Bochum. Andreas Luthe ist zurück beim VfL Bochum. Der Routinier spricht über seine Rolle, Riemann, sein Karriereende. Trainer Letsch stärkt auch Thiede.

Mit einem Lächeln ging Andreas Luthe am Dienstagvormittag zum Trainingsplatz. Shake-Hands hier, Autogramme nach der Einheit dort. Viele bekannte Gesichter. „Es fühlt sich an, wie nach Hause zu kommen“, sagte der alte neue Torwart des VfL Bochum sichtlich zufrieden.

Rund anderthalb Stunden lang schnappte er sich erstmals seit seinem Abschied vom VfL vor siebeneinhalb Jahren wieder Bälle im VfL-Trainingsdress. Luthe arbeitete mit seinem damaligen wie heutigen Torwart-Trainer Peter Greiber, im Team mit Manuel Riemann, der Nummer eins, mit Niclas Thiede, mit A-Jugend-Keeper Hugo Rölleke. Er klatschte bei den Trainingsspielen immer wieder aufmunternd in die Hände, fischte den einen oder anderen Ball aus der Ecke. „Ich bin topfit. Ich habe bei Kaiserslautern keine Einheit verpasst“, sagte der 36-jährige Routinier hinterher im Gespräch mit dieser Redaktion. Ansprüche auf Einsätze oder einen Kaderplatz stellt er aber nicht.

Wechsel von Kaiserslautern nach Bochum: „Fußball schreibt die schönsten Geschichten“

Luthes Wechsel vom Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern zum VfL wurde Montagabend offiziell, der Routinier unterschrieb einen Vertrag bis zum Saisonende. Luthe füllt die Lücke im Torwartteam, weil Michael Esser weiterhin bis auf weiteres verletzt ausfällt. In den sozialen Medien wurde er von vielen Fans mit blauem Herzchen begrüßt. Mit Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian, mit dem er schon in der Jugend des VfL zusammenspielte, ist er seit Kindesbeinen befreundet. Als die Anfrage kam, musste Luthe nicht lange überlegen, und als Kaiserslautern mit Robin Himmelmann eine neue Nummer zwei gefunden hatte, stand dem Deal nichts mehr im Weg. „Manchmal“, sagt Luthe, „schreibt der Fußball die schönsten Geschichten.“

Noch am Anfang seiner Karriere: Andreas Luthe im Tor des VfL Bochum im November 2011 beim Zweitliga-spiel gegen Energie Cottbus.
Noch am Anfang seiner Karriere: Andreas Luthe im Tor des VfL Bochum im November 2011 beim Zweitliga-spiel gegen Energie Cottbus. © firo Sportphoto | firo Sportphoto

Der VfL wird seine erste und seine letzte Station seiner Karriere, erklärte der 1,95-Meter große Torwart. „Im Sommer ist es an der Zeit, sich um andere Dinge zu kümmern. Das schönste Karriereende wäre aus meiner Sicht, mit dem VfL im Heimspiel den Klassenerhalt zu feiern“, sagte Luthe. Das wäre am vorletzten Spieltag gegen Bayer Leverkusen. „Das ist fast zu viel Fußballromantik, aber so plane ich es. Es gäbe keinen besseren Abschied vom Profifußball.“

Luthe ist ein meinungsstarker, sozial engagierter Fußballprofi

Luthe ist seit jeher ein meinungsstarker Profi, der über den Tellerrand hinausblickt, der sich sozial engagiert. Unter andrem gründete er mit Jonas Ermes, einem Ex-Torwart des VfL, den Verein „In Safe Hands“, der sich für die Stärkung von Kindern, Toleranz und Wertschätzung einsetzt in verschiedenen Projekten. Seinen Hauptwohnsitz hat Luthe in Augsburg, wo seine Frau, die er in seiner Zeit als Torwart des FC Augsburg kennenlernte, und Tochter leben. In Bochum bezieht er ein Appartement – und will sich in den nächsten Monaten „voll und ganz auf das Sportliche konzentrieren“, so Luthe.

