Bochum. Für Köln und Bochum steht nach Sieglos-Wochen ein Schlüsselspiel an - wer schafft die Wende? In einer Statistik ist der VfL ligaweit Spitze.

Die Trainingswoche vor dem Spiel gegen Darmstadt sei richtig gut gewesen. VfL Bochums Trainer Thomas Letsch sagte das auch im Rückblick, Sport-Geschäfsführer Patrick Fabian ebenso, auch Kapitän Anthony Losilla bestätigte dies. Es half aber nur bis zum 1:2 beim Frust-2:2 gegen das Schlusslicht, erklärte Letsch, „und das reicht nicht.“

Am Donnerstag haderte er wie berichtet mit der Leistung im Training, um am Ende das vielleicht einzig Positive daraus zu ziehen: Vielleicht helfe ja ein reinigendes Gewitter zur rechten Zeit, um dann über 90 Minuten die volle Leistung abzurufen am Samstag, beim Schlüsselspiel beim Vorletzten 1. FC Köln (15.30 Uhr/Sky).

Nach vier Niederlagen und einem Remis ist der Druck damit wieder gestiegen vor der nächsten „Riesenchance“, so Letsch, einen großen Schritt Richtung Klassenerhalt zu meistern. Fakten vor dem Abstiegskracher.

Ausgangslage: Druck ist für Köln noch größer als für Bochum

Bochum hat 26 Punkte, Köln 19 - nach der Partie folgen nur noch sechs Spiele. Mainz (20 Punkte) empfängt zeitgleich Schlusslicht Darmstadt (14). Bei einem VfL-Sieg wäre der direkte Abstieg wohl verhindert - bei einer Niederlage die Stimmung im Keller. „Es ist schon Druck da“, sagte Anthony Losilla. „Wir müssen positiv bleiben und selbstbewusst auftreten. Mit Verunsicherung können wir in Köln nichts holen.“

Sieglos-Serien: Köln wartet seit Anfang Februar auf einen Erfolg

Der letzte Erfolg der Kölner liegt noch länger zurück als der des VfL, der den FC Bayern mit 3:2 schlug Mitte Februar. Zwei Wochen zuvor, Anfang Februar, feierte der FC ein 2:0 gegen Eintracht Frankfurt. Es folgten vier Remis auswärts, zuletzt ein 1:1 in Augsburg, und drei Heimniederlagen gegen Bremen (0:1), Leverkusen (0:2) und Leipzig (1:5).

Kölner Heimschwäche trifft Bochumer Auswärtsschwäche

Köln ist mit erst neun Punkten vor Darmstadt das zweitschwächste Heimteam der Liga. Allerdings ist Bochum mit erst sieben Punkten sogar Schlusslicht in der Auswärtstabelle. Der Unterschied zwischen Heim- und Auswärtsleistung bleibt eklatant beim VfL, wie in den Vorjahren schon. Ein wesentlicher Grund für Trainer Letsch: die Fans im Ruhrstadion, „die uns pushen. Jeder Gegner hat Respekt davor, in Bochum zu spielen“, meinte Letsch. Auch auwärts seien die Fans ein Faktor, in Köln sind die Gästeblöcke mit 4800 VfL-Fans längst ausverkauft - dem stehen aber rund 45.000 FC-Anhänger gegenüber.

Zweikampfstärke und Fehlpass-Schwäche: Bochum ganz oben und ganz unten

Dem VfL unterliefen immer wieder entscheidende Fehler in den letzten Wochen, bei beiden Gegentoren gegen Darmstadt waren die Bochumer nur Begleiter der Torschützen und Passgeber, zudem patzte Torwart Riemann. Und: Im Spiel mit Ball gibt es große Defizite beim VfL. Ein Beleg ist die Passquote: Mit 73,9 Prozent ist Bochum abgeschlagen Letzter in dieser Statistik, beim FC kommen 80,9 Prozent der Pässe beim Mitspieler an (Rang 13).

Bernardo ist in absoluten Zahlen der zweikampfstärke Spieler der Bundesliga mit über 400 gewonnenen Duellen.
Bernardo ist in absoluten Zahlen der zweikampfstärke Spieler der Bundesliga mit über 400 gewonnenen Duellen. © WAZ FotoPool | Udo Kreikenbohm

Bundesliga-Spitze ist Bochum dagegen in der Zweikampf-Statistik mit 2888 gewonnenen Duellen vor Mainz und Frankfurt. Köln kommt auf 2512 erfolgreiche Zweikämpfe - Rang zwölf. Bei den Spielern führt Linksverteidiger Bernardo das Ranking klar an (402). Auch in der Luft ist der VfL das beste Bundesliga-Team mit 771 gewonnenen Kopfballduellen (Köln: 502).

