Bochum. Vor dem Köln-Spiel spricht Bochums Sportdirektor Marc Lettau über Stärken, den Befreiungsschlag in Darmstadt und die Zukunft wichtiger Spieler.

Nach dem 2:1 in Darmstadt will der VfL Bochum im fünften Anlauf den ersten Heimsieg der Saison feiern. Am Samstag geht es gegen Schlusslicht 1. FC Köln (18.30 Uhr/Sky) im ausverkauften Vonovia Ruhrstadion. Sicher ausfallen werden weiterhin die Stammkräfte Ivan Ordets und Matus Bero. Sportdirektor Marc Lettau (38) äußert sich im Interview mit dieser Redaktion, wann sie dem VfL wieder helfen können.

Herr Lettau, die Erleichterung war groß nach dem ersten Saisonsieg am vergangenen Freitag. War das 2:1 der Befreiungsschlag?

Marc Lettau: Hoffentlich. Es war wichtig, dass wir endlich dreifach gepunktet haben in einem knappen Spiel. Das haben die Jungs sich mit viel Fleiß und einer hohen Bereitschaft so sehr verdient. Wir haben uns in zehn Spielen sechsmal Zählbares erarbeitet, jetzt einmal gewonnen, davor fünf Mal remis gespielt und vier Mal verloren. Es fehlen ein paar Punkte, weil das Pendel bei einigen engen Spielen nicht zu unseren Gunsten ausgeschlagen ist, zum Beispiel beim letzten Heimspiel gegen Mainz. In Darmstadt war das nun der Fall.

Lettau: Zu viele falsche Entscheidungen im letzten Drittel

Fußballerisch bot die Partie wenig, offensiv läuft in dieser Saison noch vieles nicht rund. Auch Sie haben an der Spielweise mit Ball Kritik geübt. Was meinten Sie genau, was besser werden muss?

Marc Lettau: Zum einen haben wir nach Balleroberung den ersten Pass häufig direkt zum Gegner gespielt, zum anderen sind wir im letzten Drittel häufig zu viel Risiko gegangen. Da fehlte uns etwas die Balance in der Risikoabwägung und wir haben durch zu viele falsche Entscheidungen den Ballbesitz zu selten gesichert. Wir haben ganz sicher die fußballerische Qualität, um die genannten Punkte besser zu machen.

Defensiv hat sich der VfL seit dem 1:3 gegen Mönchengladbach dagegen gesteigert, in den letzten vier Partien gab es nur noch fünf Gegentore nach 19 Einschlägen in den sechs Spielen zuvor.

Marc Lettau: Wir haben uns defensiv stabilisiert. Wir lassen deutlich weniger Torchancen zu als in den ersten Saisonspielen. Wir müssen aber insbesondere in der Box-Verteidigung zulegen. Daran arbeiten wir.

Matus Bero zeigte zu Saisonbeginn wie gegen Frankfurt gute Leistungen, fehlt seit dem Spiel gegen Mönchengladbach verletzt. Bald könnte er zurückkehren.
Matus Bero zeigte zu Saisonbeginn wie gegen Frankfurt gute Leistungen, fehlt seit dem Spiel gegen Mönchengladbach verletzt. Bald könnte er zurückkehren. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Takuma Asano war überragend mit seinem zweiten Doppelpack der Saison, der Japaner stand bisher immer in der Startelf. Was macht ihn so wertvoll für den VfL?

Marc Lettau: Taku tut unserem Spiel insgesamt sehr gut, er hat für den VfL eine außergewöhnliche Qualität. Gegen den Ball bringt er eine hohe Intensität auf den Platz, legt oft mit die meisten Tempoläufe und Sprints hin. Taku läuft bei Ballbesitz immer wieder die Tiefe an, hat eine gute Technik, sorgt regelmäßig für Torgefahr. Er bringt sich immer wieder in Abschlusssituationen und ähnlich wie in Augsburg war er jetzt auch endlich im Abschluss effektiv.

Das sagt Lettau über die Vertragsgespräche mit Asano

Am Freitag wird Asano 29 Jahre alt, sein Vertrag läuft nach dann drei Jahren beim VfL Bochum im kommenden Sommer aus. Gibt es eine Chance, den Nationalspieler länger an den VfL zu binden?

Marc Lettau: Taku zählt zu den Spielern, mit denen wir gerne den Vertrag verlängern würden. Es hat bereits Gespräche gegeben, auch mit seinem Berater. Wir stehen in Kontakt. Von Vereinsseite könnte es schnell gehen. Wir verstehen aber, dass sich die Spielerseite noch Zeit nehmen will. Für sie ist entscheidend, wie die weitere sportliche Entwicklung sein wird; insbesondere, ob der VfL in der kommenden Saison weiterhin in der Bundesliga spielen wird. Taku fühlt sich in Bochum sehr wohl, er ist sehr gut in der Mannschaft integriert. Wenn wir die Liga halten, besteht eine gute Möglichkeit, den Vertrag mit Takuma Asano zu verlängern.