Helfen will er, den Klassenerhalt zu schaffen, wovon er fest überzeugt ist. Ob „nur“ im Training und der Kabine, ob als Nummer zwei oder drei – nebensächlich, versichert der Torwart. Manuel Riemann ist die klare Nummer eins, Luthe konkurriert mit Niclas Thiede um den Platz auf der Bank. „Wichtig ist, dass wir im Torwartteam alle gesund bleiben und vor allem Manu so gut es geht unterstützen. Das ist die Aufgabe. Wir brauchen ihn im Kampf um den Klassenerhalt. Als Torwartteam halten wir zusammen.“

Thiede ist 24 Jahre, hat noch keine Bundesliga-Erfahrung. Luthe wird im März 37. Er hat für den VfL Bochum, den FC Augsburg, Union Berlin und Kaiserslautern 90 Bundesliga-Spiele und 187 Zweitliga-Partien bestritten. Ob er am Samstag beim Heimspiel (15.30 Uhr/Sky) gegen seinen Ex-Klub Augsburg auf der Bank sitzt? Wohl eher nicht.

News und Hintergründe zum VfL Bochum

Das sagt Trainer Letsch zur Rückkehr von Luthe - und zu Riemann und Thiede

„Es ist nicht so, dass wir Niclas Thiede irgendetwas nicht zutrauen“, erklärte Trainer Thomas Letsch gegenüber dieser Redaktion. „Manuel Riemann spielt eine Top-Runde. Niclas Thiede hat sich auch absolut das Vertrauen erarbeitet. Es ist wichtig, drei Torhüter zu haben, bei denen du weißt, dass du jeden reinwerfen kannst. Mir war es zudem wichtig, dass wir einen Gegenpol zu Niclas Thiede holen, also einen erfahrenen Torwart, wie es auch Michael Esser ist.“ Es bleibt abzuwarten, wem Letsch vertraut, sollte Riemann ausfallen. Der Stammtorwart steht bei vier Gelben Karten, nach der nächsten müsste er eine Partie zusehen.

In Kaiserslautern verlor Luthe seinen Stammplatz nach einer Roten Karte am zweiten Spieltag gegen Schalke 04 an Julian Krahl, kam seitdem nicht mehr zum Einsatz. In den Jahren davor zeigte er seine Klasse in der 2. Liga, Bundesliga, im DFB-Pokal. Von 2001 bis 2016 spielte Luthe von Kleinauf für den VfL, debütierte 2009 in der Bundesliga. Bochum ist sein Herzensverein, daraus hat er auch nach seinem Abschied nie ein Geheimnis gemacht. Schon mit sechs Jahren war er im Ruhrstadion mit seinem Vater, sah den VfL gegen den MSV Duisburg. „Das war ein ganz schwaches Spiel“, erinnert er sich und lacht.

Unschöner Abschied aus Bochum ist für Luthe längst vergessen

Weniger freudig verlief seine letzte Saison in Bochum. Manuel Riemann löste ihn nach 169 Pflichtspielen für den VfL als Nummer eins ab, Luthe kritisierte via facebook die Entscheidung von Trainer Gertjan Verbeek, wurde für zwei Partien suspendiert, der Klub um Vereinschef Hans-Peter Villis und Vorstand Christian Hochstätter stand auf Verbeeks Seite. Verbeek und Luthe, das passte nicht. Ein halbes Jahr später trennten sich die Wege.

Längst alles ausgeräumt, ausgesprochen. „Da ist so viel Gras drüber gewachsen, das sieht man gar nicht mehr“, sagt Luthe. Mit Riemann hatte er ohnehin nie Probleme, im Gegenteil. „Mit Manu war immer alles gut. Wir sind uns in den letzten Jahren auch privat das eine oder andere Mal über den Weg gelaufen mit unseren Familien, das war immer sehr angenehm.“

Augsburg, Union, Kaiserslautern: Luthe will keinen Klub missen

Der Kontakt zu Spielern wie Anthony Losilla, zum Staff wie Zeugwart Andi Pahl riss nie ab. Luthe verfolgte die Partien, jubelte über den Aufstieg, den Klassenerhalt. Er blieb immer Mitglied beim VfL Bochum. „Einmal VfLer, immer VfLer“, sagte er im WAZ-Interview auch vor seiner Rückkehr ins Ruhrstadion als Torwart von Union Berlin im Dezember 2021.

Zuvor spielte er für den FC Augsburg (2016 bis 2020), nach Union Berlin (2020 bis 22) dann für Kaiserlautern. Keine Station will er missen. „Zu Augsburg habe ich eine besondere Beziehung, habe dort meinen Lebensmittelpunkt gefunden. Union war die erfolgreichste Zeit meiner Karriere, wir haben uns zweimal für Europa qualifiziert, der Betzenberg ist etwas Besonderes im Profifußball“, schwärmt Luthe. „Ich bin sehr stolz auf die Auswahl der Vereine, für die ich spielen durfte.“ Und wieder spielen darf. „Jetzt“, sagt Luthe, „schließt sich der Kreis. Das ist alles fein für mich.“