Mit Philipp Hofmann hat sich einer der kopfballstärksten Spieler der Liga im Angriff des VfL zurückgemeldet. Auch mit Abwehrschrank Ivan Ordets ist in Köln wieder zu rechnen. Gleich drei Bochumer sind hier in den Top Ten der Liga: Ordets (127/3.), Bernardo (124/4.) und Hofmann (102/8.). „Wer mehr zweite Bälle gewinnt, wird das Spiel für sich entscheiden“, meinte Kölns genesener Stürmer Luca Waldschmidt gegenüber der Bild-Zeitung.

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Flanken aus dem Spiel: Eine Domäne des 1. FC Köln - Bochum extrem anfällig

Auch nach der Ära von Steffen Baumgart - im Januar übernahm Trainer Timo Schultz - setzt der FC zunehmend wieder auf aggressives Pressing und viele Flankenläufe. Mit 352 Flanken aus dem Spiel ist Köln Bundesliga-Spitze, Bochum kommt nur auf 237 (Rang 13). Allerdings werden die Flanken arg selten verwertet: Köln hat erst 21 Tore erzielt (Bochum: 32), kein Team ist harmloser als der FC, bei dem im Saisonverlauf zeitweise fast alle Angreifer verletzt fehlten.

Auf der anderen Seite ist Köln mit 48 Gegentoren etwas stabiler als Bochum (56). Und: In den letzten sechs Partien kassierte Bochum stets mindestens zwei Gegentore!

Standards: Drei der letzten vier VfL-Treffer fallen nach ruhenden Bällen

Nicht nur im Abstiegskampf sind Standards ein probates Mittel. Köln kommt laut einer Statistik des „kicker“ auf elf Tore nach Standards (davon drei Elfmeter), das ist mehr als die Hälfte aller Treffer. Auf gut 46 Prozent Standard-Tore kommt Bochum mit bereits 15 Toren nach ruhenden Bällen, darunter vier von Kevin Stöger verwandelten Elfmetern. Auch hier zeigt der Trend die Bedeutung: Drei der letzten vier Tore fielen nach Standards. Hofmann und Ordets trafen nach einer Stöger-Ecke gegen Darmstadt und Freiburg, Maxi Wittek verwandelte gegen Leipzig einen Freistoß direkt.

Personal und Taktik: Köln hofft auf Waldschmidt - Bochum fast komplett

Auf die schon länger fehlenden Luca Kilian, Florian Dietz, Mark Uth und Justin Diehl muss Köln weiterhin verzichten, dennoch hat sich die personelle Lage etwas verbessert. Der FC hofft, dass Stürmer Luca Waldschmidt zumindest für 30 Minuten Luft hat. Nach seinem Wadenbeinbruch gab er in Augsburg sein Kurz-Comeback.

Auch Davie Selke „wird spielen“, so Trainer Schultz, nachdem er sich in Augsburg leicht verletzt hatte. Der Angreifer ist mit sechs Saisontreffern, darunter dem 1:1 in Bochum, bester FC-Schütze. Köln dürfte angesichts der prekären Lage und des Heimspiels auf aggressives Anlaufen setzen und versuchen, von Beginn an Druck zu machen im 4-4-2 oder 4-2-3-1.

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„Köln glaubt an seine Chance, die Hütte wird brennen. Er setzt auf spielerische Lösungen, darauf werden wir vorbereitet sein“, sagt VfL-Coach Letsch. Der FC setzt auf Tempo über die Außen wie über Florian Kainz, Faride Alidou oder auch über den extrem schnellen Linton Maina, der zuletzt allerdings nur eingewechselt wurde.

Lange Bälle bleiben sicher ein Mittel des VfL Bochum

Bei Bochum sind alle Stammkräfte an Bord. Die Defensive, insbesondere auch auf den Außen mit Bernardo und Tim Oermann oder Felix Passlack, muss dem zu erwartenden Druck stand halten. Bei Ballgewinnen setzt der VfL auf ein gutes Umschaltspiel mit Tempo über die Flügel und Pässen in die Tiefe auf Antwi-Adjei, Asano oder Bero. Lange Bälle auf Zielstürmer Hofmann sind sicherlich wie gehabt ein probates Mittel.

Die direkten Duelle: Gesamtbilanz negativ, Trend positiv für den VfL Bochum

Zwei Auswärtssiege nur gab es für den VfL in der Vorsaison, in dieser Spielzeit ist es erst einer (2:1 in Darmstadt). Ein gutes Omen: In der Vorsaison reiste der VfL nach vier Niederlagen in Folge als Schlusslicht nach Köln am 24. Spieltag - und gewann mit 2:0 nach Treffern von Kevin Stöger per Elfmeter und Erhan Masovic.

Im Hinspiel dominierte Bochum, ließ aber viele Chancen aus, kam nur zu einem 1:1. Insgesamt spricht die Bilanz klar für Köln (42 Siege, 19 Remis, 15 Niederlagen). Seit Bochums Aufstieg in die Bundesliga aber gewann der FC nur das erste Duell (2:1 in Köln), es folgten vier Remis und der 2:0-Erfolg Bochums vor gut einem Jahr.