt nun auseinander, mindestens 15 Profis dürften den Verein verlassen, darunter fast alle Stammkräfte dieser Saison. Neuzugänge gibt es noch nicht, die Zeit drängt. Längst klar ist, dass Stammspieler wie Takuma Asano und Kevin Stöger nächste Saison nicht mehr an der Castroper Straße spielen werden. Sie wechseln ablösefrei.

VfL Bochum: Schlotterbeck, Bernardo, Ordets nicht zu halten

Auch Keven Schlotterbeck wird nach seiner Leihe (SC Freiburg) nicht bleiben, Innenverteidiger Ivan Ordets besitzt bei Abstieg keinen Vertrag und dürfte sich zwischen lukrativen Angeboten entscheiden können. Bernardo und Erhan Masovic gelten als kapitalbringende Spieler.

Durch die (Selbst-) Demontage von Manuel Riemann und dem Karriereende von Andreas Luthe sowie Michael Esser muss auch auf der Torhüter-Position umstrukturiert werden. Der Kader ist eine riesige Baustelle, wenngleich alle Verantwortlichen immer wieder betont haben, einen Plan B im Falle eines Abstiegs parat zu haben. Nach Informationen dieser Redaktion gibt es zahlreiche aussichtsreiche Kontakte zu Spielern für die 2. Liga.

News und Hintergründe zum VfL Bochum

Sportlicher Führung droht das Aus - Trainer-Gespräche laufen

Als wäre das nicht alles schon problematisch genug, wird die sportliche Führung um Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian und Sportdirektor Marc Lettau, die den Kader, die Trainer und somit auch den voraussichtlichen Abstieg zu verantworten haben, höchstwahrscheinlich nicht mehr das Büro in der obersten Etage des Stadioncenters teilen. Fabian wirkte schon am späten Donnerstagabend in den Katakomben des Stadions sichtlich angeschlagen. „Ich stehe an der Spitze des Ganzen, deshalb ist es mein Verantwortung, da stelle ich mich vor jeden Einzelnen hier“, sagte der Ur-Bochumer, der den VfL im Herzen trägt. Die Situation ging ihm sichtlich nahe. Ob er noch die künftigen Transfers inklusive Trainer abwickeln wird, ist noch offen. Gut möglich, dass ein neuer Manager auch seinen Wunschtrainer mitbringen dürfte.

Interimstrainer Heiko Butscher soll in der kommenden Saison wieder im Talentwerk arbeiten und die neue U23 in der Oberliga trainieren. Es gab bereits aussichtsreiche Gespräche mit mehreren Nachfolge-Kandidaten. Der VfL ist für viele Trainer auch in Liga zwei attraktiv.

VfL Bochum: Präsidium arbeitet die Saison auf

Das Präsidium wird schon am Wochenende mit der Aufarbeitung dieser am Ende katastrophalen Saison fortfahren, in der sich der VfL Bochum bereits mehrfach vermeintlich gerettet hatte. Spätestens nach dem 4:3-Sieg bei Union Berlin hatten wohl viele auch intern damit gerechnet, dass nun wirklich nichts mehr schief gehen könne. Ging es aber. Anstatt sich in der Relegation zu retten, scheint die Mannschaft gebrochen zu sein. Zu desolat waren die letzten Auftritte, die wenig Hoffnung machen, dass am Montag in Düsseldorf noch einmal die Wende gelingen könnte.