Ein anderer potenzieller Unterschiedsspieler, Neuzugang Moritz-Broni Kwarteng, hat nach langer Verletzungspause und einem Kurzeinsatz in Leipzig nun eine gute halbe Stunde gespielt, war fußballerisch ein Lichtblick in Darmstadt. Ist er reif für die Startelf?

Marc Lettau: Er hatte gute Aktionen, aber er ist natürlich noch nicht bei 100 Prozent. Die Wettkampfhärte und Widerstandsfähigkeit für 90 Minuten Bundesliga-Fußball wird er über Einsätze erlangen. Wir werden ihn weiterhin behutsam an die 100 Prozent heranführen und sollten jetzt keine Wunderdinge erwarten. Momo ist jedenfalls auf einem guten Weg. Geht es nach ihm selbst, wäre er jetzt bereit für die Startelf. Ob das schon gegen Köln der Fall sein wird oder später, entscheidet bekanntlich der Trainer.

Oermann zeigt sich - Leihe bleibt ein Thema

Innenverteidiger Tim Oermann (20) war nach Ivan Ordets’ Ausfall erstmals im Kader, hat sein Saisondebüt gegeben für 13 Minuten in Darmstadt. Ändert sich jetzt etwas an den Gedanken, ihn im Winter auszuleihen, damit er mehr Spielpraxis bekommt?

Marc Lettau: Sein Einsatz war sehr erfreulich. Es bestätigt unsere Einschätzung, dass Tim das Potenzial für die Bundesliga hat. Es ist aus meiner Sicht weiterhin keine Frage des Ob, sondern des Wann, dass er regelmäßig in der Bundesliga spielen wird. Derzeit reicht es für ihn noch nicht für die erste Elf. Wir werden die weitere Entwicklung abwarten und dann gemeinsam im Winter entscheiden, welcher nächste Schritt sinnvoll ist. Daran hat sich prinzipiell nichts geändert. Ivan Ordets wird auch nicht die gesamte Saison ausfallen. Derzeit gibt es aber noch keine konkreten Anfragen für Tim und keine konkreten Gespräche über eine Leihe.

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Marc Lettau: Ordets hat sich gegen Mainz eine schwere Muskelverletzung zugezogen.

Wann könnte er denn zurückkehren?

Marc Lettau: Eine genaue Prognose ist in diesem frühen Stadium bei schwerwiegenden Muskelverletzungen nicht möglich. Ivan Ordets sollte jedoch bei einem reibungslosen Reha-Verlauf spätestens mit Jahreswechsel, also nach der kurzen Winterpause wieder einsatzfähig sein.

Bero soll noch in diesem Jahr zurückkehren

Matus Bero, bis dahin Stammspieler im Mittelfeldzentrum, hat sich bereits Anfang Oktober gegen Mönchengladbach einen Innenbandanriss im Knie zugezogen. Wann kann er dem VfL wieder helfen?

Marc Lettau: Die Rehabilitation verläuft sehr positiv, wir rechnen mit einer baldigen Rückkehr von Matus Bero ins Mannschaftstraining.

Wann genau?

Marc Lettau: Eine Rückkehr noch in diesem Jahr ist gut möglich.

Torwart Michael Esser laboriert an Knieproblemen, fehlt schon seit dem zweiten Spieltag. Wann kann der Routinier wieder mitmischen?

Marc Lettau: Er macht Fortschritte, ein genauer Zeitpunkt seiner Rückkehr ist aber noch nicht konkret zu benennen. Bevor er wieder ins Torwart-Training einsteigen kann, muss er erst noch Muskulatur aufbauen, das wird noch etwas dauern.

Gegen Köln: VfL benötigt „gute Tagesform“

Zurück zu den Gesunden. Zum Spiel. Köln kommt als Schlusslicht nach Bochum. Ist der VfL Favorit?

Marc Lettau: Nein. Aber wir sind alle überzeugt davon, dass wir die Qualität haben, vor unseren Fans im Vonovia Ruhrstadion den 1. FC Köln besiegen zu können. Köln könnte zu den Mannschaften gehören, die bis zum Saisonende mit uns und vier, fünf weiteren Teams um den Klassenerhalt kämpfen. Sie spielen ein hohes Pressing, haben gute Umschaltmomente. Wir benötigen eine gute Tagesform und müssen uns insbesondere in den zuvor genannten Bereichen steigern, um erfolgreich zu sein.

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Ist mit einem forschen VfL zu rechnen?

Marc Lettau: Der Sieg in Darmstadt sollte dazu beitragen, dass wir mehr Stabilität und Sicherheit ins Spiel mit Ball bekommen. Wir haben ein Heimspiel und werden uns mit Sicherheit nicht hinten reinstellen, das wäre ein falsches Signal. Wir wollen unbedingt unseren ersten Heimsieg feiern. Wenn wir mit voller Überzeugung und Intensität in die Partie gehen und die Mannschaft die vom Trainer vorgegebenen Spielprinzipien umsetzt, werden wir auch als Sieger vom Platz gehen.